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       # taz.de -- Keine politischen Parteien mehr in Mali: „Entnazifizierung“ im Putin-Stil
       
       > Malis Militärregierung löst alle Parteien und Verbände auf und verbietet
       > ihre Aktivitäten. General Goita wird Präsident für die nächsten fünf
       > Jahre.
       
   IMG Bild: „Die politischen Parteien aufgelöst“: Titelseite der staatlichen Tageszeitung L'Essor in Mali, 14. Mai
       
       Berlin taz | In Mali ist freie politische Betätigung zukünftig nicht mehr
       möglich. Nachdem die Militärregierung vergangene Woche alle Aktivitäten von
       Parteien wie auch politische Aktivitäten überhaupt „bis auf Weiteres
       suspendiert“ hatte, geht sie nun den allerletzten Schritt und löst
       sämtliche Parteien und „Organisationen politischen Charakters“ auf. Das
       Verbot gelte landesweit, heißt es [1][in dem Dekret], das das
       Regierungskabinett am Dienstag annahm.
       
       „Die Maßnahme hat Übergangspräsident General Assimi Goita per Dekret
       getroffen“, heißt es auf der [2][Titelseite der Regierungszeitung L’Essor]
       am Mittwoch über einem großen Foto von General Goita. „Fortan sind in
       unserem Land alle Versammlungen von Mitgliedern politischer Parteien und
       Organisationen politischen Charakters verboten. Die Nichteinhaltung der
       Bestimmungen dieses Dekrets setzt die Urheber und Komplizen der
       Strafverfolgung gemäß den geltenden Gesetzen aus.“
       
       Das Verbot „beeinträchtigt nicht die Demokratie und das
       Mehrparteiensystem“, heißt es in dem Dekret, bevor präzisiert wird, dass
       nicht nur jegliche Treffen von Parteimitgliedern verboten seien, sondern
       auch deren „Begünstigung“, etwa durch Bereitstellung von Räumen „oder jedes
       anderen Mittels zu politischen Zwecken“. Aufgelöste Organisationen dürften
       auch keiner anderen politischen Aktivität nachgehen. Worin „politische
       Aktivität“ oder „politischer Charakter“ genau besteht, wird nicht näher
       erläutert.
       
       Versteckt im Dekret ist die Ankündigung, dass General Assimi Goita ab
       sofort nicht „Übergangspräsident“ ist, sondern „Präsident der Republik“ mit
       einer Amtszeit von fünf Jahren, die beliebig verlängert werden kann. Unter
       Führung des damaligen Spezialkräftekommandeurs Goita hatte sich Malis Armee
       2020 an die Macht geputscht und mit einem zweiten Putsch 2021 Goita an die
       Staatsspitze gehievt. Alle seither versprochenen Fristen für eine Rückkehr
       zur Demokratie sind seitdem verstrichen. Mit den jüngsten Bestimmungen ist
       Goitas Militärherrschaft nun unwiderruflich auf Dauer installiert, ohne den
       Umweg über Wahlen.
       
       ## Weitere Annäherung an Russland
       
       Die politische Verhärtung in Mali geht einher mit einer weiteren
       Verstärkung der [3][Zusammenarbeit mit Russland], das bereits seit Jahren
       Kämpfer der privaten [4][Söldnergruppe Wagner und ihrer Nachfolgeverbände]
       in Mali zum Kampf stationiert hat. Am 9. Mai nahm Malis
       Versöhnungsminister, General Ismael Wagué, in der russischen Botschaft in
       Mali an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestages des sowjetischen Sieges
       gegen Nazideutschland 1945 teil [5][und lobte], dank Russland sei man
       dabei, „Mali zu entnazifizieren“.
       
       Wagué hatte im August 2020 den Militärputsch im Fernsehen verkündet. „Wir
       wollen keine Macht, wir wollen die Stabilität des Landes“, [6][hatte er
       damals behauptet].
       
       Wie Malis verbleibende Politiker auf die Auflösung aller Parteien und
       politischen Organisationen reagieren, war am Mittwoch noch nicht
       vollständig klar. Als Erster [7][wagte sich Mountaga Tall aus der Deckung],
       ein Veteran der malischen Politik seit nahezu 40 Jahren und eine
       Führungsfigur der Protestbewegungen, die 2020 den Putsch zunächst begrüßt
       hatten. Der 68-Jährige nannte die Parteienauflösung jetzt in einer
       Erklärung verfassungswidrig und erklärte: „Wir nehmen das nicht hin. Wir
       sagen: Nein!“
       
       Man werde die Gerichte anrufen und dann weitersehen, so Tall. „Keine
       Bedrohung meiner körperlichen oder moralischen Unversehrtheit wird daran
       etwas ändern, auch kein böswilliges Gerücht, es gebe einen imaginären Deal
       über meine Ernennung zum Premierminister.“ Zudem wies er darauf hin, dass
       ein Verbot politischer Aktivitäten selbst eine solche sei.
       
       14 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.maliweb.net/politique/conseil-des-ministres/communique-du-conseil-des-ministres-du-mardi-13-mai-2025-3104919.html
   DIR [2] https://admin.journalessor.ml/assets/img/newspappers/1747210393.jpg
   DIR [3] /Russlands-Aussenminister-in-Mali/!5914431
   DIR [4] /Wagner-Nachfolger-in-Afrika/!5998414
   DIR [5] https://x.com/malivox/status/1921298358242599249
   DIR [6] /Umsturz-in-Mali/!5708575
   DIR [7] https://malivox.net/dissolution-des-partis-politiques-nous-ne-lacceptons-pas-nous-disons-non-mountaga-tall/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
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