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       # taz.de -- Berliner Galerien: Berlins hohe Mieten machen dem Kunstmarkt zu schaffen
       
       > Wie steht es um den Kunstmarkt? Kurz vor dem Gallery Weekend gab das IFSE
       > erste Einblicke in eine bundesweite Studie über die Situation der
       > Galerien.
       
   IMG Bild: Galerie in Berlin: Es scheint zunehmend schwerer oder weniger attraktiv zu sein, eine Galerie zu gründen
       
       Dieses Wochenende steht es wieder an, [1][das Gallery Weekend Berlin], das
       wichtigste Ereignis der Berliner Galerien. Zur 21. Ausgabe des einst von
       einer kleinen Gruppe Berliner Galerien initiierten Events, um kaufkräftige
       Sammler*innen und Kurator*innen – auch ohne Kunstmesse – in die
       Stadt zu locken und ihnen dort in den eigenen Räumlichkeiten Kunst zu
       präsentieren, wird wieder groß aufgefahren.
       
       Allein auf dem offiziellen Programm stehen 52 teilnehmenden Galerien an 59
       Standorten, mit 80 Künstler:innen. Dazu kommen zahllose kleinere und
       größere Galerien, die ebenfalls Ausstellungen und Veranstaltungen zu diesem
       Termin planen. Alles super auf dem Berliner Kunstmarkt also?
       
       Die Zeichen stehen anders. Schon der alljährlich im Frühling erscheinende
       [2][Art Basel and UBS Art Market Report] wusste vor drei Wochen kaum Gutes
       zu vermelden. Der weltweite Umsatz mit Kunst schrumpfte demnach im Jahr
       2024 um satte 12 Prozent auf 57,5 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Im Jahr
       zuvor hatte der Rückgang nur rund 4 Prozent betragen. 2025 liegt das Niveau
       damit deutlich unter dem von vor der Corona-Pandemie. 2019 hatte der
       globale Umsatz noch 64,1 Milliarden umfasst.
       
       Wie es konkret um die Galerien hierzulande steht, untersucht seit April
       eine bundesweite Befragung des [3][Instituts für Strategieentwicklung
       (IFSE)] gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler
       e.V. (BVDG). Ergebnisse sind für September angekündigt, aber schon jetzt,
       als kleiner Auftakt des Kunstwochenendes präsentierte Hergen Wöbken vom
       IFSE am Dienstag in einem Pressegespräch einen Zwischenstand für die
       bislang erhaltenen Rückmeldungen von Berliner Galerien.
       
       150 Fragebögen seien bundeweit bislang eingegangen, 50 davon aus Berlin.
       Die Stichprobe mag bislang noch nicht sehr groß sein, für eine freiwillige
       Umfrage ist sie aber durchaus beachtlich. Und die Verteilung auf kleinere
       und größere Galerien stimme, so Wöbken.
       
       Im Mittel 26 Jahre alt 
       
       Viel Aufschluss geben die Zahlen vor allem im Vergleich zur [4][letzten
       umfassende Erhebung] zur Lage der Galerien von IFSE und BVDG aus 2020.
       Deutlich ist der Unterschied etwa beim Alter der Berliner Galerien. 2025
       seien diese im Mittel 26 Jahre alt, so heißt es im Bericht, geprägt von
       Gründungen um 2005. Im Jahr 2020 belief sich das mittlere Galerienalter
       indes noch auf 18 Jahren.
       
       „Auf die dynamische Aufbauphase der 1990er Jahre folgte ein Boom der
       Nullerjahre und eine Phase des Wachstums und der Internationalisierung in
       den 2010er Jahren, die nun in eine Konsolidierungsphase der 2020er Jahre
       übergeht,“ so formuliert es Wöbken. Man könnte auch sagen: Es fehlt an
       Nachwuchs.
       
       Offensichtlich scheint es zunehmend schwerer oder weniger attraktiv zu
       sein, eine Galerie zu gründen. „In den ersten Studien war Berlin noch
       geprägt von einer jungen Generation neuer Galerist*innen“, so schreibt
       Wöbken an späterer Stelle. Eine Generationenverschiebung habe bisher nicht
       stattgefunden.
       
       Einer der Gründe für das Ausbleiben von Neugründungen ist sicherlich das,
       was die befragten Galerien als größte Schwäche des Standorts angaben: die
       steigenden Mietpreise. Lange her ist die Zeit, in der es an den
       einschlägigen Galeriestandorten noch Räume zu bezahlbaren Mietpreisen gab –
       oder überhaupt noch Räumlichkeiten.
       
       Steigende Kosten setzen wiederum vor allem kleine und mittlere Galerien
       unter Druck. Die ersten fünf Jahre einer Galerie sind in der Regel auch
       wirtschaftlich die herausforderndsten. Noch härter erscheint es heute,
       nicht nur diese erste Zeit durchzustehen, sondern sich auch dauerhaft am
       Markt zu beweisen.
       
       Sinkender Umsatz, ungleich verteilt 
       
       Was den Umsatz betrifft, so bestätigen die Zahlen aus Berlin den Trend des
       Reports von [5][Art Basel] und UBS. Für 2024 geht das IFSE von einem
       Gesamtumsatz der Berliner Galerien von unter 240 Mio. Euro aus, deutlich
       weniger als 2020. Entscheidend ist dabei, wie sich dieser sinkende Umsatz
       verteilt: „Etwa zwei Drittel der Berliner Galerien erzielen weniger als
       400.000 € Umsatz, während ein Drittel über dieser Schwelle liegen“, heißt
       es in dem Zwischenbericht.
       
       Die wirtschaftliche Hauptleistung werde von der kleineren Gruppe großer
       Galerien getragen, eine Polarisierung, die bereits in der Galerienstudie
       2020 sichtbar war und auch international zu beobachten sei. „Während
       mittlere Galerien in Berlin zunehmend unter wirtschaftlichem Druck stehen,
       behaupten sich größere Galerien eher erfolgreich am Markt und gestalten ihn
       maßgeblich.“
       
       Ein paar wenige Großgalerien machen also weiterhin gute Geschäfte, können
       die ein oder andere Durststrecke ohne größere Schwierigkeiten durchhalten,
       während es bei vielen anderen ums Überleben geht. Nicht nur für diese ist
       das bitter, sondern auch für das Gesamt-Ökosystem Kunst, wo alles
       aufeinander aufbaut und voneinander abhängt. Mehr marktkonforme Kunst,
       weniger Experimente könnte eine Folge davon sein und das ist eine schlechte
       Nachricht für alle, erst recht für das Kunstpublikum.
       
       30 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Frank-Auerbach-Ausstellung-in-Berlin/!6082063
   DIR [2] https://theartmarket.artbasel.com/
   DIR [3] /Prekaere-Lebenslage-von-Kuenstlerinnen/!5499018
   DIR [4] https://ifse.de/Pdf/IFSE_BVDG_Galerienstudie_2020.pdf
   DIR [5] /Kunstmesse-Art-Basel/!6014466
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Scheder
       
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