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       # taz.de -- Kanzlerwechsel und neues Namensrecht: Scholz, Merz, Schmerz?
       
       > Diese Woche: Sozialdemokratische Wunschträume, warum die
       > rechtsextremistische AfD verboten gehört und die Welt der unbegrenzten
       > Doppelnamen.
       
   IMG Bild: Die Karawane zieht weiter, aber vermutlich ohne S. Esken
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Die Ampel war klar besser als ihr Ruf, sagt eine
       Bertelsmann-Studie.
       
       taz: Und was wird besser in dieser?
       
       Küppersbusch: Das spricht sehr für einen schlechten Ruf.
       
       taz: Bei dem Mitgliedervotum der SPD haben bei einer Wahlbeteiligung von 56
       Prozent 85 Prozent für den Koalitionsvertrag mit der Union gestimmt. Hat
       das mehr mit Zustimmung oder mit Resignation zu tun?
       
       Küppersbusch: Die SPD ist eine als Partei getarnte Angestelltengewerkschaft
       dieser Republik. Schön fürs Land, weil jemand die blöden Kompromisse, die
       nötigen Mehrheiten und die parlamentarische Gelenkschmiere liefert und
       dafür regelmäßig an der Wahlurne als langweilig, verpeilt, gestrig auf die
       Fresse kriegt. Sie träumt von einer charismatischen Führung und einem
       scharfkantigen Programm. Nur ist gerade jetzt dafür nicht der richtige
       Zeitpunkt. Also ungefähr – immer.
       
       taz: Lars Klingbeil soll neuer Vizekanzler werden. Kann er ’s? 
       
       Küppersbusch: Immerhin hat er den Machtinstinkt, in einer katastrophalen
       Lage beherzt zuzupacken. Das tat letztmalig Merkel im Zusammenbruch des
       Systems Kohl. Ich weiß nicht, wen von beiden ich damit beleidigt habe.
       
       taz: Friedrich Merz soll diese Woche zum Kanzler gewählt werden. Kann er
       ’s? 
       
       Küppersbusch: Nein, er wirkt eher wie der älteste Infant, der je auf den
       Thron kam.
       
       taz: Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als gesichert
       rechtsextremistisch ein. Verbotsverfahren jetzt? 
       
       Küppersbusch: Dazu sind alle Argumente auf dem Tisch, und ich bleibe immer
       auf dem einen hängen: dass ich meine Großeltern gern gefragt hätte, warum
       sie damals nicht alles dagegen versucht haben. Mit Recht könnten sie
       antworten, ich wisse ja, was das NSDAP-Verbot 1923 gebracht habe. Natürlich
       bleibt es Humbug, eine Partei zu verbieten und ihre Inhalte und Themen zu
       übernehmen. Das zu beenden, ist wichtiger. Doch zugleich steht die AfD
       nicht für eine andere Interpretation dieser Republik, sondern für deren
       Abschaffung. Der Versuch, die Partei auf verfassungskonform zu schminken
       scheiterte vor drei Jahren mit dem Vorsitzenden Jörg Meuthen. Oma und Opa
       meinen, man müsse auch mal durchziehen, was man angefangen hat.
       Hoffentlich.
       
       taz: In Kanada haben die Liberalen die Parlamentswahlen gewonnen. Verzockt
       sich Trump mit seinen Kampfansagen? 
       
       Küppersbusch: Wenn ihr euren Spinat nicht esst, kommt der böse Onkel: Auch
       Australiens Labour-Premier Albanese erdrutscht gen Wahlsieg, weil sein
       Gegenkandidat Trump-Positionen nachtanzte. Interessant für uns ist daran
       besonders die Chance, dass demokratische Parteien wie Kanadas Liberale und
       Australiens Sozialdemokraten offenbar als patriotisch gelesen werden, wenn
       der Fremdrüpel droht. Das tun Putin und Trump mit ihrer Wehleidigkeit
       zugunsten der AfD hier auch. Es ist ein schwieriger Job für Slogantexter,
       doch sinngemäß hieße der nächste Claim: Dann lieber Spinat!
       
       taz: Mit dem neuen Namensrecht dürfen Ehepaare sich gemeinsame Doppelnamen
       geben. Das Ende der Witze über Doppelnamen von Frauen? 
       
       Küppersbusch: Der Bundestag hat eine Nachnamensobergrenze von zwei
       eingezogen, drunter kann nun befreit doppelgenamt werden von
       Müller-Thurgau bis Bohlen und Halbach. Bisschen schade, dass man nicht
       gleich scrabblen darf, also Müller-Schulz zu Schmulz oder Schüller.
       Insgesamt wird es künftig eher mehr Doppelwhopper geben, weil auch Kinder,
       Adoptierte, Geschiedene nun freie Auswahl haben. Möglich ist also auch
       tätige Namensentwitzung, indem man sich halt für einen entscheidet. „Keine
       Witze über Namen“ ist ein journalistischer Standard, an den man sich hält,
       solange sich keine Witze anbieten. Weil man ja für seinen Namen nichts
       kann. Bisher.
       
       taz: Olaf Scholz wünscht sich für seinen Abschied unter anderem den Song
       „Respect“ von Aretha Franklin. Was sagt uns das? 
       
       Küppersbusch: Scholz glaubt an den Fortschritt. Geschrieben und zuerst
       gesungen hatte Otis Redding das Lied vom hart arbeitenden Mann, der von der
       Frau Kartoffel, Pantoffel, Liebe und Achtung erwarten könne. Kein Hit.
       Aretha Franklin machte mit ein paar Textänderungen einen feministischen
       Stampfer draus, und so wurde aus dem Pantoffel ein Schuh, ein Welthit und
       ihr signature song. Scholz erinnert an sein Wahlkampfbuzzword „Respekt“
       und lässt Feminismus anklingen. Und dann hat Friedrich Merz mit Olaf
       Scholz’ Politik einen Welthit. War bei Merkel und Schröders Agenda auch so.
       
       taz: Und was macht der RWE? 
       
       Küppersbusch: Klassenerhalt gesichert, nächstes Jahr Stadionausbau auf
       26.600 Plätze, Heidenheim kann einpacken. Fragen: Leyla Roos
       
       Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und könnte auch K’usch
       heißen.
       
       5 May 2025
       
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