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       # taz.de -- Kinotipp der Woche: Im Bann der Ikone
       
       > Chers Autobiografie braucht mehr als einen Band. Gayle Tufts präsentiert
       > im Klick-Kino Teil eins, anschließend läuft der Cher-Klassiker
       > „Mondsüchtig“.
       
   IMG Bild: Der Mond macht alle verrückt in „Mondsüchtig“ (Regie.: Norman Jewison, USA 1987)
       
       Wirkliche Größen der Zeitgeschichte bekommen ihre Memoiren nicht in ein
       einziges Buch gepackt. Deswegen erzählt die übergroße Sängerin,
       Schauspielerin und Queer-Ikone Cher ihr wildbewegtes Leben in zwei Bänden,
       von denen [1][der erste vor kurzem auch auf Deutsch erschienen ist] und
       chronologisch Mitte der Siebziger endet. Da ist Cher gerade mal 30 Jahre
       alt, aber natürlich längst ein Superstar. Wie es aus Sicht der Diva, die
       sich auch danach immer wieder neu erfand und Trends setzte, weiterging,
       wird man dann im zweiten Band erfahren, der noch in diesem Jahr erscheinen
       soll.
       
       Die vielleicht bekannteste Amerikanerin in Berlin, die Entertainerin Gayle
       Tufts – bekennender Cher-Fan –, wird Teil eins am 18. Mai im Klick Kino
       präsentieren. Und danach wird einer der wunderbarsten Filme gezeigt, an
       denen Cher je beteiligt war und in dem sie auch ihren größten Skeptikern
       beweisen konnte, dass sie eine mindestens so begnadete Schauspielerin wie
       Sängerin war oder besser gesagt: ist. Für „Moonstruck“ („Mondsüchtig“,
       1987) des Regisseurs Norman Jewinson bekam sie als Hauptdarstellerin sogar
       den Oscar überreicht.
       
       Der Film ist so zeitlos wie Cher selbst, die in ein paar Tagen angeblich 79
       Jahre alt wird, aber heute gar nicht so viel anders aussieht als zu der
       Zeit, in der sie in „Mondsüchtig“ eine 37 Jahre alte Witwe aus einer
       italienischen Familie in Brooklyn spielte. Die sich unerwartet in den
       Bäckermeister Ronny verliebt, der von Nicolas Cage dargestellt wird.
       
       Der Film ist eine romantische Komödie vom Feinsten, nie kitschig, dafür
       immer campy, weil viel zu durchgeknallt, um eine reine Schmonzette zu sein.
       Da ist ständig dieser Mond über Brooklyn, von dem die Protagonisten und
       Protagonistinnen des Films glauben, dass er das Leben und die Wege der
       Liebe lenkt und über den Dean Martin in seinem „That´s amore“ singt, dass
       er aussehe wie ein großes Stück Pizza.
       
       Und Ronny, den Cage eigentlich als harten Kerl mit Dackelblick verkörpert,
       liebt überraschenderweise die Oper und besonders Puccinis „La Bohème“. Und
       wenn er sich einmal verliebt, das macht er der von Cher verkörperten
       Loretta schnell klar, dann lässt er einfach nicht mehr locker.
       
       Diese Loretta kann eigentlich nicht bei Ronny hängenbleiben, redet sie sich
       ein, auch wenn sie nach dem ersten stürmischen Aufeinandertreffen sofort
       mit diesem im Bett landet. Schließlich hat sie sich gerade erst verlobt und
       zwar nicht mit irgendjemandem, sondern ausgerechnet mit dessen älterem
       Bruder, der zwar ein langweiliger Spießer ist, aber bürgerliche Sicherheit
       bietet.
       
       Das Komische ist nur, dass selbst ihr eigener Vater den Verlobten eher für
       einen ausgemachten Schussel hält – und als dann der wilde Ronny den Eltern
       präsentiert wird, diese mit dieser Wahl viel zufriedener scheinen. Der Film
       bietet zig derartige Wendungen, die ihn zu einem echten Juwel machen.
       
       Besonders gut dürfte Cher gefallen haben, dass sie in diesem anfangs noch
       eine Frau darstellen musste, die sich schon damit abgefunden hat, dass sie
       nicht mehr die Allerjüngste ist und deswegen froh zu sein hat, wenn sie
       überhaupt noch einmal jemanden abbekommt. Doch dann kommt eben Ronny, und
       die Witwe darf sich nun in einen unwiderstehlichen Vamp mit Löwenmähne
       verwandeln, um den Mann zu erobern, von dem sie sich einredet, dass sie ihn
       gar nicht erobern darf.
       
       Aber eigentlich können die Figuren in diesem Film eh anstellen und
       vorhaben, was sie wollen. Sie haben ihre Schicksale sowieso nicht in den
       eigenen Händen. Diese werden von diesem riesigen Mond gelenkt, der aussieht
       wie ein Stück Pizza.
       
       14 May 2025
       
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