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       # taz.de -- U-Bahn-Ausbaupläne der BVG: Teurer Spaß für wenig Fahrgäste
       
       > Sogar die Verkehrsverwaltung räumt jetzt ein, dass die geplante
       > U3-Verlängerung in Zehlendorf an der Frage der Wirtschaftlichkeit
       > scheitern könnte.
       
   IMG Bild: „Meisterleistung an Absurdität“: Senatschef Kai Wegner (CDU, 3.v.l.) bei der Feier für die U3-Verlängerung Ende April
       
       Berlin taz | Die Verlängerung der U-Bahn-Linie 3 im Berliner Südwesten ist
       keineswegs so gesichert, wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der
       Senat bislang glauben machen wollten. „Bei nicht gegebener
       Wirtschaftlichkeit kann das Projekt in dieser Form nicht realisiert
       werden“, räumt Verkehrsstaatssekretär Johannes Wieczorek (CDU) in einer
       Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje
       Kapek jetzt erstmals ein.
       
       Dabei ist es gerade zwei Wochen her, [1][dass die BVG mit großem Brimborium
       den „Startschuss“ für die nur 800 Meter lange Neubaustrecke zum S-Bahnhof
       Mexikoplatz gefeiert hat]. Der Spatenstich Ende April galt zwar erst mal
       nur dem Neubau einer U-Bahn-Abstellanlage hinter der jetzigen Endstation
       Krumme Lanke.
       
       Trotzdem nutzte unter anderem der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU)
       die Gelegenheit, um den beherzten Anpacker zu geben. Zu lang schon sei über
       U-Bahn-Verlängerungen diskutiert worden. „Wir sprechen nicht darüber, wir
       machen das gemeinsam mit der BVG“, erklärte Wegner.
       
       ## Keine Aussage zum Zeitplan
       
       Kapek nennt den Spatenstich auch mit Blick auf die Antwort auf ihre Anfrage
       „eine Meisterleistung an Absurdität“. Tatsächlich gibt ihr die
       Verkehrsverwaltung nun schriftlich, dass nicht mal klar ist, wann mit einem
       für den Bau benötigten Planfeststellungsbeschluss zu rechnen ist.
       Stattdessen heißt es von Staatssekretär Wieczorek: „Hierzu kann zum
       jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden.“
       
       Eigentlich war der Beschluss für diesen Sommer angekündigt. Angesichts der
       fast 900 eingereichten und noch zu erörternden [2][Einwendungen gegen die
       U3-Verlängerung in Zehlendorf] durfte das schon zuvor als nahezu
       ausgeschlossen gelten.
       
       Umso wichtiger sei es, dass der Senat in dieser Hinsicht aus dem Quark
       kommt, findet Antje Kapek. „Statt aufgeblasener Fototermine erwarten wir
       vom Senat echte Ergebnisse für dieses wichtige Bauvorhaben, das die
       Anbindung im Berliner Südwesten maßgeblich verbessern könnte“, so die
       verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.
       
       ## Nur knapp über dem Durst bei der Wirtschaftlichkeit
       
       Hinzu kommt die Sache mit dem Geld. Denn die U3-Verlängerung ist abgesehen
       von der Abstellanlage bisher nicht finanziert. Das in schweren Finanznöten
       steckende Land Berlin und [3][das ebenso mies dastehende Landesunternehmen
       BVG] hoffen zwar auf Fördermittel des Bundes. Doch die gibt es – wenn
       überhaupt – nur bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit. Die Kosten für das
       Projekt dürfen am Ende den erwarteten Nutzen also nicht überschreiten. Und
       genau an dem Punkt wird es kritisch.
       
       Schließlich geht die BVG von nur 12.000 Fahrgästen aus, die täglich auf der
       neuen Ministrecke unterwegs sein werden. Zum Vergleich: Selbst die mit
       Abstand am schlechtesten frequentierte Berliner U-Bahn-Linie – die U4 vom
       Nollendorfplatz zum Innsbrucker Platz – [4][kam zuletzt mit täglich 13.800
       Nutzer:innen auf ein höheres Fahrgastaufkommen].
       
       Dennoch wurde das U3-Projekt von offizieller Seite stets als wirtschaftlich
       eingestuft. BVG und Senat veranschlagen hierfür 104 Millionen Euro. Bliebe
       es dabei – woran Kritiker:innen zweifeln –, käme man beim sogenannten
       Nutzen-Kosten-Index immerhin über den für eine Bundesförderung notwendigen
       Wert 1. Wenn auch nur äußerst knapp.
       
       Das Problem sind aber insbesondere die zahlreichen Einwendungen, über die
       die unabhängige Planfeststellungsbehörde irgendwann befinden wird. Nicht
       alle davon dürften zurückgewiesen werden. „Das ist nicht trivial, mögliche
       Bedenken dieser Behörde zu überwinden“, sagt ein Kenner der Materie zur
       taz. „Bei dieser knappen Nutzen-Kosten-Kiste kann schon ein zusätzlicher
       Aufzug am Mexikoplatz das Aus für die Bundesförderung bedeuten.“
       
       Ob Kai Wegner es nun gemeinsam mit der BVG machen will oder nicht: Das
       Projekt wäre vorerst gestorben.
       
       13 May 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] /Langfristprojekte-bei-S--und-U-Bahn/!5995577
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   DIR [4] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-22371.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
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