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       # taz.de -- Neue Steuerschätzung: Kein Traumstart für Klingbeil
       
       > Bis 2029 muss der Bund wohl mit 33 Milliarden Euro weniger auskommen. Für
       > den neuen SPD-Finanzminister ist das keine gute Nachricht.
       
   IMG Bild: Muss mit deutlich weniger Steuereinnahmen auskommen als bisher erwartet: Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen
       
       Berlin taz | Solche Zahlen erfreuen Bundesfinanzminister Lars Klingbeil
       (SPD) nicht. In diesem und den nächsten Jahren wird der Bund wohl deutlich
       weniger Steuereinnahmen erzielen als bisher erwartet. Zwischen 2025 und
       2029 dürften gut 33 Milliarden Euro fehlen. Das ist das Ergebnis der ersten
       Steuerschätzung, die Klingbeil als Minister am Donnerstag erhielt.
       
       Die Bundesländer verbuchen demnach in den kommenden fünf Jahren ein Minus
       von 26,4 Milliarden Euro – im Vergleich zur zurückliegenden Steuerschätzung
       von Oktober 2024. Für den Staat insgesamt sollen die Steuereinnahmen um gut
       80 Milliarden Euro unter dem bisher erwarteten Niveau liegen. Positiv dabei
       ist, dass die Erträge trotzdem Jahr für Jahr weiter wachsen, allerdings
       langsamer als früher.
       
       Mit diesen Zahlen muss Klingbeil nun den Haushaltsplan für das laufende
       Jahr vorbereiten, den er Ende Juni ins Bundeskabinett und vor der
       Sommerpause in den Bundestag bringen will. Dabei ist der Etat für 2025
       wahrscheinlich noch eine leichtere Übung, denn angesichts der vorläufigen
       Haushaltsführung stand das Finanzministerium bei den Ausgaben auf der
       Bremse. Außerdem kann der Bund angesichts der lahmen Konjunktur einen etwas
       höheren Verschuldungsspielraum in Anspruch nehmen.
       
       Ab dem Haushalt 2026 dürfte sich die Aufstellung des Etats aber schwieriger
       gestalten. Dann muss der Finanzminister Mittel für die Vorhaben der neuen
       Koalition bereitstellen. Einige davon erwähnte Klingbeil in seiner Rede im
       Bundestag am Donnerstag, beispielsweise die geplanten Sonderabschreibungen
       von 30 Prozent auf Ausrüstungsinvestitionen. Unternehmen zahlen damit
       weniger Steuern, was einige Milliarden Euro kosten könnte. Ein weiteres
       kostenträchtiges Vorhaben ist die Senkung der Stromkosten für
       Privathaushalte und Unternehmen. Auch dafür muss die Bundesregierung ein
       paar Milliarden Euro aufwenden.
       
       ## Kostspielige Versprechen
       
       Und [1][mit ähnlichen Plänen] soll es in den kommenden Jahren weitergehen.
       Union und SPD haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen verständigt, die
       Körperschaftssteuer auf Firmengewinne zu reduzieren. Auch eine Reform der
       Einkommensteuer ist angedacht. Zweistellige Milliardenbeträge dürften
       alleine deshalb in späteren Bundeshaushalten fehlen. So warnte Klingbeil
       denn die Regierungsfraktionen und anderen Ministerien: „Wir sind auch
       verpflichtet zu konsolidieren“, soll heißen zu sparen. Nicht alle Wünsche
       ließen sich „sofort finanzieren“.
       
       Andererseits gibt es die Verabredung, die Schuldenbremse im Grundgesetz zu
       „modernisieren“. Davon werden vor allem die Bundesländer profitieren, die
       sich künftig, im Gegensatz zu heute, in gewissem Rahmen verschulden dürfen.
       Vielleicht lässt sich aber auch ein zusätzlicher Spielraum für den Bund
       herausholen. Klingbeil kündigte eine Expertenkommission an, die bis Ende
       2025 Ergebnisse vorlegen soll.
       
       Allerdings hat sich die neue Bundesregierung sowieso einen großen Vorteil
       verschafft, von dem die vorhergehende Ampel-Koalition nicht profitieren
       konnte: Die Schuldenbremse wurde schon erheblich gelockert. Zusätzlich zu
       den normalen Einnahmen steht nun ein schuldenfinanziertes [2][Sonderbudget
       von 500 Milliarden Euro] zur Verfügung. „Ich möchte das Finanzministerium
       zum Investitionsministerium machen“, betonte Klingbeil deshalb. Das
       zusätzliche Geld soll unter anderem in „Schienen, Straßen, Internet, Kitas
       und Wohnungen“ fließen, „um eine neue Dynamik auszulösen“.
       
       Eine neue Dynamik gibt es auch bei den Militärausgaben. Im Gegensatz zu
       bisher will Schwarz-Rot nur noch ein Prozent im Verhältnis zur
       Wirtschaftsleistung aus dem normalen Haushalt finanzieren. Alles was über
       diese gut 40 Milliarden Euro pro Jahr hinausgeht, soll außerhalb der
       Schuldenbremse mit neuen Krediten bezahlt werden. Das stellt eine
       erhebliche Entlastung für Bundesfinanzminister Klingbeil in künftigen
       Haushaltsverhandlungen dar.
       
       15 May 2025
       
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