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       # taz.de -- Demonstration für Lorenz A.: Eine Stadt trauert
       
       > Am Freitag gedachten 10.000 Menschen in Oldenburg des von einem
       > Polizisten erschossenen Lorenz A. Angehörige fordern eine lückenlose
       > Aufklärung.
       
   IMG Bild: 10.000 Menschen demonstrierten in Solidarität mit dem von der Polizei erschossenen Lorenz A. und forderten Aufklärung
       
       Oldenburg taz | [1][Auf der Bühne in der Oldenburger Innenstadt stehen
       Angehörige und die engsten Freunde von Lorenz A.] Vor ihnen haben sich
       10.000 Menschen versammelt. Für eine Minute ist es komplett still. Man hört
       die Vögel zwitschern. Die Menschen gedenken dem 21-Jährigen Schwarzen, den
       ein [2][Polizist] in der Nacht auf Sonntag von hinten erschossen hat,
       nachdem er Reizgas versprüht haben soll.
       
       „Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Polizeigewalt in Deutschland. Wir
       wollen wissen, was genau in jener Nacht passiert ist“, fordert Suraj
       Mailitafi, Sprecher der Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“. Die Bodycams
       aller beteiligten Polizist:innen waren ausgeschaltet. „Wir wollen uns
       nicht daran gewöhnen, dass Menschen, People of Color, durch Polizeigewalt
       getötet werden.“
       
       Der Fall sorgt bundesweit für Anteilnahme. In Berlin, München, Hannover und
       anderen Städten finden zur gleichen Zeit ebenfalls Gedenkveranstaltungen
       für Lorenz A. statt.
       
       Vor der Bühne haben sich die Kameraleute positioniert. Das Medieninteresse
       ist groß. Eine Freundin von Lorenz' Mutter spricht als erste: „Danke an
       euch, die seit Sonntag an der Stelle, wo Lorenz getötet wurde, stehen und
       ihn nicht alleine lassen. Danke an die Freunde, die sein Blut am
       Sonntagmorgen von der Straße gewaschen haben.“ Sie ringt mit den Tränen.
       Die Mutter selbst kann nicht teilnehmen: „Sie kann nicht trinken. Sie kann
       nicht essen. Sie kann nicht schlafen. Sie kann den Schmerz, die Wut und die
       Trauer kaum ertragen.“ In den letzten Tagen hat die Freundin mit vielen
       Müttern gesprochen, die, wie sie selbst, Schwarze Kinder haben: „In ihren
       Augen, in ihren Tränen, in ihren Herzen – die gleiche Angst und der gleiche
       Schmerz.“ Sie alle seien betroffen: „Das muss ein Ende haben.“
       
       ## Friedliche Demonstration
       
       „Lorenz war wie mein Bruder. Er war Familie für mich“, sagt ein enger
       Freund in seiner Rede und ringt nach Luft. „Und jetzt ist er weg. Nicht
       weil er krank war. Nicht weil das Schicksal geschlagen hat. Sondern weil
       die Polizei ihn erschossen hat.“
       
       Er wolle nicht, dass sein Freund zu einer Statistik werde. „Ich will nicht,
       dass sein Name vergessen wird“, fährt er fort und gibt den Teilnehmenden
       eine Botschaft mit: „Passt auf eure Leute auf. Seid da, fragt nach, zeigt
       Liebe – solange ihr könnt. Niemand kann garantieren, dass ihr morgen noch
       die Chance dazu habt.“
       
       Auch Angehörige von [3][Mouhamed Dramé], der in Dortmund 2022 von einem
       Polizisten erschossen wurde, und [4][Oury Jalloh, der in einer Dessauer
       Polizeizelle gefesselt verbrannte,] sind angereist und halten Reden. Die
       Demonstration im Anschluss verläuft friedlich.
       
       „Wir sind sehr froh, dass so viele Menschen unserem Aufruf gefolgt sind.
       Das zeigt eine krasse Solidarität. Nicht nur hier in Oldenburg, sondern
       deutschlandweit“, sagt Mailitafi nach Ende der Veranstaltung. „Diese
       Demonstration gibt der Familie in diesen schwierigen Zeiten hoffentlich
       viel Kraft.“ Sie sei aber nur der Anfang: „Wir müssen weiter für
       Gerechtigkeit kämpfen. Für Lorenz und für andere Opfer von Polizeigewalt.“
       
       ## Ein Raum für Trauer und Wut
       
       Viele in Oldenburg kannten Lorenz. Der Gedenkort für ihn in der Oldenburger
       Innenstadt erstreckt sich inzwischen über 20 Meter. Immer mehr Kerzen,
       Blumen und persönliche Andenken kommen dazu. Viele Teilnehmer:innen
       legen ihre Demo-Schilder daneben.
       
       „Jetzt gerade sind da viele Kamerateams“, beobachtet die Pfarrerin Jennifer
       Battram-Arenhövel. Trauer war dort in den letzten Tagen nur eingeschränkt
       möglich. Kirchen, soziale Verbände und die Stadt haben auch deshalb einen
       Trauerort eingerichtet: „Ein geschützter Raum um zu weinen, um wütend zu
       sein.“ Jede Person kann kommen und reden.
       
       Bei Anbruch der Nacht sind die Kamerateams verschwunden und enge Freunde
       von Lorenz versammeln sich am Gedenkort. Ein Schild liegt schon länger
       zwischen den Blumen: „Du warst ein Kind dieser Stadt.“ Oldenburg trauert.
       
       26 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Todesschuesse-auf-Lorenz-A-in-Oldenburg/!6080733
   DIR [2] /Essay-zum-Tod-von-Lorenz-A/!6084068
   DIR [3] /Erschossener-Gefluechteter-Mouhamed-Drame/!6054353
   DIR [4] /Oury-Jalloh/!t5024194
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Aljoscha Hoepfner
       
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