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       # taz.de -- BSW-Parteitag in Thüringen: Katja Wolf setzt sich wieder durch
       
       > Sahra Wagenknecht hat dem Landesverband in Thüringen einen neuen Vorstand
       > empfohlen. Doch ihre Favoritin verliert deutlich.
       
   IMG Bild: Hat sich erneut gegen Sahra Wagenknecht durchgesetzt: BSW-Landesvorsitzende Katja Wolf
       
       Gera taz | Mit einem leichten Lächeln lehnt Katja Wolf an einem Tresen in
       Geras Kultur- und Kongresszentrum. Aus dem großen Saal neben ihr dringt
       Stimmengewirr. Der Thüringer Landesparteitag des Bündnisses Sahra
       Wagenknecht (BSW) ist an diesem Samstagnachmittag noch in vollem Gange.
       Aber die spannendste Wahl ist schon erledigt: Katja Wolf gegen die von der
       Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht unterstützte Anke Wirsing. Wirsing
       bekam 35 Stimmen, Wolf gewann mit 61 Stimmen.
       
       „Ich freue mich, dass das Ergebnis so klar ist“, sagt die neue und alte
       Landesvorsitzende Wolf. Sie sei erleichtert: „Das war nicht vorhersehbar.“
       Seit das BSW in Thüringen mit der CDU und der SPD eine Regierungskoalition
       eingegangen ist, kritisiert Wagenknecht, schwäche das die Position des BSW
       im Bund. Katja Wolf, die auch Thüringens Vize-Ministerpräsidentin und
       Finanzministerin ist, stand dabei besonders in der Kritik. Nun traten beim
       Landesparteitag in Gera erneut die Konfliktlinien innerhalb des jungen
       Bündnisses hervor – auch wenn sich der Bundesvorstand um eine harmonische
       Erzählung bemüht.
       
       Wagenknecht selbst war dieses Mal nicht beim Landesparteitag in Thüringen
       vor Ort. Den Bundesvorstand vertrat Generalsekretär Christian Leye. Seine
       Ansprache am Morgen, Stunden vor der ersten Wahl, begann er scherzhaft: In
       keinem anderen Bundesland sei er vergangenes Jahr so oft gewesen wie in
       Thüringen, „aber zum Glück ist es sehr schön hier“.
       
       Es gebe allerdings Wähler:innen, die durch die Regierungsbeteiligung in
       Thüringen ihr Vertrauen in die Partei verloren hätten. Die gelte es
       zurückzugewinnen, „und deswegen hat sich die Führung dafür ausgesprochen,
       Regierung und Partei nach Möglichkeit zu trennen“, erklärte Leye. Also:
       Ministerin Wolf solle nicht länger dem Landesverband vorsitzen. In
       Brandenburg will Vizeminister Robert Crumbach seinen BSW-Landesvorsitz
       bereits abgeben.
       
       ## Kritik am BSW-Bundesvorstand
       
       In diesem Zusammenhang sagte Leye, er wolle mit einer Legende aufräumen,
       die ihn ärgere. „Es gibt keinen Machtkampf in der Partei“, betonte er. Im
       Gegenteil, Leye danke dem ehemaligen Vorstand, „der heute abgewählt wird“.
       
       Kurz darauf meldete sich Steffen Schütz zu Wort. Bislang war er neben Wolf
       Co-Vorsitzender des Landesverbands und ursprünglich wollte er an diesem
       Samstag erneut mit ihr antreten. Am Donnerstag kündigte er überraschend an,
       er ziehe seine Kandidatur zurück. Sahra Wagenknecht hatte zuvor öffentlich
       die Gegenkandidaturen zu Wolf und Schütz unterstützt. Gemeinsam mit der
       Landtagsabgeordneten Anke Wirsing kandidierte das eher unbekannte Mitglied
       Matthias Bickel für den Vorsitz.
       
       Auch Schütz ist seit vergangenem Jahr Minister in der Thüringer Regierung.
       Das sei harte Arbeit und mit wenig Privatleben verbunden, führte er auf dem
       Parteitag aus. „Wenig Privatleben bedeutet aber nicht, dass man nicht genug
       Zeit für die Partei hat“, betonte er auf der Bühne.
       
       Wenig später griff Schütz in seiner Rede den Bundesvorstand direkt an: „Es
       ist schön, wenn wir in Talkshows die Einschränkung des Meinungsprojekts
       bekämpfen.“ Wenn der Bundesvorstand diesen jedoch einenge, „dann
       konterkariert das unseren Anspruch“, so Schütz. Von einem Teil der rund 100
       BSW-Mitglieder in Gera gab es für seine Kritik Beifall, ein Mitglied warf
       ihm hingegen in einem Zwischenruf vor, zu spalten.
       
       Bis zur Wahl sprachen sich einzelne Mitglieder in kurzen Redebeiträgen
       entweder für Wirsing oder für Wolf aus. Um kurz nach 15 Uhr war dann das
       Ergebnis da: Sieg für Wolf. Danach zogen neben Matthias Bickel die
       Unterstützer:innen von Wirsing ihre Kandidaturen zurück. Zum
       Co-Vorsitzenden neben Wolf wurde der Weimarer Konzertmeister Gernot Süßmuth
       gewählt. Die Stimmung im Saal entspannte sich merklich.
       
       Christian Leye zeigte sich danach gefasst. Der Bundesvorstand habe sich ein
       anderes Ergebnis gewünscht, erklärte er. „Regierungsamt und Parteiamt zu
       trennen, hätten wir schlauer gefunden.“ Nun müsse der neue Vorstand
       liefern. Leye sei aber sicher: „Wir werden nach wie vor gut miteinander
       arbeiten.“ Den Machtkampf hätten schließlich nur Medien herbeigeschrieben.
       
       Auf taz-Anfrage wollte Katja Wolf dem nicht widersprechen. Lächelnd
       antwortete sie: „Ich freue mich, dass wir in Zukunft ganz sicher eine
       kommunikative Ebene finden, in die Medien keinen Machtkampf
       hineininterpretieren können.“
       
       Für die Thüringer Regierung hat der Sieg von Wolf eine beruhigende Wirkung.
       CDU-Chef und Ministerpräsident Mario Voigt sowie SPD-Chef und Innenminister
       Georg Maier gratulierten direkt am Nachmittag. Von ihrer Parteichefin Sahra
       Wagenknecht hatte Wolf bis zum Redaktionsschluss hingegen noch nichts
       gehört.
       
       26 Apr 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Muschenich
       
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