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       # taz.de -- Schädlingsplage in Spanien: Wattebäuschchen, die Oliven ersticken
       
       > Der Ölbaumblattfloh quält die Olivenhaine im andalusischen Jaén. Schuld
       > ist mal wieder die Erderhitzung. Eine gute Nachricht gibt es trotzdem.
       
   IMG Bild: Ein Olivenbaum mit den Wachsausscheidungen des Ölbaumblattflohs
       
       Madrid taz | Wenn Fuensanta Arroyo Fernández ihre Olivenhaine besucht, wird
       ihr ganz anders zumute. Drei Viertel der rund 2.000 Bäume zeigen an den
       Spitzen der Ästchen weißes Gewebe, wo eigentlich Blüten oder junge Früchte
       wachsen sollten. „Es ist ein Parasit. Algodoncillo nennen wir ihn“, sagt
       die Südspanierin aus dem Bergland der Provinz Jaén.
       
       Mit „Wattebäuschchen“ lässt sich das wohl am besten übersetzten. Euphyllura
       olivina ist der wissenschaftliche Name. Das kleine Insekt, das auf Deutsch
       Ölbaumblattfloh genannt wird, saugt die Säfte des Baumes. „An Ernte ist da
       nicht mehr zu denken“, sagt Arroyo und weiß das aus eigener Erfahrung. Ihre
       Bäume tragen sonst in der Ebene bis zu 80 Kilogramm Oliven und in der
       Hanglage auf über 1.000 Höhenmetern, wo die Früchte für das das
       hochwertigste Öl reifen, 50 Kilogramm. Unter dem Befall bringen sie gerade
       noch ein Zehntel davon.
       
       Arroyo steht der örtlichen Ölerzeugergenossenschaft mit 950 Mitgliedern
       vor. „15 Millionen Kilogramm Oliven wurden bei uns in Villanueva del
       Arzobispo im vergangenen Jahr geerntet“, erklärt sie. Ohne Algodoncillo
       wären es weit über 20 Millionen gewesen. „Auch wenn das so mancher nicht
       wahrhaben will: Der Grund für das alles ist der Klimawandel.“ Die Winter
       würden immer milder, dadurch überlebten Insekten, die sonst gestorben sind.
       „Wir müssen schnell handeln, damit sich das nicht weiter ausbreitet“,
       fordert Arroyo. Villanueva ist eine von fünf Gemeinden, die am stärksten
       befallen sind. Ground Zero nennen sie das hier.
       
       Arroyo eilt dieser Tage von Dringlichkeitssitzung zu Dringlichkeitssitzung.
       Dort nehmen neben den Vertretern der andalusischen Regierung auch Techniker
       wie Juan Carlos Hervás teil. „Den Ölbaumblattfloh gab es schon immer. Aber
       er galt als zweitrangiger Parasit“, sagt der Landwirtschaftsingenieur,
       Spezialist für Plagen beim regionalen Bauernverband COAG.
       
       ## Es muss nicht immer Chemie sein
       
       „Er befiel einzelne Bäume hier und da, war aber nie ein flächenartiges
       Problem.“ Das habe sich in den letzten drei Jahren hier in der Gemarkung
       Loma Alt, zu der die fünf am stärksten betroffenen Orte gehören, dramatisch
       geändert. Auch Hervás [1][macht dafür den Klimawandel verantwortlich] und
       prophezeit, dass sich die Plage weiter ausbreiten wird.
       
       „Wir untersuchen derzeit, welche Pflanzenschutzmittel dem Parasiten Herr
       werden“, berichtet der Agraringenieur. Nichts will so richtig
       funktionieren. Denn das wattige Nest der Flöhe schützt sie vor dem Gift.
       „Wir verlangen, dass die Verwaltung weitere Mittel zulässt, um sie
       zumindest zu testen, natürlich immer im Rahmen der europäischen
       Vorschriften“, so Hervás.
       
       Dabei müsse es [2][gar nicht immer Chemie] sein. „Aber wir müssen endlich
       Versuche durchführen, die Lage ordentlich studieren“, sagt er und hofft,
       dass noch diesen Monat neue Mittel zugelassen werden. Natürliche Wirkstoffe
       sind dabei besonders interessant. Denn so mancher Bauer hat auf Öko
       umgestellt. Die jetzt notwendige Schädlingsbekämpfung könnte diese
       Anstrengungen zunichtemachen.
       
       Eine gute Nachricht gibt es für die Olivenbauern. Der Schädling mindert den
       Ertrag, aber schwächt den Baum nicht nachhaltig. Einmal vom Ölbaumblattfloh
       befreit, produziert der Baum wieder wie zuvor, zeigen Untersuchungen.
       Darauf hofft auch Arroyo. Die Frage ist nur, wie schnell. „Ich habe jetzt
       schon drei Jahre Einbußen hinnehmen müssen. So etwas hält niemand
       unbegrenzt durch“ sagt sie. „Ich glaube fest daran, dass wir die Plage in
       den Griff bekommen, doch das wird sicher noch ein, zwei Ernten dauern“: Das
       ist die Nachricht Arroyos an die Mitglieder der Genossenschaft nach einer
       der Dringlichkeitssitzungen.
       
       21 May 2025
       
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