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       # taz.de -- Fleischkonsum: Wer mehr verdient, geht nicht automatisch öfter zum Metzger
       
       > Weltweit essen viele Menschen häufiger rotes Fleisch, wenn ihre Einkommen
       > steigen. Doch nicht immer, belegt eine neue Studie – und zeigt auf,
       > warum.
       
   IMG Bild: Fleisch vom Charolais Rind ist eher was für den großen Geldbeutel
       
       Mehr Geld auf dem Gehaltszettel? Dann erst mal zum Fleischer! In vielen
       Ländern ist das eine gängige Logik. Steigende Einkommen führen vielerorts
       dazu, [1][dass Menschen mehr Fleisch essen], vor allem rotes, vom Rind oder
       Lamm.
       
       Aber: nicht überall. Laut einer neuen Studie wollen Menschen in manchen
       Ländern gar nicht automatisch mehr rotes Fleisch essen, wenn sie mehr Geld
       verdienen. Statt des Einkommens sei die Verbreitung bestimmter kultureller
       Normen und Werte entscheidend für den Konsum von rotem Fleisch.
       
       ## Die Studie
       
       Für die im April 2025 im International Journal of Sociology
       [2][veröffentlichte Studie] hat ein Forschungsteam aus den Vereinigten
       Staaten einen umfangreichen Datensatz des International Social Survey
       Programme (ISSP) statistisch ausgewertet. Im Rahmen des ISSP werden alle
       zwei Jahre Zehntausende von Personen zu ihrem Einkommen und ihren
       politischen Einstellungen befragt. Die Befragten werden so ausgewählt, dass
       sie möglichst repräsentativ für die Weltbevölkerung sind.
       
       Für den ISSP-Datensatz mit dem Schwerpunkt „Umwelt“ wurde im Jahr 2020
       zudem danach gefragt, wie oft die Befragten pro Woche Fleisch vom Rind oder
       Lamm essen. Auf der Grundlage dieser Daten berechnete das US-Forschungsteam
       für 42.902 Personen aus 27 Ländern den Zusammenhang zwischen
       Einkommensentwicklung und dem Konsum von roten Fleisch.
       
       Die Forscher*innen untersuchten auch, wie verbreitet postmaterielle
       Werte unter den Befragten sind. Der Wertekompass der Teilnehmenden wurde
       durch bestimmte Aussagen abgefragt. Beispielsweise sollten sie auf einer
       Skala angeben, inwieweit sie der Meinung sind, dass die Lösung von
       Umweltproblemen in ihrem Land höchste Priorität haben sollte. Oder ob
       Bürger*innen stärker an Regierungsentscheidungen beteiligt werden
       sollten.
       
       Die Forschenden konnten zeigen, dass in Ländern wie Ungarn, Taiwan oder
       Südafrika, in denen postmaterielle Werte weniger verbreitet sind, die
       Menschen mit steigendem Einkommen auch deutlich mehr rotes Fleisch essen.
       In stärker postmateriell geprägten Ländern wie Deutschland, den USA oder
       auch Slowenien, ist der Einkommenseffekt hingegen umgekehrt. Wer hier mehr
       verdient, verzichtet statistisch gesehen häufiger auf rotes Fleisch.
       
       ## Was bringt’s?
       
       [3][Die Umweltkosten von rotem Fleisch sind hoch.] Laut dem Forum
       Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft beliefen sie sich in Deutschland im Jahr
       2021 allein für Rindfleisch auf rund 9,5 Milliarden Euro. Die
       Fleischproduktion verursacht erhebliche Mengen an Treibhausgasen,
       verbraucht viel Energie und Wasser und ist mitverantwortlich für die
       weltweit fortschreitende Rodung von Waldflächen.
       
       Daher ist es eine gute Nachricht, wenn der steigende Konsum von rotem
       Fleisch, der oft mit steigenden Einkommen einhergeht, kein Automatismus ist
       – sondern ein kulturelles Phänomen. Denn das heißt: Die Entwicklung ist
       veränderbar.
       
       18 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-Statistik/!6074522
   DIR [2] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00207659.2025.2473207?src=exp-la#abstract
   DIR [3] /Versteckte-Kosten-der-Ernaehrung/!6082222
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Bachmann
       
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