# taz.de -- Deutscher Außenminister in Israel: Viel Kontinuität und etwas sanfte Kritik
> Johann Wadephul (CDU) trifft in Israel auch Geiselangehörige. Einen Bruch
> des Völkerrechts durch das Aushungern des Gazastreifens sieht er nicht.
IMG Bild: Johann Wadephul (CDU), Außenminister, besucht die Gedenkstätte Yad Vashem
Jerusalem taz | Mit Fragen wollte der neue deutsche Außenminister Johann
Wadephul (CDU) zu seinem Antrittsbesuch in Israel reisen. Etwa nach dem
„strategischen Ziel der seit März wieder intensivierten Kampfhandlungen“
vor dem Hintergrund der von Israel angekündigten militärischen Besetzung
des Gazastreifens. Oder zum Verhältnis der Sicherheit Israels als deutscher
Staatsräson und der internationalen Rechtsordnung, der Deutschland
„besonders verpflichtet“ sei.
Angesichts der seit mehr als zwei Monaten dauernden [1][vollständigen
Blockade von Hilfslieferungen] mehren sich international die Vorwürfe eines
Kriegsverbrechens. Antworten aber blieb ihm sein israelischer Amtskollege
Gideon Saar auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Sonntag in Jerusalem
weitgehend schuldig.
Für die Fortsetzung des Kriegs in Gaza sei ausschließlich die Hamas
verantwortlich, die noch immer 59 israelische Geiseln festhalte, erklärte
Saar. Ein Ende der Angriffe ohne die Zerstörung der Hamas sei für Israel
nicht hinnehmbar. Wie nach 19 Monaten Krieg in Gaza die angekündigte
Ausweitung der israelischen Militäroffensive dieses Ziel erreichen soll,
ließ der Minister unbeantwortet.
Wadephul nutzte das Treffen für vorsichtige Kritik: Er habe Zweifel am
militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen: „Ich bin nicht sicher, ob
damit alle strategischen Ziele erreicht werden können und ob das
langfristig der Sicherheit Israels dient“, sagte der Minister. Seine
Regierung plädiere für einen Waffenstillstand. Er habe aber großes
Verständnis für Israels Blockade, die eine Instrumentalisierung von
Hilfslieferungen durch die Hamas verhindern solle.
## Weiterhin militärische Unterstützung
„Wir werden Israel weiter tatkräftig unterstützen“, sagte Wadephul. Das
gehe vor allem militärisch, auch wenn es letztlich eine politische Lösung
brauche. Saar nannte die neue Bundesregierung im Gegenzug einen „echten
Freund Israels“ und erklärte, sein Amtskollege habe ihn zu einem Besuch in
Berlin Anfang Juni eingeladen.
Auch bei weiteren Themen sprach Wadephul die Leitlinien seiner Regierung
für eine Befriedung der Region an, die weitgehend für Kontinuität sprechen:
Für eine politische Lösung sei die Palästinensische Autonomiebehörde „kein
einfacher, aber der einzige Partner“. Auch im Westjordanland bräuchten die
Menschen Perspektiven: ein Hinweis auf die zunehmende Gewalt in dem von
Israel besetzten Gebiet, wo Operationen der Armee Zehntausende Menschen
vertrieben haben und die Gewalt durch radikale Siedler stetig eskaliert.
[2][Auch mit Blick auf Syrien] äußerte Wadephul sachte Kritik: In dem
Nachbarland gebe es eine „Chance auf Frieden“. Es sei wichtig, dass Syrien
seinen Prozess selbst gestalten könne. Die israelische Armee hält seit
Monaten breite Landstriche auf syrischer Seite besetzt und fliegt
regelmäßig Luftangriffe auf Ziele in Syrien. Er begrüßte einen
amerikanisch-israelischen Plan für humanitäre Hilfe durch eine private, von
den USA gestützte Hilfsorganisation. US-Botschafter Mike Huckabee hatte den
Vorschlag am Freitag vorgestellt.
## Besuch von Geiselangehörigen als erster Termin
Er soll trotz der katastrophalen Versorgungslage in Gaza zunächst lediglich
60 Prozent der rund zwei Millionen Menschen in Gaza zugutekommen. Die
Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen lehnen den Plan ab: Er
befördere die Vertreibung der Bevölkerung und entspreche nicht den
[3][Grundsätzen der humanitären Hilfe]. Wadephul unterstrich die
Verpflichtung, dass diese unabhängig und neutral sein müsse.
Ungewöhnlich deutlich widersprach er der wachsenden Kritik, Israel breche
durch das Aushungern des Gazastreifens humanitäres Völkerrecht: „Indem die
israelische Seite diesen Schritt jetzt geht, ist klar, dass man Israel
völkerrechtswidriges Verhalten nicht vorwerfen kann.“ Jüngst hatten die
Niederlande eine Prüfung gefordert, ob Israel noch an den
menschenrechtlichen Grundprinzipien des Assoziierungsabkommens mit der EU
festhalte.
Als Botschaft an die Regierung in Jerusalem mag auch zu verstehen gewesen
sein, dass Wadephuls erster Termin in Israel am Samstag keinem
Regierungsvertreter, sondern den Angehörigen der noch in Gaza gefangenen
Geiseln galt. „Es ist die oberste Priorität für mich und meine Regierung,
uns um ihre Liebsten zu kümmern“, hatte der Minister dort gesagt. Isreals
Regierungschef Benjamin Netanjahu räumte letzthin mehrfach der Zerschlagung
der Hamas als Kriegsziel Priorität ein.
11 May 2025
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## AUTOREN
DIR Felix Wellisch
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