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       # taz.de -- Einstufung als gesichert rechtsextrem: AfD verklagt Deutschland
       
       > Nach der Hochstufung klagt die AfD gegen den Verfassungsschutz. Der Druck
       > auf Beamte in der Partei steigt, Bremen will ein Verbotsverfahren.
       
   IMG Bild: Faschos mit Mut zur Wahrheit: Gesichert Rechtsextremer AfD-Wahlkampfabschluss in Berlin-Hohenschönhausen
       
       Berlin taz | Die AfD hat offensichtlich schon länger selbst [1][mit einer
       Hochstufung zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“] gerechnet.
       Anstatt aber erkennbare Mühen in die Deradikalisierung zu stecken, hat die
       Partei sich intensiv auf die juristische Auseinandersetzung mit dem
       Verfassungsschutz vorbereitet. Am Montag hat sie ihre Klageschrift gegen
       die Einstufung des Bundesamts für Verfassungsschutz eingereicht, zunächst
       in einem Eilantrag. Dass die Klage schon länger in der Schublade lag, zeigt
       allein der Umfang von 195 Seiten, die das Papier umfasst. Es liegt der taz
       vor.
       
       Nominell klagt die AfD vor dem Verwaltungsgericht Köln auf Unterlassung
       gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das in der Stadt
       sitzende Bundesamt für Verfassungsschutz. Die Behörde dürfe die Partei
       nicht als gesichert rechtsextremistische Bestrebung führen, prüfen und
       diesen Befund veröffentlichen. Die Einordnung und Veröffentlichung sei
       rechtswidrig gewesen, so die AfD. Zudem beantragt sie eine einstweilige
       Anordnung dagegen.
       
       Die Rechtsextremen lassen sich in dem Verfahren erneut von der Kanzlei
       Höcker vertreten, bei der auch kurzzeitig der ehemalige
       Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen tätig war. Bisher hat der
       Verfassungsschutz fast alle Verfahren zu Einstufungen gewonnen. Das
       Gutachten macht nun auf 1.100 Seiten [2][die Verfassungswidrigkeit der AfD]
       an der „die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der
       Gesamtpartei“ fest.
       
       Die Nervosität dürfte nach der Hochstufung insbesondere bei Beamt*innen
       innerhalb der Partei steigen. Die nämlich haben einen Eid auf die
       Verfassung geschworen und sind trotz der Radikalisierung der letzten elf
       Jahre noch immer oder gar neu in der Partei. Teile einer internen
       Handreichung aus dem März 2024 zur Beruhigung von AfD-Mitgliedern im
       Staatsdienst sind mit der Hochstufung obsolet. Darin heißt es noch, dass
       sich Mitglieder keine Sorgen machen müssten: Man sei ja nur Verdachtsfall
       und ansonsten solle man sich halt verfassungskonform verhalten.
       
       Aber auch dort hat die Partei bereits vorgebaut: Auch eine Hochstufung
       führe nicht automatisch dazu, dass Beamt*innen entlassen würden, Bezüge
       bedroht seien oder Disziplinarmaßnahmen drohten. Es komme maßgeblich darauf
       an, ob ein Beamter oder eine Beamtin die Verfassungstreuepflicht schuldhaft
       verletze, heißt es in dem Papier.
       
       ## Status: Es ist kompliziert
       
       Der Verfassungsrechtler Andreas Fischer-Lescano begrüßt die Hochstufung,
       wie er auf taz-Anfrage sagte. Mit Blick auf Folgen für Staatsbedienstete
       wie Lehrer*innen, Richter*innen und Polizist*innen sei die Lage
       allerdings kompliziert. Ein AfD-Parteibuch lege zwar einen Widerspruch zu
       ihrer Verfassungstreuepflicht nahe, es bleibe aber „natürlich dabei, dass
       es keinen Automatismus zur Entlassung gibt, da es immer auf den Einzelfall
       ankommt. Ich wende mich auch gegen eine automatische Überprüfung, das wäre
       ja eine Neuauflage des Radikalenerlasses.“
       
       Aus seiner Sicht steigere sich durch die Hochstufung noch einmal deutlich
       der Rechtfertigungsdruck, sagt Fischer-Lescano. Insbesondere Funktionäre
       dürften es nun schwerer haben, in ihre Berufe zurückzukehren. „Aber auch
       einfache Mitglieder könnten nicht mehr sagen, dass sie von nichts gewusst
       hätte – sie waren Teil einer behördlich eingestuften rechtsextremen
       Organisation, auch wenn diese noch nicht verboten ist.“
       
       Fischer-Lescano plädiert dafür, dass Behörden bei Hinweisen auf eine
       verfassungswidrige Haltung in jedem Fall durchgreifen sollten. Beim
       Waffenrecht wäre er sogar für eine systematische Zuverlässigkeitsprüfung
       von Personen mit Blick auf Rechtsextremismus. Insgesamt bedürfe es einer
       Gesetzesreform, um einen besseren Umgang mit Rechtsextremen im Staatsdienst
       zu finden.
       
       Dass beispielsweise das [3][Land Hessen meine], den in Hessen verbeamtete
       Lehrer Björn Höcke – seines Zeichens Kopf des völkischen AfD-Flügels –
       nicht aus dem Staatsdienst entlassen zu können, nur weil er derzeit ein
       Abgeordnetenmandat innehat, hält Fischer-Lescano gerade angesichts der
       neuen Entwicklungen [4][für skandalös].
       
       ## Druck für Verbot steigt weiter
       
       [5][Konkrete Reformvorschläge] hatte bereits die ehemalige sächsische
       Jusitzministerin Katja Meier von den Grünen nach ihre Erfahrung mit der
       Rückkehr des rechtsextremen AfD-Richters Jens Maier in den sächsischen
       Richterdienst gemacht. Angesichts von bestehenden Regelungslücken und
       Hürden, um den überaus radikal auftretenden Maier aus dem Dienst zu
       entfernen, hatte sie diverse Verbesserungsvorschläge beim Vorgehen gegen
       Extremist*innen im Staatsdienst vorgelegt. Maiers Suspendierung war
       letztlich erfolgreich, allerdings hat er seine Pension behalten. Nun
       stellen sich die selben Fragen auf Bundesebene. Die Innenministerkonferenz
       will sich mit dem Thema im Juni befassen.
       
       Auch der [6][Druck für ein Verbotsverfahren] steigt nach der Hochstufung
       weiter: Die rot-rot-grüne Landesregierung in Bremen drängt mit einem
       Dringlichkeitsantrag auf ein Verbotsverfahren. Neben dem Dialog mit der
       neuen Bundesregierung will Bremen eine Bundesratsinitiative starten. Der
       Bundesrat ist ebenso antragsberechtigt wie der Bundestag und die
       Bundesregierung. Zuvor hatte bereits der schleswig-holsteinische
       Ministerpräsident Daniel Günther ein Verbotsverfahren gefordert. Teile der
       CDU und auch die Landesregierungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten
       sich bislang eher skeptisch bis vorsichtig geäußert.
       
       Die designierte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) rechnet
       jedenfalls damit, dass sie ein mögliches AfD-Verbot „massiv beschäftigen“
       werde, wie sie am Montag sagte. Sie wolle das Gutachten genau auswerten.
       Die Bundesregierung werde sich mit den Ländern abstimmen. Eine wehrhafte
       Demokratie werde gegen demokratiefeindliche Kräfte vorgehen, wenn die
       Voraussetzungen dafür vorlägen.
       
       5 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bundesverfassungsschutz-zu-AfD/!6081542
   DIR [2] /taz-begutachtet-AfD/!6079393
   DIR [3] https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/jlr-AbgGHE1989rahmen
   DIR [4] https://www.bundestag.de/resource/blob/952052/95719a3290353a37044987f55a35e91a/20-4-230-D.pdf
   DIR [5] https://www.justiz.sachsen.de/smj/massnahmen-fuer-ein-entschlossenes-vorgehen-gegen-extremisten-im-oeffentlichen-dienst-6350.html
   DIR [6] /AfD-gesichert-rechtsextrem/!6085522
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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