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       # taz.de -- Missbrauch und Mobbing an Waldorfschulen: Waldorfschulen müssen ihre Kinder besser schützen
       
       > Waldorfschulen sollen Geborgenheit ausstrahlen. Doch was hinter den
       > Kulissen passiert, wird nicht vernünftig aufgearbeitet, findet unsere
       > Kolumnistin.
       
   IMG Bild: Waldorfschulen gelten als Orte der Geborgenheit, dennoch gibt es seit über 100 Jahren Berichte über Gewalt
       
       Ihr Image von Geborgenheit und Nostalgie macht Waldorfschulen attraktiv.
       Während die deutsche Bildungspolitik seit Jahren sichtbar versagt, wächst
       die Sehnsucht von Eltern nach einer herzerwärmenden Bildungsutopie. Bei
       all der liebevollen Waldorfgestaltung wirkt Gewalt unvorstellbar, obwohl
       sie seit über 100 Jahren dokumentiert ist und auch immer wieder [1][in der
       Presse] über Vorfälle berichtet wurde.
       
       2015 hat der Bund der Freien Waldorfschulen endlich eine Beschwerdestelle
       geschaffen, und [2][seit 2022 müssen alle Waldorfschulen ein eigenes
       Schutzkonzept erarbeiten]. Nur, wie wirksam können solche Maßnahmen sein,
       wenn selbst [3][im frisch erschienenen Leitfaden] zu Mobbing
       waldorfspezifische Probleme gar nicht erst benannt werden? Beispielsweise
       bleibt eine Waldorfklasse konzeptionell zwölf Jahre lang beisammen und hat
       die ersten acht Jahre dieselbe Klassenlehrkraft.
       
       Wenn dort eine Dynamik entsteht, unter der einzelne Kinder leiden, gibt es
       keine strukturellen Brüche wie Lehrerwechsel, weiterführende Schulen oder
       ein Kurssystem. Mein Eindruck ist, dass sich eine „Schicksalsgemeinschaft“,
       die über so viele Jahre so eng zusammen geschmiedet werden soll,
       Sündenböcke sucht, um Spannung abzubauen. Konsequenzen blieben, meiner
       Beobachtung nach, insbesondere dann aus, wenn es um bei den Tätern um
       Kinder von reichen, sehr anthroposophischen oder Lehrerfamilien handelt.
       
       Heute scheinen Waldorfschulen mit dem „No-Blame-Aporoach“ zu arbeiten, bei
       dem ich befürchte, dass er eingebettet in die Waldorfpädagogik mit ihrem
       Karmadenken, betroffene Kinder zu wenig schützt. Zudem ist der Druck auf
       die Kinder, alles auszuhalten, besonders groß, denn ein Schulwechsel
       bedeutet oft, auf die „böse Staatsschule“ zu wechseln und eine Klasse zu
       wiederholen.
       
       ## Der Ikea-Effekt wirkt bei den Eltern
       
       Und auf Waldorfeltern wirkt der Ikea-Effekt: Wer etwas mit eigenem Einsatz
       aufbaut, misst ihm einen höheren Wert bei. Sie sind dankbar für den
       Schulplatz, investieren Zeit und Geld – die Distanz schmilzt: Man wird
       stolzer Teil der Schule. Kinder wiederum wollen ihre Eltern ungern
       enttäuschen – und sagen oft lange nichts. Wenden sich Waldorfeltern dann
       doch an die Klassenlehrkraft aka „geliebte Autorität“, wird laut Leitfaden
       zunächst Vertrauen eingefordert. Gelingt das nicht, kann die Waldorfschule
       den Schulvertrag einseitig kündigen.
       
       Das Kind muss die Schule oft kurzfristig verlassen. Klare Hierarchien, die
       in Konfliktsituationen greifen, gibt es an den selbstverwalteten
       Waldorfschulen nur selten. Und der Bund der Freien Waldorfschulen ist
       gegenüber seinen Mitgliedsschulen ebenso wenig weisungsbefugt wie die
       staatliche Schulaufsicht. Mehrere Mitglieder der Unabhängigen Kommission
       zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs halten es „für wichtig, das
       Nähe-Distanz-Verhältnis an Schulen in freier Trägerschaft kritisch zu
       reflektieren.
       
       Auch eine gewisse Selbstgenügsamkeit und Abschottung nach außen“ könne „zu
       einem Risikofaktor werden“. Sie sehen „generell bei privaten Schulen, die
       einen hohen elitären Selbstanspruch“ besäßen, „ein hohes Risiko für
       Übergriffe“. Wir müssen uns klarmachen, dass es Schulen ohne Gewalt nicht
       gibt – unabhängig von Ästhetik, Klientel und Schultyp. Wir sollten uns
       nicht von einer gewissen Ästhetik blenden lassen, sondern immer genau
       hinschauen, wie Strukturen und Machtverhältnisse aussehen und wie wir für
       Kinder da sein können.
       
       18 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/pruegel-an-waldorfschule-acht-lehrer-vor-gericht-a-437389.html
   DIR [2] https://www.aufarbeitungskommission.de/service-presse/service/meldungen/sexueller-kindesmissbrauch-und-schule-3-die-elften-werkstattgespraeche/#:~:text=Grunds%C3%A4tzlich%20k%C3%B6nne%20der%20Bund%20Freier,Lehrerinnen%20und%20Lehrer,%20so%20W%C3%B6rner.
   DIR [3] https://www.waldorfschule.de/fileadmin/downloads/Blickpunkte_Reader/Mobbing_Brosch%C3%BCre_Web_2025.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frau Lea
       
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