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       # taz.de -- Rechtsextreme Codes identifizieren: Fritten, Flieder und Nazis
       
       > Der Plattenbauinstinkt unseres Autors schlägt an, irgendwas stimmt nicht.
       > Obwohl die erste Google-Suche keine Ergebnisse bringt, nimmt er die
       > Fährte auf.
       
   IMG Bild: Auf Nazisuche mit „Doggo“, dem Maskottchen von Kagi Search
       
       Es roch nach national befreiter Zone. Also eigentlich roch es nach Fritten
       und Flieder. Am Tisch schräg hinter mir hatte ein Paar Platz genommen.
       Gesehen hatte ich die beiden nicht, nahm nur vage den Ton ihrer
       Unterhaltung wahr, ohne aber einzelne Worte oder gar den Sinnzusammenhang
       ausmachen zu können.
       
       80er-Konsenspop plärrte aus den Boxen, die in den Bäumen über den
       Bierbänken hingen. Es war ein schöner Frühlingstag irgendwo im märkischen
       Sand. Es gab Bier, Burger und Berliner. Also Gäste aus der Stadt, nicht
       wahr. Die Stimmung war friedlich, der Service freundlich. Aber
       [1][irgendetwas stimmte nicht; in meinem Rücken.]
       
       Ich befragte meine mir gegenübersitzende Begleitung, wie es hinter mir wohl
       aussah. „Ziemlich normal. Er trägt ein Band-T-Shirt.“ Ja, aber welche Band?
       Noch nie gehört. Klang irgendwie einschlägig, aber da kann man sich ja auch
       nicht mehr drauf verlassen heutzutage. Als ich vor Jahren das erste Mal
       [2][von einer Kapelle namens Kraftklub hörte], war ich zunächst auch eher
       misstrauisch. Ich habe dann schnell gelernt, dass die in Ordnung sind, und
       kenne sie dank KI-Assistenten als die berühmtesten Söhne der Stadt Chemnitz
       neben Karl Marx.
       
       Aber die Band von dem Nicki am Nebentisch? Keine Ahnung, wie gesagt. Und
       auch Google war keine Hilfe. Werbeanzeigen für Reichskriegsflaggen,
       Schnürsenkel und Türklinken. Nichts, was der Verfassungsschutz verbieten
       würde.
       
       Aber irgendetwas ließ mir keine Ruhe. Nach all den Jahren.
       Plattenbauinstinkt. Vielleicht noch ein Versuch mit Kagi, dachte ich mir.
       Diese Suchmaschine kostet nach einer Willkommensphase Geld, und ich hatte
       keine Ahnung, wie viele der kostenlosen ersten hundert Probesuchen ich
       bereits verbraucht hatte mit Egogoogeln.
       
       Lustiges Wort. Nee, Moment. Egokagin? Lustigeres Wort! Mit Betonung auf der
       letzten, langen Silbe klingt das wie ein Medikament zur Behandlung eitlen
       Autorengemüts: „Egokagín – hier finden sie nichts.“ Ein stumpfer Spiegel
       für Narziss.
       
       Na aber, wer hätte das gedacht, bei Kagi war der erste Treffer über die
       Band ein Medienbericht zur Auflösung eines Konzerts der Combo. In Chemnitz,
       ausgerechnet. Da [3][waren die zusammen mit einer Truppe unterwegs], die
       sogar mir als wichtige Nazischrammler bekannt sind.
       
       Da war das Gespür also richtig gewesen, gelernt ist eben gelernt.
       Interessanterweise nutzt [4][Kagi], wie auch andere alternative
       Suchmaschinen, Googles Schnittstellen für die Websuche. Allerdings rechnen
       die dann nicht den ganze Werbe- und KI-Krempel drauf, zerstören also nicht
       absichtlich die Ergebnisse. Kagi.com! Werbeblock Ende.
       
       Als wir das Lokal verließen, spürte ich wieder etwas im Rücken, drehte mich
       um. Mein Alter, mäßige Körperspannung, unauffällig gekleidet. Bis auf die
       Schrift auf dem T-Shirt. In Fraktur. Okay, das wäre von Anfang an eine
       hilfreiche Information gewesen! Seine Augen wissend. Der Moment war
       wirklich sehr kurz, aber wir hätten uns überall erkannt. Ganz ohne
       Suchmaschine.
       
       12 May 2025
       
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