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       # taz.de -- Friedensverhandlungen in Istanbul: Moskauer Schmierenkomödie
       
       > Niemand soll glauben, dass Russland ernste Absichten verfolgt. Auch wenn
       > Putin selbst es war, der die Verhandlungen initiierte.
       
   IMG Bild: Terror ohne Ende: Nach einer russischen Dronenattacke auf Kiev am 7. Mai
       
       Gebannt und voller Hoffnung starrt alle Welt seit über einer Woche auf den
       Beginn direkter Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, der ersten
       seit gut dreieinhalb Jahren. Und, nur zur Erinnerung: initiiert von
       Wladimir Putin höchstselbst. Vielleicht geht da ja endlich doch etwas, um
       das tägliche Sterben und Leid der Ukrainer*innen sowie die Zerstörung
       ganzer Landstriche in der Ukraine zu beenden? Wer wünschte sich nicht, dass
       Frieden einkehren möge.
       
       Zumindest was die russische Seite angeht, sind allerdings Zweifel
       angebracht. Denn die Aufführung, die dieser Tage über die Bühne geht, ist
       ein Schmierentheater, dessen Inszenierung der Kreml zu verantworten hat.
       Unter dem Titel „Demütigen, erniedrigen und beleidigen“ zieht Moskau alle
       Register. Dass Wladimir Putin sich persönlich in die Türkei begeben würde,
       konnte ohnehin kaum jemand ernsthaft erwarten.
       
       Doch die Zusammensetzung der russischen Delegation der unteren Ränge,
       [1][tagelang wie eine geheime Verschlusssache behandelt], grenzte ans
       Absurde. Sie ist indes äußerst aufschlussreich. Nicht ohne Grund gibt
       [2][Wladimir Medinski] den Verhandlungsführer. Der Pseudohistoriker saß
       bereits 2022 mit am Tisch, um die Kapitulation der Ukraine
       unterschriftsreif zu verhandeln – bekanntermaßen ohne Erfolg. Genau an
       diesen Punkt will Medinski, und nicht nur er, jetzt anknüpfen. Fragen
       erübrigen sich.
       
       Der scheinbare Verhandlungswille Moskaus bedeutet nichts anderes, als dass
       die Ukraine dauerhaft unterworfen, wenn nicht gar als eigenständigen Staat
       ausgelöscht werden soll. An dieser Agenda hat sich seit dem [3][24. Februar
       2022] um kein Jota etwas verändert. Wenn dabei auch noch auf
       „diplomatischem Weg“ Gebietsgewinne abfielen, die Moskau militärisch
       bislang nicht erreicht hat, umso besser. Medinski schwadroniert jetzt von
       „Kompromissbereitschaft“.
       
       ## Allenfalls ein Anfang
       
       Das jedoch sollte niemand ernst nehmen, auch wenn sich viele immer noch –
       sei es aus Naivität, Ignoranz oder Unkenntnis – blenden lassen. Genau aus
       diesem Grund tut der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkyj gut daran,
       den Verhandlungen fernzubleiben, gleichzeitig aber doch eine Abordnung nach
       Istanbul zu entsenden. Wer wenn nicht er muss ein Interesse an einer
       Beendigung des Kriegs haben. Nicht zuletzt ist Selenskyj auch gezwungen,
       US-Präsident Donald Trump bei Laune zu halten.
       
       Die ändert sich zwar stündlich, dient aber vielfach als Grundlage von
       Entscheidungen. [4][Kyjiws europäischen Verbündete]n wurden erneut die
       Rollen als Beobachter zugewiesen. Immerhin haben sie sich gerade in den
       vergangenen Tagen um Geschlossenheit bemüht. Doch was ist diese praktisch
       wert? Ein weiteres Sanktionspaket der EU gegen Russland liegt bereits in
       der Schublade und sollte möglichst schnell in Kraft gesetzt werden. Denn
       mit greifbaren Ergebnissen in Istanbul ist kaum zu rechnen. Die Gespräche
       können allenfalls ein Anfang sein, mehr aber auch nicht.
       
       16 May 2025
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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