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       # taz.de -- Aufrüstung: Wadephul stößt Milliardendebatte an
       
       > Der CDU-Außenminister prescht mit dem 5-Prozent-Ziel für die Nato vor.
       > Nicht nur Finanzminister Klingbeil versucht ihn zu bremsen.
       
   IMG Bild: Ganz schön teure Angelegenheit: Tag der Bundeswehr 2023 in Brandenburg
       
       Antalya/Berlin taz | Außenminister Johann Wadephul sorgt mit Forderungen
       nach deutlich höheren Verteidigungsausgaben für Unverständnis und
       Irritation in der Bundesregierung. Der CDU-Politiker sprach sich am
       Donnerstag während des Nato-Außenministertreffens in Antalya dafür aus,
       dass Deutschland künftig Fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung für
       [1][die Verteidigung] ausgeben solle. Sowohl das Verteidigungsministerium
       als auch das Finanzministerium reagierten zurückhaltend auf den Vorstoß.
       Aus der SPD-Fraktion kam Kritik an dem Außenminister.
       
       Wadephul sagte, Deutschland schließe sich mit dem Vorschlag US-Präsident
       Donald Trump und Nato-Generalsekretär Mark Rutte an, wonach die
       Bündnispartner künftig für fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP)
       für Verteidigung ausgeben sollen. Man stehe voll hinter dem Vorschlag von
       Rutte, sagte der Außenminister. Er bezog sich damit auf die Äußerungen von
       Rutte von vergangener Woche. Der Nato-Generalsekretär sprach davon, [2][ab
       2032 3,5 Prozent des BIP] für direkte Verteidigungsausgaben einzuplanen und
       1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur.
       
       Das Verteidigunsministerium schloss sich den Forderungen Wadephuls nicht
       an. „Für die Verteidigungsfähigkeit ist entscheidend, dass wir uns daran zu
       orientieren, was die Bundeswehr für die volle Einsatzbereitschaft wirklich
       braucht“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage.
       Entscheidend sei dabei, was die Absprachen auf dem Nato-Gipfel im Sommer
       ergäben. Sie verwies zudem auf die bereits beschlossene Lockerung der
       Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben. Die Voraussetzungen für höhere
       Ausgaben sei vorhanden.
       
       Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) wollte seinen Kabinettskollegen
       bremsen. „Ich rate dazu, dass jetzt niemand vorprescht und über Zahlen
       spekuliert“, sagte der SPD-Co-Chef dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
       Union und SPD hätten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass massiv in
       die Bundeswehr und in die Verteidigungsfähigkeit investiert werde. „Im Juni
       wird es dafür beim nächsten Nato-Gipfel eine gemeinsame Linie mit unseren
       Partnern geben. Daran werden wir uns orientieren, das wird die Richtschnur
       für die Bundesregierung sein“, fügte Klingbeil hinzu.
       
       ## Unverständnis aus der SPD-Fraktion
       
       „Viel relevanter als eine erneute Diskussion um abstrakte Prozentquoten ist
       doch, dass Deutschland seine militärischen Verpflichtungen innerhalb der
       Nato erfüllt“, erklärte die stellverstretende Vorsitzende der
       SPD-Bundestagsfraktion, Siemtje Möller. Der SPD-Verteidigungsexperte und
       Bundestagsabgeordnete Falko Droßmann sagte: „Wir sollten nicht abstrakt
       über einzelne Prozente diskutieren, sondern konkret über militärische
       Fähigkeiten.“ Es gelte das zu beschaffen, was die Bundeswehr auch wirklich
       verteidigungsfähig mache. „Das kann dazu führen, dass wir in einem Jahr
       Fünf oder sogar Sechs Prozent des BIP für unsere Sicherheit investieren
       müssen, im nächsten aber vielleicht nur Drei Prozent sinnvoll ausgegeben
       werden können.“
       
       Die Opposition mahnte die Bundesregierung dazu an, ein Sicherheitskonzept
       vorzulegen. „Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für [3][das Militär]
       ist kein ausgereiftes sicherheitspolitisches Konzept, sondern der Einstieg
       in eine kopflose Aufrüstungsspirale“, sagte die außenpolitische Sprecherin
       der Grünen, Deborah Düring, der taz. Stattdessen brauche es ein Konzept,
       das sich an dem orientiere, was tatsächlich gebraucht werde.
       „Internationale Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch, in
       gesellschaftliche Resilienz, Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit und
       humanitäre Hilfe zu investieren.“
       
       Für den Rüstungsexperten bei Greenpeace, Alexander Lurz, stellen sich
       praktische Fragen. „3,5 Prozent des BIP allein für die Bundeswehr, also
       über 150 Milliarden Euro pro Jahr, sind kurzfristig nicht sinnvoll
       auszugeben“, sagte er. Um so viel Material einzusetzen, fehlten der
       Bundeswehr die Kapazitäten. „Sich bei Trump einzuschmeicheln, um ihn zum
       Nato-Gipfel zu locken, indem man dessen Fünf Prozent-Forderung nachgibt,
       ist nicht nur wenig souverän. Am Ende kann Deutschland mit einer
       gigantischen Verpflichtung dastehen, ohne dass etwas im Gegenzug garantiert
       ist.“
       
       15 May 2025
       
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