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       # taz.de -- Preisverleihungen in der Gamingbranche: Wer am besten unterhält, gewinnt das Preisgeld
       
       > Eine aufwendige Preisverleihung vs. ein cozy Indiespielfestival. Unsere
       > Autorin hat beide besucht und zieht daraus Schlüsse für die
       > Gamingbranche.
       
   IMG Bild: Entertainment, auch auf dem „Blauen Teppich“ des Deutschen Computerspielpreises 2025
       
       Der Mann am Empfang drückt mir mein Namensschild in die Hand – „Presse“
       steht da drauf – und fängt heute zum wahrscheinlich 100. Mal an, den
       straffen Plan für den Abend runterzurattern. Ich nicke, kann mir aber
       nichts merken. Dann geht’s in den Vorraum des Palais am Funkturm in Berlin.
       Menschen stehen in kleinen Grüppchen an ein paar Dutzend Stehtischen.
       
       Ich gehe zu einem der Kühlschränke und zerre an der Tür, um eine Cola
       rauszuholen. „Um 18 Uhr erst“, sagt eine Angestellte. Ich schaue auf die
       Uhr. Es ist 17:52. Hmpf. Während ich mir einen Stehtisch aussuche, merke
       ich, wie sich die Fake-Leder-Beschichtung meiner Tasche auflöst und in
       meine Hand krümelt. Bis die Preisverleihung beginnt, dauert es noch zwei
       Stunden, und ich fühle mich wie meine Tasche.
       
       Vergangenen Mittwoch war ich zum ersten Mal bei der Verleihung des
       [1][Deutschen Computerspielpreises.] Die Aufmachung der Show ist ein
       bisschen wie bei den Oscars oder [2][beim ESC]: dramatische Musik,
       Kamerafahrten übers Publikum und jeder zweite Satz der Moderator:innen
       versucht, ein Witz zu sein. Alle hier nehmen sich und die Preise sehr
       wichtig.
       
       Dabei sind die Preisgelder verglichen mit den Produktionskosten eines
       Spiels ein Witz. Ich sehe ein, dass Preisverleihungen wichtig sind, um
       Deutschland als Standort für [3][Entwickler:innenstudios] zu
       stärken. Cool ist auch, dass auch kleine Studios gewinnen können, wenn sie
       zum Beispiel mit ihrem Audio-Design überzeugen. Gleichzeitig hat man das
       Gefühl, es geht bei allen Spielen nur ums Entertainment, sonst nichts. Wer
       am besten unterhält, gewinnt.
       
       ## Mehr LAN-Party als Branchenevent
       
       Dabei können Spiele so viel mehr als unterhalten. Am nächsten Morgen gehe
       ich auf noch eine Gaming-Veranstaltung: das A-Maze Festival im Berliner
       Wedding. Laut Selbstbeschreibung sollen sich hier Künstler:innen und
       Entwickler:innen von Indie-Games treffen. „Indie“ steht für
       independent, also unabhängig. Was ein Spiel dazu macht, ist nicht klar
       definiert. Meistens werden sie von kleinen Studios und mit geringem Budget
       entwickelt.
       
       Auch beim A-Maze bekomme ich erst mal ein Namensschild, auf das ich aber
       dieses Mal selbst meinen Namen und meine Pronomen schreibe. Dann geht’s
       eine Betonrampe hinunter in den Keller. Unten angekommen wirkt alles wie
       eine einzige große LAN-Party. In dem verwinkelten Gebäude stehen Dutzende
       kleine Tischgruppen mit PCs, auf denen man Spiele ausprobieren kann.
       
       Jedes Ausstellungsstück ist interaktiv. Alle zocken irgendwas oder schauen
       anderen dabei zu. Nebenan finden Panels statt. Bei A-Maze sind Spiele mehr
       als Entertainment und mehr als Produkte eines algorithmen- und
       eskapismusgetriebenen Konsums. Spiele dürfen den Status quo hinterfragen,
       sie sollen Menschen zum Denken anregen. Festivals wie A-Maze machen
       Hoffnung. Denn sie zeigen, dass es neben der profitorientierten Gamingwelt
       noch eine andere, kleinere, nichtkommerzielle Welt gibt, die sich selbst
       organisiert. Hier dürfen Spiele anders sein, mit Erwartungen brechen und
       einfach Kunst sein.
       
       18 May 2025
       
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   DIR Alexandra Hilpert
       
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