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       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Zwei Stunden telefonieren und alles bleibt unklar
       
       > Nur ein Gespräch zwischen ihm und Putin werde den Weg zum Frieden ebnen,
       > hatte Trump gesagt. Jetzt haben sie gesprochen – und der Krieg geht
       > weiter.
       
   IMG Bild: Lobt das Gespräch als „ausgezeichnet“ und meint, Putin habe „genug“ vom Krieg und wolle „aufhören“: US-Präsident Donald Trump
       
       Moskau/Kyjiw/Berlin taz | Es seien also zwei Stunden und fünf Minuten
       gewesen, sagt Juri Uschakow, der außenpolitische Berater des Kremls. Er
       sagt es so, als würde es auf jede einzelne Minute ankommen, was der
       russische Präsident Wladimir Putin und sein US-Amtskollege Donald Trump am
       Telefon am Montag besprochen hätten. Es geht um so vieles: Waffenruhe? Ende
       des Krieges in der Ukraine? So zumindest sind die Hoffnungen der Europäer –
       zu große Hoffnungen angesichts dessen, was der Kreml seit mehr als drei
       Jahren immer wieder sagt.
       
       Die durchaus erwartete Ernüchterung auch nach diesem Montag: Putin
       verschafft sich wieder einmal Zeit und kann das Gespräch als „konstruktiv“
       bezeichnen, weil es nach seinen Wünschen vorangeht. Die russische Seite, so
       sagt er nach dem Gespräch, sei bereit, mit der ukrainischen Seite an einem
       „Memorandum“ zu arbeiten: über einen möglichen zukünftigen Friedensvertrag,
       über Zeitpunkte, vielleicht über einen Waffenstillstand, wenn
       „entsprechende Vereinbarungen getroffen“ würden. Es geht also um
       „Möglichkeiten“, es geht um „die Zukunft“ – „mit der Definition einer Reihe
       von Positionen“.
       
       Putin sieht in den Verhandlungen von Istanbul, die vergangene Woche
       zwischen russischen und ukrainischen Delegationen stattfanden und
       scheiterten, ohnehin „die Wiederaufnahme dessen, was 2022 von westlicher
       Seite unterbrochen worden war“.
       
       Für Trump, der 2022 nicht im Amt war, sind die Gespräche von Istanbul
       dagegen etwas Neues gewesen. Für ihn „beginnt der Prozess“, für Putin wird
       dieser „fortgesetzt“. „Ich möchte anmerken, dass das Gespräch sehr
       gehaltvoll und überaus offen war und meiner Meinung nach auch äußerst
       nützlich“, so sagt es Putin, als er gleich nach dem Ende des Telefonats in
       der neuen Musikschule eines Begabtenzentrums in Sotschi vor
       Journalist*innen tritt. So schnell, als wolle er mit seinen
       Ausführungen Trump zuvorkommen.
       
       ## Trump will nicht mehr selbst verhandeln
       
       Für Putin ist das mehrstündige Gespräch [1][in der Tat nützlich]. Er muss
       keine Nachteile durch die Gespräche mit Washington oder auch Kyjiw
       hinnehmen. Er lässt die Ukraine weiter bombardieren und ignoriert die
       Forderungen nach Waffenruhe. Die Ablehnung verpackt er geschickt in
       Ausführungen über die Friedfertigkeit Russlands. So lobt schließlich auch
       Trump das Gespräch als „ausgezeichnet“ und meint, Putin habe „genug“ vom
       Krieg und wolle „aufhören“. Er, Trump, denke, es werde „etwas passieren“,
       und bringt den [2][Vatikan als Austragungsort von Verhandlungen] ins Spiel.
       
       Putin aber hat, wenn überhaupt, nur von einem genug: dass die Position
       Russlands, auch nach Jahren, von seinen „Gegnern“, wie er den Westen gern
       bezeichnet, nicht vernommen werde. Dabei sei diese „klar“, wie er auch nach
       dem Telefonat nochmals betont. „Die Grundursachen des Konflikts müssen
       beseitigt werden“, sagt der Kriegsherr. Diese „Grundursachen“ sind die
       Existenz einer souveränen Ukraine und die 1989/1990 etablierte europäische
       Sicherheitsordnung.
       
       Trump tut so, als überhöre er Putins Begehr nach der Unterwerfung der
       Ukraine. Noch in der vergangenen Woche hatte er nach [3][den gescheiterten
       Gesprächen von Istanbul] erklärt, es werde wohl nur Bewegung in die Sache
       kommen, wenn Putin und er direkt miteinander sprächen. Nachdem er jetzt
       auch in zwei Stunden Gespräch offenbar nichts erreicht hat, zieht er
       zurück: Alles weitere müssten die beiden Kriegsparteien selbst miteinander
       aushandeln, da gehe es um viele Details, die sonst niemand kenne.
       
       Die Ukraine soll also allein den Russen gegenübersitzen, schlimmstenfalls
       mit Trump im Nacken, der immer wieder damit droht, die Waffenlieferungen
       einzustellen.
       
       ## Russland bleibt bei Maximalforderungen
       
       Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte in einer ersten Reaktion noch am
       Montagabend, dass die Ukraine nach wie vor zu einem vollständigen und
       bedingungslosen Waffenstillstand und zu direkten Gesprächen mit Russland
       bereit sei. Gleichzeitig appellierte er an die USA, nicht aus dem
       Verhandlungsprozess auszusteigen.
       
       Sollte Russland weiterhin nicht zu einem Waffenstillstand bereit sein,
       keine Gefangenen freilassen und unrealistische Forderungen stellen, so
       Selenskyj weiter, dann sollten Europa, die USA und die internationale
       Gemeinschaft mit weiteren Sanktionen reagieren.
       
       „Wann werden wir das beenden, Wladimir?“, fragte Trump nach eigenen Angaben
       Putin am Montag. Eine Antwort wird er kaum erhalten haben. Denn für Moskau,
       und das betont der Kreml immer wieder, ist klar: „Wir werden unsere Ziele
       erreichen.“ Wolle Trump dabei helfen, diese „auf friedlichem Wege“ zu
       erlangen, so hatte es der Kremlsprecher Dmitri Peskow vor dem Telefonat
       ausgedrückt, werde der Kreml das „begrüßen“.
       
       Trump machte, zumindest nach seiner eigenen Darstellung, im Telefongespräch
       sein großes Interesse an der Aufnahme enger wirtschaftlicher Beziehungen
       mit Russland deutlich – sofern der Krieg aufhört. Zunächst hat das in
       Moskau nichts bewirkt: Die Maximalforderungen aus Moskau bleiben.
       
       ## In der Ukraine mehr Fragen als Antworten
       
       In der Ukraine sind unterdessen erneut Zivilisten durch russische Angriffe
       verletzt worden. Am Dienstag traf eine russische Drohne Zivilisten während
       der Ausgabe humanitärer Hilfe im Nordosten der Ukraine in der Region Sumy,
       zwei Männer wurden verletzt. Auch in Charkiw schlug eine russische Drohne
       ein, und in Cherson wurden bei einem russischen Angriff auf einen Kleinbus
       fünf Personen verletzt, berichtet das Portal strana.news. Atmosphärisch hat
       sich nach dem Trump-Putin-Telefonat nichts verändert.
       
       In der Ukraine ist man enttäuscht über Trumps Verhalten. „Trump hat die
       rote Linie von Putin in seinem Kopf“, textet auf Facebook der
       Gewerkschaftsaktivist Andrej Ischtschenko. Klarheit habe das Telefonat
       nicht gebracht, meint der Politologe Wolodymyr Fesenko. Nun gebe es mehr
       Fragen als Antworten.
       
       Innerhalb der Ukraine, so Fesenko, gebe es zunehmend Stimmen, die einen
       Ausstieg aus dem Verhandlungsprozess fordern. „Doch ein solcher Schritt
       birgt erhebliche Risiken. Ein Ausstieg aus den Gesprächen wäre genau das,
       was Wladimir Putin anstrebt – und könnte die Beziehungen der Ukraine zu den
       USA empfindlich belasten.“
       
       Leider habe sich nach diesem Telefonat an der Lage im Ukraine-Krieg nichts
       verändert, konstatiert Mychajlo Podoljak, Berater des ukrainischen
       Präsidialamts, auf Telegram. „Die Ukraine bietet weiterhin den einzig
       realistischen Ausweg aus dem Krieg an: einen sofortigen und bedingungslosen
       Waffenstillstand – flächendeckend, dauerhaft, verbindlich“, so Podoljak.
       
       20 May 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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   DIR Bernd Pickert
       
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