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       # taz.de -- Filmfestspiele von Cannes: Mehr weiblichen Bodyhorror wagen
       
       > Die 78. Internationalen Filmfestspiele von Cannes beginnen. Im Wettbewerb
       > treten genauso viele deutsche Regisseure an wie dieses Jahr bei der
       > Berlinale.
       
   IMG Bild: Am 12. Mai 2025 beginnen die 78. Filmfestspiele von Cannes an der Côte d'Azur in Cannes, Frankreich
       
       Man könnte es als diversity washing abtun: Die 78. Internationalen
       Filmfestspiele von Cannes, die heute beginnen, haben statt eines
       offiziellen Plakats gleich zwei. Eines mit dem Gesicht der Schauspielerin
       Anouk Aimée und eines, das ihren Kollegen Jean-Louis Trintignant zeigt.
       Beide Male ist eine Umarmung zu sehen, sie stammt aus Claude Lelouchs „Ein
       Mann und eine Frau“, in dem beide spielten und für den der Regisseur 1966
       in Cannes die Goldene Palme gewann.
       
       Die mit den Bildern angedeutete Genderparität mag sich nicht eins zu eins
       im aktuellen Programm des Wettbewerbs widerspiegeln, doch arbeitet das
       Festival mehr und mehr darauf hin. Unter den 22 Filmen, die diesmal um die
       Goldene Palme konkurrieren, kommen immerhin sieben von Regisseurinnen.
       
       Wie für Cannes üblich, sind darunter verdiente Namen wie die
       US-Amerikanerin Kelly Reichardt und die Britin Lynne Ramsay oder aber die
       jüngere französische Regisseurin Julia Ducournau, die schon zum dritten Mal
       mit einem Genrefilm in Cannes antritt. Nachdem ihr [1][Debütfilm „Raw“ 2016
       in der unabhängigen Nebenreihe „Semaine de la critique“] lief, [2][gewann
       sie 2021 mit „Titane“ die Goldene Palme].
       
       Ihr jüngster Film, „Alpha“, der in der Normandie der achtziger Jahre spielt
       und in dem der iranische Schauspielstar Golshifteh Farahani als
       Hauptdarstellerin mitwirkt, wird aller Voraussicht nach wie ihre ersten
       beiden Arbeiten ein Bodyhorrorfilm sein.
       
       Auch aus Deutschland ist eine Regisseurin unter den Palmenanwärterinnen.
       Mascha Schilinski zieht mit ihrem zweiten Spielfilm, „In die Sonne
       schauen“, wenn man so möchte, an ihren männlichen „Mitbewerbern“ Fatih Akin
       und Christian Petzold vorbei. So läuft Akins im Jahr 1945 spielender
       Coming-of-Age-Film „Amrum“ außer Konkurrenz in einer Nebenreihe, wie auch
       Petzolds „Miroirs No. 3“, erneut mit Paula Beer in tragender Rolle, der in
       der Sektion „Quinzaine des Cinéastes“ antritt. In Cannes sind damit genauso
       viele oder wenige deutsche Regisseure im Wettbewerb wie dieses Frühjahr bei
       der Berlinale – dort war es [3][Frédéric Hambalek („Was Marielle weiß“)].
       
       ## Branchenlieblinge gehen leer aus
       
       Überhaupt hatte es bei der Vorstellung der Auswahl für Cannes ein wenig
       Erstaunen gegeben, da ein regelmäßiger Gast des Festivals diesmal komplett
       im Programm fehlt: Jim Jarmusch, dessen mit Stars wie Cate Blanchett und
       Adam Driver besetzter Film „Father, Mother, Sister, Brother“ von
       Branchenblättern wie Variety als sicherer Posten für Cannes gehandelt
       worden war. Doch dass selbst erklärte Lieblinge der Leitung hin und wieder
       leer ausgehen können, spricht für deren Eigensinn.
       
       Dafür gibt es im Wettbewerb reichlich andere übliche männliche Verdächtige
       wie die Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne aus Belgien, die sich diesmal
       „Jeunes Mères“, mithin jungen Müttern widmen, oder den US-Amerikaner
       Richard Linklater, der sich mit „Nouvelle Vague“ vor Jean-Luc Godard
       verneigt.
       
       Des Weiteren geben sich Wes Anderson, der iranische Filmemacher Jafar
       Panahi und der ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa die Ehre. Letzterer
       stellt seinen ersten neuen Spielfilm seit „Donbass“ (2018) vor, und zwar
       die Literaturverfilmung „Zwei Staatsanwälte“. Das Historiendrama nach dem
       gleichnamigen Roman von Georgi Demidow spielt in der Sowjetunion des Jahres
       1937.
       
       Ostasien ist zweimal vertreten, einerseits durch die japanische Regisseurin
       Chie Hayakawa mit „Renoir“, einem Film über Telepathie, andererseits gab
       das Festival vor wenigen Tagen bekannt, dass zudem der Chinese Bi Gan mit
       seinem Science-Fiction-Krimi „Resurrection“ nachträglich in den Wettbewerb
       aufgenommen wurde.
       
       [4][Bi Gan hatte zuletzt 2018 seinen zweiten Spielfilm „A Long Day’s
       Journey into Night“ in der Reihe „Un Certain Regard“ vorgestellt], der sich
       durch eine traumartige Stimmung auszeichnete und durch einen Wechsel vom
       2-D- ins 3-D-Format. Man kann sich, ebenso wie die Jury unter der
       Schauspielerin Juliette Binoche, auf neue Überraschungen freuen.
       
       12 May 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
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