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       # taz.de -- Papstgedenken in Buenos Aires: Der argentinische Unruhestifter
       
       > Bei den Trauerfeierlichkeiten in Argentiniens Hauptstadt wird des
       > verstorbenen Franziskus gedacht. Der setzte sich dort einst für die Armen
       > ein.
       
   IMG Bild: Trauergäste halten ein Gemälde des Verstorbenen außerhalb der Pfarrkirche der Jungfrau von Caacupé in Buenos Aires
       
       Buenos Aires taz | Mit einer Messe in einem Armenviertel endete in Buenos
       Aires am Samstag die Trauerkarawane für Papst Franziskus. Auf einem
       riesigen Spruchband wurden die Worte „Eine Kirche der Armen für die Armen“
       durch die Straßen der Haupststadt getragen.
       
       Immer wieder fanden Gedenkstopps an Orten statt, die zu Zeiten von Papst
       Franziskus, als er noch Erzbischof Jorge Bergoglio von Buenos Aires war,
       wichtig waren. So endete die Karawane auch an der kleinen Pfarrkirche der
       Jungfrau von Caacupé im Armenviertel „Villa 21-24“, wo er sich mit den
       Curas Villeros, den Priestern in den Armenvierteln, getroffen hatte.
       
       Die überwiegend fröhliche Stimmung war vor allem der großen Zahl junger
       Leute zu verdanken. „Wir sind gekommen, um Unruhe zu stiften“, lachte der
       16-jährige Marco und erinnerte damit an den Ausruf des Papstes „hagan lío –
       stiftet Unruhe“ beim Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro. „Ich glaube, er
       hätte gewollt, dass wir lachen, auch wenn wir traurig sind, dass unser
       Papst nicht mehr da ist“, sagte er.
       
       Während die [1][Trauerfeierlichkeiten in Rom] um 5 Uhr morgens Ortszeit in
       Argentinien begannen, war es vor der Kathedrale in Buenos Aires noch ruhig.
       Einige Gruppen hatten eine Mahnwache abgehalten und warteten auf den Beginn
       der Messe, die auf den Stufen vor der Kathedrale abgehalten wurde. „Ich
       möchte in diesem Moment dabei sein“, sagte eine Trans*-Frau. „Ich bin sehr
       traurig, mich von einem Papst verabschieden zu müssen, der die
       LGBT-Community eingeladen hat, in die Kirche zu kommen“, sagte sie.
       
       ## Rivalität zur reaktionären Organisation Opus Dei
       
       „Franziskus war ein guter Vater für alle, aber am meisten kümmerte er sich
       um die Schwächsten, die Ausgegrenzten, die von der Gesellschaft
       Weggeworfenen“, sagte Jorge García Cuerva zum Auftakt der Messe vor er
       Kathedrale. García Cuerva lebte und arbeitete als Cura Villero in einer
       Armensiedlung, bevor ihn der Papst vor zwei Jahren zum Erzbischof von
       Buenos Aires ernannte.
       
       1978 gründeten acht Priester die Gruppe Padres en Villas Emergencias de la
       Ciudad de Buenos Aires. Sie orientierten sich an der so genannten Theologie
       des Volkes, die sie mit Blick auf das Alltagsleben der einfachen Menschen
       entwickelten, und hielten sich von der katholischen Hierarchie fern. Das
       änderte sich, als Jorge Bergoglio 1998 Erzbischof von Buenos Aires wurde.
       
       Sein Name erscheint nicht auf der Liste der lateinamerikanischen
       Befreiungstheologen. Bergoglio definierte sich nie so, obwohl eine seiner
       ersten Gesten als Papst Franziskus darin bestand, Gustavo Gutiérrez, den
       Begründer der Befreiungstheologie, in den Vatikan einzuladen. Dagegen hat
       sich der Papst mit dem Opus Dei angelegt und versucht, dessen
       eigenmächtiges Agieren innerhalb der katholischen Kirche einzuschränken.
       
       Die Ernennung des Jesuiten Jorge Bergoglio war der erzreaktionären
       Organisation ein Dorn im Auge, zumal die Rivalität zwischen dem
       Jesuitenorden und Opus Dei eine lange Tradition hat. Die Organisation hat
       90.000 Mitglieder in fast 70 Ländern, davon rund 5.000 in Argentinien.
       
       ## Milei: „Bedeutendster Argentinier der Geschichte“
       
       Letzte Woche sollte das Werk Gottes auf seinem Kongress in Rom auf
       Anweisung des Papstes eine Änderung seiner Statuten beschließen. Nach
       seinem Tod endete der Kongress jedoch ohne Beschluss. Stattdessen dürfte es
       jetzt, insbesondere in Argentinien, zu dem Versuch eines Rollbacks kommen.
       Die Positionen der ultrarechten Gemeinschaft zu sozialer Gerechtigkeit,
       gleichgeschlechtlicher Ehe und Geschlechtsidentität sind weitaus
       kompatibler mit denen des libertären Präsidenten Javier Milei als mit denen
       des verstorbenen Papstes.
       
       „Ob einem Papst Franziskus gefällt oder nicht, Jorge Bergoglio ist der
       bedeutendste Argentinier der argentinischen Geschichte“, sagte Präsident
       Milei vor seinem Abflug nach Rom. Dort angekommen, gab er sich versöhnlich.
       Er habe sich beim Papst [2][für seine Beleidigungen] entschuldigt, und der
       hätte sie ihm als jugendliche Fehler verziehen, erklärte Milei erstmals
       öffentlich in einem Interview. Bei den Trauereierlichkeiten saß er
       prominent in der ersten Reihe.
       
       Papst Franziskus bereiste während seiner zwölfjährigen Amtszeit 60 Länder.
       Die Frage, warum er nicht nach Argentinien kam, hat er nie beantwortet.
       Alles darüber ist Spekulation. Als er vor einigen Jahren gefragt wurde, wie
       er sich seinen Tod vorstelle, antwortete er: „Als Papst, entweder im Amt
       oder emeritiert. Und in Rom. [3][Ich werde nicht nach Argentinien
       zurückkehren.]“ Vielleicht schloss García Cuerva seine Rede vor der
       Kathedrale deshalb mit den an den Verstorbenen gerichteten Worten: „Geh in
       den Himmel und stifte von dort hier unten Unruhe.“
       
       27 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Beisetzung-von-Papst-Franziskus/!6084892
   DIR [2] /Papst-Franziskus-und-Milei/!6083783
   DIR [3] https://www.lanacion.com.ar/opinion/entrevista-con-el-papa-a-las-neurosis-hay-que-cebarles-mate-nid26022021/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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