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       # taz.de -- Castortransporte nach Ahaus: Wachsende Wut auf Grüne
       
       > Mona Neubaur, Vize-Ministerpräsidentin von NRW, beteuerte stets, sie
       > könne Atommüll-Transporte nicht verhindern. Ein Schreiben aus Berlin
       > stellt klar: Es ginge.
       
   IMG Bild: Sehen ganz schön echt aus, sind aber bei weitem nicht so gefährlich wie das Original: gelbe Dosen mit Atomlogo für den Protest
       
       Bochum taz | Nordrhein-Westfalens schwarz-grüne Landesregierung könnte die
       [1][drohenden hochradioaktiven 152 Castor-Transporte vom ehemaligen
       Kernforschungszentrum Jülich ins Zwischenlager Ahaus] offenbar problemlos
       stoppen. Das geht aus einer Antwort des Bundesforschungsministeriums auf
       eine Frage des Bundestagsabgeordneten Fabian Fahl von der Linken hervor,
       die der taz vorliegt.
       
       Mit Datum vom 17. April schreibt die durch den Regierungswechsel in Berlin
       mittlerweile ersetzte grüne Staatssekretärin Claudia Müller darin, der
       Haushaltsausschuss des Bundestags habe schon 2022 erklärt, er fordere „die
       kostengünstigere Verbringung der Brennelemente nach Ahaus“ für den Fall, in
       dem das Land Nordrhein-Westfalen „die Mehrkosten eines Neubaus in Jülich
       nicht tragen möchte“. Allerdings: „Eine solche Absichtserklärung seitens
       des Landes NRW ist der Bundesregierung nicht bekannt“, so Müller. Die Grüne
       wendet sich damit gegen die Linie ihrer Parteifreundin Mona Neubaur, die
       als Landeswirtschaftsministerin in NRW für die Atomaufsicht zuständig ist.
       
       CDU und Grüne, die das bevölkerungsreichste Bundesland seit 2022 gemeinsam
       regieren, versicherten [2][bereits in ihrem Koalitionsvertrag], sie wollen
       sich für eine „Minimierung von Atomtransporten“ einsetzen. Dies gelte
       besonders für die Transporte aus dem rheinischen Jülich ins rund 180
       Kilometer entfernte Ahaus im nördlichen Münsterland.
       
       Allerdings erklärt Vize-Ministerpräsidentin Neubaur gebetsmühlenartig, ihr
       fehlten die politischen Mittel, die Castor-Transporte mit rund 300.000
       hochradioaktiven Brennelementen aus dem Reaktor des ehemaligen
       Kernforschungszentrum zu verhindern: Diese Entscheidung liege allein bei
       der von Bund und Land finanzierten Jülicher Entsorgungsgesellschaft für
       Nuklearanlagen (JEN), [3][argumentiert] sie. Die Transportgenehmigung
       erteile das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE).
       Trotz ihrer Rolle als Chefin der NRW-Atomaufsicht seien ihr damit die
       Hände gebunden, beteuert Neubaur.
       
       ## Falsche Gefahrenabwehr
       
       Umweltschützer:innen und Atomkraftgegner:innen bezweifeln das
       allerdings seit Jahren. Neubaurs Argumentation grenze „an
       Desinformationspolitik“, kritisierte etwa die stellvertretende
       Landesvorsitzende des Umweltschutzverbands BUND, [4][Kerstin Ciesla, im
       taz-Interview] schon im Januar 2024 – was durch das Schreiben jetzt noch
       einmal bestätigt wurde.
       
       Tatsächlich sprechen nicht nur Sicherheitsbedenken gegen die
       hochradioaktiven Atommülltransporte, die per Lkw in bis zu 152
       Einzelfahrten über Autobahnen mitten durch die Landeshauptstadt Düsseldorf
       und das dichtbesiedelte Ruhrgebiet abgewickelt werden sollen. Angeordnet
       wurde die Verlagerung schon 2014 wegen Erdbebengefahr – doch spätestens
       seit Oktober 2023 ist klar: [5][Die angebliche Gefahr besteht gar nicht].
       
       Dazu kommt: Das Lager in Ahaus gilt keineswegs als sicherer als ein dem
       heutigen Stand der Technik entsprechender Neubau in Jülich. „Wie [6][alle
       deutschen Zwischenlager ist Ahaus nicht ausreichend gegen Terroranschläge
       und Flugzeugabstürze gesichert], hat deshalb nur eine Betriebsgenehmigung
       bis 2034“, warnt etwa Felix Ruwe von der Initiative „Kein Atommüll in
       Ahaus“ immer wieder.
       
       Außerdem ist die Lebensdauer der mehr als 30 Jahre alten Castoren begrenzt.
       Vor einer möglichen Endlagerung müssten die Reaktor-Brennelemente daher in
       andere Behälter umgeladen werden. Doch eine dafür notwendige heiße Zelle
       existiert zwar in Jülich – nicht aber in Ahaus. „Ich bin wirklich besorgt“,
       sagt deshalb nicht nur der aus Aachen bei Jülich stammende linke
       Bundestagsabgeordnete Fabian Fahl. „Allein wegen der Kosten können wir
       solche Sicherheitsrisiken nicht auf uns nehmen.“
       
       ## Wie so oft fehlt Geld
       
       André Stinka, im Düsseldorfer Landtag für die oppositionelle SPD Mitglied
       im Umwelt- und im Wirtschaftsausschuss, spricht sogar von einem „kompletten
       Versagen der grünen Landtagsfraktion – und von Ministerin Neubaur“. Um die
       Atommülltransporte wie versprochen zu verhindern wolle, müsse die Koalition
       eben „Eigenkapital“ für den Zwischenlager-Neubau in Jülich bereitstellen.
       „Alternativ muss die Landesregierung endlich ehrlich mit den
       Bürger:innen kommunizieren“, fordert Stinka. „Und sagen: Trotz einem 107
       Milliarden schweren Landeshaushalt haben wir das Geld dafür nicht.“
       
       Entsprechend groß ist mittlerweile die Wut von Umweltschützer:innen.
       Schließlich soll schon am kommenden Montag in Ahaus der Umbau eines
       Kreisverkehrs, der für die 130 Tonnen schweren Castor-Lkws nötig ist,
       wieder aufgenommen werden. NRWs grüner Umwelt- und Verkehrsminister Oliver
       Krischer hatte ihn [7][im Januar wohl auch mit Blick auf die Bundestagswahl
       gestoppt].
       
       Mit einem „Castor-Aktionstag“ wollen Anti-Atom-Initiativen am Montagmorgen
       dagegen protestieren. „Wir sind stinksauer, wie die grünen
       Minister:innen Atompolitik umsetzen“, sagt Matthias Eickhoff vom
       Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen: „Sie treiben die
       Vorbereitungen für die größte Transportserie von hochradioaktivem Atommüll
       in der Geschichte der Bundesrepublik voran.“
       
       15 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Atomkraft-in-NRW/!6066804
   DIR [2] https://www.cdu-nrw.de/sites/www.neu.cdu-nrw.de/files/zukunftsvertrag_cdu-grune.pdf
   DIR [3] https://www.wirtschaft.nrw/themen/energie/atomaufsicht/zwischenlagerung/faq-probetransport-und-kalthandhabung)
   DIR [4] /BUND-ueber-Atommuell-Fahrten-durch-NRW/!5980047
   DIR [5] /Protest-gegen-Castor-Transporte/!5968470
   DIR [6] /Schutz-reicht-nicht-aus/!6064867
   DIR [7] /Streit-um-neue-Castor-Transporte/!6058427
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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