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       # taz.de -- Konsequenzen aus AfD-Einstufung: Rechtsextreme Staatsdienstler in Berlin
       
       > Nach der Hochstufung der AfD fordern Berlins Grüne ein konsequentes
       > Vorgehen gegen Mitglieder der Partei mit Beamtenstatus in der Stadt. Der
       > Senat windet sich.
       
   IMG Bild: Freunde sind Friends: Polizist:innen im Einsatz gegen Anti-AfD-Demonstrant:innen
       
       Berlin taz | Ist eine Tätigkeit im Staatsdienst vereinbar mit der
       Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Partei? Seit der Neueinstufung der
       Gesamt-AfD durch den Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“
       stellt sich diese Frage bundesweit mit neuer Dringlichkeit.
       
       Als erste Bundesländer kündigten Bayern und Hessen an, die Vereinbarkeit
       einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst mit einer AfD-Mitgliedschaft prüfen
       zu wollen. [1][Ein länderübergreifendes einheitliches Vorgehen sei
       angezeigt, heißt es von Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU).]
       
       In Berlin fordern nicht zuletzt die Grünen und die Linke endlich ein
       konsequentes Vorgehen und eine Strategie für den Umgang mit
       Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst. Wer im öffentlichen Dienst des
       Landes Berlin arbeite, trage „Verantwortung für unsere
       freiheitlich-demokratische Grundordnung“, teilen die
       Grünen-Landesvorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai mit.
       
       Insbesondere in sicherheitsrelevanten Bereichen seien Mitglieder einer
       rechtsextremen Partei „nicht hinnehmbar“. Der schwarz-rote Senat müsse
       verhindern, dass Berliner:innen Lehrkräften oder Polizist:innen
       gegenüberstehen und „nicht wissen, [2][ob diese Mitglied einer gesichert
       rechtsextremistischen Organisation sind]“, so Stahr und Ghirmai.
       
       ## Linke warnt vor anlassloser VS-Überprüfung
       
       Niklas Schrader, der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, geht hier
       grundsätzlich zwar mit, warnt aber davor, „sämtliche Beschäftigte anlasslos
       vom Verfassungsschutz zu überprüfen“ oder eine Entlassung aus dem Dienst
       „allein von der Einstufung eines Geheimdienstes abhängig zu machen“.
       
       Schrader sagt: „Wenn man das zu Ende denkt, landet man beim Radikalenerlass
       der 70er Jahre.“ Der 1972 verabschiedete Erlass zielte offiziell darauf ab,
       sowohl Links- als auch Rechtsextreme aus dem öffentlichen Dienst
       fernzuhalten. [3][In der Praxis traf er fast ausschließlich Linke.]
       
       Die schwarz-rote Landesregierung hält sich unterdessen zurück mit einer
       Bewertung der Forderung der Berliner Grünen-Chef:innen wie auch der
       Vorstöße aus den unionsregierten Ländern Bayern und Hessen. Zumindest
       vorläufig dürfte jedenfalls seitens des Senats mit vergleichbaren
       Initiativen nicht zu rechnen sein.
       
       ## Senat verweist auf Diensteid
       
       So verweist die für Beamt:innen in der Landesverwaltung zuständige
       Senatsfinanzverwaltung auf Nachfrage lediglich auf den im
       Landesbeamtengesetz vorgeschriebenen Diensteid auf das Grundgesetz und die
       Verfassung von Berlin zu erfüllen.
       
       Ob verbeamtete Polizist:innen, Verwaltungsangestellte oder Lehrkräfte:
       „Sollte gegen diesen Grundsatz nachweislich verstoßen werden, wären im
       Einzelfall entsprechende Disziplinarmaßnahmen zu prüfen“, so ein Sprecher
       von Finanzsenator Stefan Evers (CDU). Eine Verpflichtung, dem Arbeitgeber
       die Parteimitgliedschaft mitzuteilen, bestehe freilich nicht.
       
       Die Senatsinnenverwaltung ließ eine taz-Anfrage unbeantwortet. Gegenüber
       dem RBB hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zuvor aber auch nur auf
       die Frühjahrstagung der Innenministerkonferenz im Juni verwiesen. Dort soll
       über mögliche Folgen der Höherstufung der AfD für deren Mitglieder im
       Staatsdienst diskutiert werden.
       
       Der Rechtswissenschaftler Felix Hanschmann von der Bucerius Law School in
       Hamburg ist skeptisch. Er geht zwar davon aus, dass die Einstufung des
       Verfassungsschutzes Einzelfallprüfungen bei Beamt:innen erleichtere.
       Zudem könne die Mitgliedschaft in der Partei „bei der Einstellung Anlass
       für eine entsprechende Prüfung sein“, sagt Hanschmann zur taz.
       
       Ob jedoch allein die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“
       schon ausreiche, um generell von einer Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft
       in der Partei und einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst auszugehen, sei
       fraglich. Letztlich komme es auf die einzelnen Beamt:innen und deren
       konkretes Amt an, so Hanschmann.
       
       ## SPD-Fraktionschef: AfD-Verbotsverfahren „unausweichlich“
       
       Immerhin eines hat die Höherstufung der AfD auch in Berlin schon gebracht:
       Die [4][Debatte um ein mögliches Verbot der Partei] ist in vollem Gange.
       Auf der Regierungsseite preschen hier [5][vor allem die
       Sozialdemokrat:innen] vor.
       
       „Sollte die Einstufung der AfD auch vor Gericht Bestand haben, müssen wir
       die notwendigen Konsequenzen ziehen“, sagt SPD-Landeschefin Nicola
       Böcker-Giannini. Wie SPD-Fraktionschef Raed Saleh fordern auch
       Böcker-Giannini und ihr Co-Vorsitzender Martin Hikel, mit konkreten
       Vorbereitungen für ein AfD-Verbotsverfahren zu beginnen. Saleh nennt das
       Verfahren „unausweichlich“.
       
       Etwas gedämpfter ist der diesbezügliche Elan bei der CDU. Zwar erklärte
       Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner am Montag bei einer
       Schülerdiskussion zum 80. Jahrestag des Kriegsendes, er wünsche sich
       „nichts mehr“, als „dass es die AfD morgen nicht mehr geben würde“.
       
       Zugleich plädiert der CDU-Politiker aber dafür, erst einmal „genau zu
       prüfen, welche Erfolgsaussichten wir mit einem Verbotsverfahren haben“.
       Damit liegt er im Grunde auf einer Linie mit CDU-Justizsenatorin Felor
       Badenberg, die bereits am Wochenende mit Blick auf ein Verbotsverfahren
       wissen ließ: „Zum jetzigen Zeitpunkt stellt sich die Frage nicht.“
       
       7 May 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Nicolai Kary
       
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