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       # taz.de -- Erste afroamerikanische Moderatorin: „Hey, wieso sind bei euch kaum Schwarze Leute zu sehen?“
       
       > Für US-Journalistin Melba Tolliver ist politisches Engagement das Gebot
       > der Stunde. Ein Gespräch über die Untiefen der Trump-Anhänger und
       > Rassismus.
       
   IMG Bild: „Wie kann man in der Welt leben, ohne eine Meinung zu haben, die von eigenen Erfahrungen geprägt ist? “ sagt Melba Tolliver
       
       In der Kleinstadt Bangor im Osten von Pennsylvania, USA, schlängelt sich
       die alte Straße an Laubbäumen und Holzhäusern vorbei bis zum Ufer des
       Delaware Rivers. Dort steht auf einem Holzschuppen in weißen Buchstaben
       „WHY?“. Davor ein Haus auf Stelzen, als Schutz vor der Flut. Es gehört der
       Journalistin und Aktivistin Melba Tolliver. Sie hat nach der Wahl von
       Präsident Donald Trump das „Why-Network“ gegründet, ein Netzwerk für alle,
       die sich über die politische Lage, über ihre Sorgen und Gedanken
       austauschen wollen. Melba Tolliver war 1967 die wohl erste
       afroamerikanische Moderatorin einer Nachrichtensendung im US-Fernsehen, vor
       Kurzem hat die 86-Jährige ihre Memoiren veröffentlicht. Ihr Haus voller
       Bücher, Sessel, Briefe und Notizen dient als Archiv und Treffpunkt. Hier
       sind wir an einem Sonntag im April zum Gespräch verabredet. 
       
       taz: Mrs. Tolliver, am 5. November wurde Donald Trump das zweite Mal zum
       Präsidenten der USA gewählt. Wissen Sie noch, was Sie an dem Tag gemacht
       haben? 
       
       Melba Tolliver: Ich habe vermutlich meinen Kopf unter einem Kissen
       versteckt. Aber viel mehr nicht, weil ich schockiert und überrascht war.
       
       taz: Was hat Sie überrascht? 
       
       Tolliver: Dass [1][so viele Leute Trump gewählt] haben. Und das, obwohl sie
       ihn schon einmal erlebt hatten. Mein Nachbar zum Beispiel, mit dem ich gut
       befreundet war.
       
       taz: Jetzt sind Sie nicht mehr befreundet? 
       
       Tolliver: Nein, dabei hat er mir immer sehr geholfen. Vor allem, als mein
       Haus durch eine Flut unbewohnbar wurde. Da hat er mich sogar bei sich
       schlafen lassen. Und dann haben er und ich über die Wahl gesprochen, er
       redete sehr positiv über Trump. Ich habe ihn gefragt, ob er verrückt sei,
       und dass er aufhören solle, Fox News zu schauen. Also haben wir uns
       angeschrien. Das war das Ende unserer Freundschaft.
       
       taz: Sie leben im Northampton County. Der Bezirk war bei der Wahl so
       umkämpft wie wenige andere in den USA. Hier stehen sich in manchen Straßen
       Trump- und Pride-Flaggen gegenüber. Wie begegnen sich die Menschen seit
       der Wahl? 
       
       Tolliver: Ich kann nur über meine eigenen Erfahrungen sprechen. Mein
       Nachbar redet nicht mehr mit mir, dabei sehe ich ihn ständig, wenn er
       seinen Rasen mäht. Auch ich habe mich dagegen entschieden, weiter mit ihm
       zu sprechen, weil ich ihn einfach nicht mehr in meinem Leben haben will. Er
       hat vor der Wahl Dinge gesagt, wie etwa, dass man die Leute in Washington
       erschießen solle, da Politiker alles Gauner seien. Er ist so ein typisch
       weißer Mann mit Bürstenhaarschnitt, der denkt, er sei der Boss. Ich habe
       lange Zeit über dieses Stereotyp hinweg gesehen, aber jetzt habe ich keine
       Lust mehr dazu. Auch mein Postbote hat Trump gewählt, und als ich ihn
       gefragt habe, wieso, meinte er: „Das ist wie mit Eiscreme. Du nimmst
       Vanille, ich Schokolade.“ Ich habe ihm gesagt, dass es hier um Werte geht.
       Nicht um Eiscreme.
       
       taz: Trump polarisiert. 
       
       Tolliver: Ich will nicht zu sehr verallgemeinern, aber ich weiß, dass es
       Weiße gibt, die Schwarze hassen, und manche leben auch hier in dieser
       Straße. Ich bin die einzige Schwarze hier. Es gibt Leute in der
       Nachbarschaft, die früher mit mir gesprochen haben und es jetzt nicht mehr
       tun.
       
       taz: Wenn Sie im Vergleich dazu an die Nachbarschaft in Ihrer Kindheit in
       Ohio in den 50ern denken … 
       
       Tolliver: Darf ich Sie auch etwas fragen? Normalerweise führe ich ja selbst
       Interviews und bin einfach neugierig.
       
       taz: Natürlich! 
       
       Tolliver: Warum wollen Sie das alles wissen?
       
       taz: Ich interessiere mich für Ihre Persönlichkeit. Sie waren die erste
       afroamerikanische Moderatorin einer Nachrichtensendung, Sie setzen sich
       seit Jahrzehnten für Bürgerrechte ein. Ich möchte wissen, wie Sie zu der
       Person geworden sind, die Sie heute sind. 
       
       Tolliver: Gut, denn das frage ich mich auch ständig.
       
       taz: Sie sind in Georgia geboren und durch die Great Migration, die große
       Abwanderung vieler Afroamerikaner in den Norden, nach Ohio, gekommen.
       Welche Rolle spielten Medien in Ihrer Kindheit und Jugend? 
       
       Tolliver: Es gab dort das Akron Beacon Journal. Das war eine Zeitung, die
       nur von Schwarzen gemacht wurde. Und die schrieben darüber, was so los war.
       
       taz: Was zum Beispiel? 
       
       Tolliver: News wie der 76. Geburtstag von Mrs. Jones oder so. Oder wann ein
       Kuchenbasar in der Kirche stattfand. Meine Mutter hat mir aus diesem
       Beacon Journal vorgelesen und herausgefunden, in welchen Supermarkt es
       Rabatt-Aktionen für Hamburger gab. Sie hat ausgesucht, was für sie relevant
       war. Sie war meine erste Anchorwoman sozusagen.
       
       taz: Wollten Sie damals schon Moderatorin werden? 
       
       Tolliver: Nein, ich wollte Ballerina werden, wurde aber Krankenschwester.
       
       taz: Wieso? 
       
       Tolliver: Weil meine Mutter mir das gesagt hatte. Ich ging für die
       Ausbildung nach New York City. Ich kannte die Stadt durch meine Tante, sie
       lebte in einem Apartmentkomplex in Harlem, der als Gegenstück für einen
       Wohnblock gebaut wurde, in dem Schwarze damals nicht leben durften.
       
       taz: Das war Ende der 50er, in der Zeit der Segregation. 
       
       Tolliver: Man merkte, dass Schwarze und Weiße voneinander getrennt wurden.
       Redlines markierten, wo welche Bevölkerungsgruppen nicht leben durften. Das
       war ein typisches Mittel der Stadtplanung, aber man hat da nicht weiter
       drüber nachgedacht. Das war damals einfach so.
       
       taz: Auf Ihrer High School waren auch ausschließlich afroamerikanische
       Mitschüler:innen? 
       
       Tolliver: Ja, alle an der Schule und in der Nachbarschaft waren Schwarz. An
       der Schule gab es allerdings nur einen Lehrer, der Schwarz war, ich glaube
       es war der einzige Schwarze Lehrer im ganzen Bezirk. Die anderen waren alle
       weiß!
       
       taz: Der afroamerikanische Schriftsteller James Baldwin, der wie Sie in
       Harlem lebte, schrieb mal, dass sein Vater immer Angst hatte, wenn seine
       Kinder mit weißen Lehrern zu tun hatten. Sie sind bei Ihrer Mutter
       aufgewachsen. Was hat sie zum Kontakt mit Weißen gesagt? 
       
       Tolliver: Sie ist nicht darauf herumgeritten. Sie hat nur gesagt: Ihr müsst
       besser sein als sie. Ihr müsst schlauer sein. Ihr müsst doppelt so hart
       arbeiten wie die Weißen. So war es nun mal.
       
       taz: Wann haben Sie begonnen, die Diskriminierung zu hinterfragen? 
       
       Tolliver: Eigentlich erst in meinen Zwanzigern, zur Zeit der
       Civil-Rights-Bewegung. Ich habe viel darüber gelesen, war aber nicht
       involviert in Planungen oder so. Ich habe auch nur ein einziges Mal selbst
       protestiert, das war beim „[2][March on Washington]“ im Jahr 1963.
       
       taz: Mehr als 250.000 Menschen kamen in Washington D. C. zusammen, Martin
       Luther King hielt dort seine berühmte „I have a dream“-Rede. Ein Höhepunkt
       der Civil-Rights-Bewegung. Was war das für ein Erlebnis? 
       
       Tolliver: Ich hatte damals keine Ahnung, dass ich auf einem historischen
       Event bin. Ein paar Leute hatten mich gefragt, ob ich mitkommen will. Ich
       war vorher noch nie in Washington gewesen, dann diese riesige Menschenmenge
       – ich habe mich vor allem gesorgt, verloren zu gehen.
       
       Es klingelt. Jack, ein Freund von Melba Tolliver, kommt ins Wohnzimmer und
       erzählt von einem Musical am Broadway, das er sich gerade angeschaut hat.
       „Good night, and Good Luck“, es spielt in der McCarthy-Ära der 50er Jahre,
       die von massivem Antikommunismus geprägt war. 
       
       Jack: Was das Publikum am Ende wirklich geschockt hat, war, dass Elon Musk
       gezeigt wird, wie er bei der Amtseinführung den Hitlergruß gemacht hat.
       
       taz: Jack, kommen Sie in Ihrem Umfeld mit Leuten zusammen, die Trump
       gewählt haben? 
       
       Jack: Also, die Frau, die mir die Haare schneidet, hat Trump gewählt. Ich
       sehe sie demnächst wieder. Mal gucken, wie es ihr jetzt geht. Sie ist 71.
       Sie hat sich immer beschwert, wenn sie an der Börse Geld verloren hat, sie
       hat Joe Biden die Schuld daran gegeben. Sie hat mich gefragt: Und du, bist
       du glücklich mit Biden? Du hast ja für ihn gestimmt. Jetzt will ich wissen,
       ob sie noch glücklich ist.
       
       Tolliver: Ich habe neulich für eine Veranstaltung ein Video mit einem
       Collegeprofessor gemacht, der ganz viel gegen Trump gesagt hat. Aber als
       das Veranstaltungsvideo dann auf Youtube gestellt werden sollte, hat er
       darum gebeten, es nicht zu veröffentlichen.
       
       taz: Haben die Menschen Angst, sich gegen Trump zu positionieren? 
       
       Tolliver: Ja!
       
       Jack: Dabei hat Trump gar nicht so viele Leute hinter sich, außer denen,
       die genauso denken wie er und die bei seiner Amtseinführung waren.
       
       Tolliver: Musk, Zuckerberg …
       
       Jack: … Jeff Bezos, der Paypal-Typ und andere Leute, die Trump benutzen, um
       noch reicher zu werden.
       
       taz: Und die vielen Millionen Menschen, die für Trump gestimmt haben. 
       
       Jack: Ja, aber die sind dumm. Ich meine, was kann man sonst dazu sagen?
       
       Tolliver: Genau, ich weiß nicht, was man noch dazu sagen kann.
       
       taz: Glauben Sie, dass es möglich ist, Leute vom republikanischen Lager auf
       Ihre Seite zu bringen? 
       
       Tolliver: Es gibt keine Republikanische Partei mehr. Die Republikanische
       Partei ist tot. Sie ist eine MAGA-Partei.
       
       Und die Demokraten sind eigentlich auch halbtot. Die einzige Chance liegt
       jetzt darin, anzuerkennen, dass wir uns in einem Bürgerkrieg befinden und
       dass es besser wäre, die Dinge wieder vernünftig zu regeln.
       
       Jack: Melba, du warst vorige Woche auf einer Kundgebung, es gab Millionen
       von Menschen, die auch gestern demonstriert haben. Aber die wählen Trump
       doch eh nicht. Was bringt das?
       
       Tolliver: Es lässt die Leute wissen, dass sie nicht allein sind, dass sie
       keine Angst haben müssen.
       
       Jack verabschiedet sich. 
       
       Tolliver: Das liebe ich an Interviews. Man weiß nie, was einen erwartet!
       
       taz: Stimmt. Ich würde gerne noch mehr über Ihr Leben erfahren. Ihre
       Memoiren heißen „Accidental Anchorwoman“. Was war das „Unbeabsichtigte“
       daran? 
       
       Tolliver: Ich dachte nicht daran, Journalistin zu werden, wollte aber keine
       Krankenschwester sein, darin war ich nicht gut. Stattdessen wollte ich
       recherchieren. Ich konnte als Sekretärin anfangen bei ABC.
       
       taz: Einer Rundfunkanstalt in New York City. 
       
       Tolliver: Eines Tages im Jahr 1967 streikten Journalist:innen beim
       Sender, unter anderem auch die Moderatorin, die die TV-Nachrichtensendung
       „News with the Woman’s Touch“ moderierte. Es gab keine Sprecherin mehr,
       also haben die Chefs tatsächlich überlegt, einen Mann einzusetzen. Können
       Sie sich das vorstellen? Da sitzen kluge Leute zusammen und denken sich so
       einen Unsinn aus: ein Mann für eine Show namens „News with the Woman’s
       Touch“ – Nachrichten also, die Frauen in den Vordergrund stellen.
       
       Irgendwann kam der Direktor aber darauf, mich zu fragen, und ich war dabei.
       
       taz: War Ihnen damals klar, dass Sie die erste afroamerikanische
       Moderatorin einer Nachrichtensendung im US-TV waren? 
       
       Tolliver: Mir war vor allem klar, dass ich mich nicht total zum Deppen
       machen wollte.
       
       taz: Die Unruhen und Streiks richteten sich in den 60ern gegen
       Polizeigewalt, Rassismus und gegen die mangelnde Repräsentation von
       Afroamerikaner:innen in öffentlichen Institutionen. Es gab erste
       Antidiskriminierungsmaßnahmen und Versuche der Sender, diverser zu werden. 
       
       Tolliver: Ja, darauf wurde der Fokus gelegt. Es ging konkret um
       Afroamerikaner:innen. Man fragte die Sender: Hey, wie kann es sein, dass
       bei euch kaum Schwarze Leute zu sehen sind?
       
       taz: Sie wurden zum Gesicht einer Nachrichtensendung, die Sie moderierten,
       und waren ständig im Fernsehen. 1971 verlangte Ihr Sender dann, dass Sie
       Ihre Afro-Frisur im Live-TV glätten oder verdecken. Es ging um einen
       geplanten Bericht über die Hochzeit von Richard Nixons Tochter. Sie haben
       den Mut aufgebracht, sich zu weigern. 
       
       Tolliver: Ich würde nicht sagen, dass ich mutig war.
       
       taz: Sie haben sich gegen Ihren Chef gestellt und sind live auf Sendung
       gegangen. 
       
       Tolliver: Ich habe nur das getan, was ich für richtig hielt, und wer zum
       Teufel sind die, dass sie mir Vorschriften zu meinen Haaren machen? Ich
       weiß besser über meine Haare Bescheid als sie. Wie können sie es wagen? Und
       dieser Teil meines Denkens überwältigte den anderen, also den Gedanken,
       dass ich gefeuert werden könnte.
       
       taz: Wie haben die Leute vom Sender reagiert? 
       
       Tolliver: Ich wurde erst einmal zum stellvertretenden Chef zitiert, als
       hätte ich in der Schule etwas ausgefressen und müsste zum Direktor. Man
       sagte mir, dass man meine Haare nicht mögen würde und ich sie ändern oder
       mit einem Hut oder Schal verdecken müsse, um wieder auf Sendung zu gehen.
       Aber ich sagte, dass ich nichts ändern würde.
       
       taz: Drohte man Ihnen mit Entlassung? 
       
       Tolliver: In gewisser Weise schon. Mir wurde gesagt, dass ich vielleicht
       über Staten Island berichten kann, aber von dort berichtete mein
       Nachrichtensender nie irgendetwas.
       
       taz: Wieso haben Sie trotzdem weiterarbeiten können? 
       
       Tolliver: Ein Reporter hat mich angerufen, weil er mitbekam, was passierte.
       Ich sagte ihm, dass er sich an meinen Chef wenden soll mit seinen Fragen.
       Kurz darauf war ich wieder auf Sendung.
       
       taz: Sie bekamen ziemlich viel Aufmerksamkeit. Zuschauer:innen haben
       Ihnen Support- und Hasspost geschickt. Wie ging es für Sie weiter? 
       
       Tolliver: Mich hat bald der Leiter eines Fortbildungsprogramm angeschrieben
       und gefragt, ob ich teilnehmen will, weil ich vermutlich eine Pause
       brauche. Erst habe ich abgelehnt, aber dann habe ich ihm geschrieben, weil
       ich wirklich dringend eine Pause brauchte. 
       
       taz: Wieso? 
       
       Tolliver: Mich haben so viele Dinge am Journalismus gestört.
       
       taz: Was zum Beispiel? 
       
       Tolliver: Dieser ständige Zwang zur Objektivität. Der hat mich am meisten
       gestört. Ich finde, Objektivität ist Unsinn. Es gibt sie nicht. Auch heute
       noch spricht man von Objektivität und von Unvoreingenommenheit. Dabei ist
       es menschlich, voreingenommen zu sein. Wie kann man in der Welt leben, ohne
       eine Meinung zu haben, die von den eigenen Erfahrungen geprägt ist? Das ist
       unmöglich.
       
       taz: Sie haben dann weiter als Nachrichtensprecherin gearbeitet und zudem
       an Universitäten Journalismus unterrichtet. Daneben waren Sie auch
       politisch aktiv. Sie haben zum Beispiel die Wahlkampagne von Barack Obama
       unterstützt. 
       
       Tolliver: Ja. Wobei seine Frau Michelle Obama gerade viel stärker ist als
       er. Sie ging nicht einmal zur Vereidigung von Trump.
       
       taz: Barack Obama schon. 
       
       Tolliver: Genau.
       
       taz: Was hätte er Ihrer Meinung nach stattdessen machen sollen? 
       
       Tolliver: Ich denke, er sollte jeden Tag das tun, was Cory Booker getan
       hat.
       
       taz: Der demokratische Senator aus New Jersey, der vor Kurzem über [3][25
       Stunden am Stück eine Anti-Trump-Rede gehalten] hat. 
       
       Tolliver: Obama sollte mit Nachdruck reden und nicht nur sagen: „Ich bin
       zutiefst besorgt.“ Was zum Teufel soll das bedeuten? Er sollte von Stadt zu
       Stadt gehen, bei einigen dieser Demonstrationen auftauchen, auf dem
       Rednerpult stehen. Er sollte seine Stiftung nutzen, um Unterricht zu
       erteilen, damit die Menschen mehr über ihre eigene verdammte Regierung
       erfahren.
       
       Er sollte nicht nur diese weinerlichen Erklärungen abgeben. Das ist nicht
       gut genug.
       
       taz: Sie selbst tun, was Sie können? 
       
       Tolliver: Ich habe kein Geld, aber wenn mich jemand bittet, auf einer
       Kundgebung zu sprechen, was in letzter Zeit mehrmals der Fall war, dann
       mache ich das.
       
       taz: Sie haben nach der Trump-Wahl auch ein eigenes Netzwerk gegründet, das
       Why-Netzwerk. Menschen sollen sich dort über das austauschen können, was
       sie bewegt. Sie geben auch Workshops und organisieren politische Aktionen. 
       
       Tolliver: Ja, Wir haben zum Beispiel öffentlich den Jack-Smith-Bericht
       gelesen. Das ist der Abschlussbericht über den ehemaligen Präsidenten
       Donald J. Trump, der ja Gegenstand zweier strafrechtlicher Ermittlungen
       war. Wir haben ihn am Tag der Amtseinführung in der Buchhandlung im Ort
       gelesen.
       
       taz: Sie haben neulich auf einer Demonstration Michelle Obama zitiert, die
       gesagt hat: „Do something!“ 
       
       Tolliver: Genau. Sie hat nicht gesagt: Kandidiere für ein Amt oder schreibe
       die Verfassung neu oder erfinde eine neue Kommunikationstechnologie. Sie
       sagte: „Do something.“ Tu etwas. Und wir tun etwas.
       
       taz: Momentan scheint der [4][demokratische Widerstand] im Land allerdings
       noch ziemlich unorganisiert. 
       
       Tolliver: Das sehe ich anders. Es mag so erscheinen, aber es gibt die
       Gruppe „Indivisible“, die das organisiert. Es gibt Freiwillige, Leute, die
       Tonanlagen aufbauen, Redner:innen einladen, Ankündigungen an Leute wie
       mich verschicken.
       
       taz: Sie sind sehr aktiv und führen auch weiterhin Interviews bei Ihren
       Veranstaltungen. Haben Sie jemals überlegt, mit dem Job als Journalistin
       aufzuhören? 
       
       Tolliver: Nein, denn ich bin ja die ganze Zeit neugierig. Und wenn meine
       Neugier irgendwo hineinpasst, dann in diesen Beruf. Was wäre ich also, wenn
       ich darüber nachdenken würde, nicht mehr ich selbst zu sein? Ich wüsste
       nicht, wie man das macht. Ich habe keine Ahnung, wie es wäre, kein Buch zu
       lesen und keine Frage zu stellen. Ich könnte mir einfach nicht vorstellen,
       so zu leben.
       
       15 May 2025
       
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