# taz.de -- CO2-Steuer statt Emissionshandel: Die Flickschusterei überwinden
> Für eine echte sozial-ökolgische Transformation ist eine CO2-Steuer
> unverzichtbar, meint unser Kolumnist. Selbst Unternehmen würden davon
> profitieren.
IMG Bild: Das Kohlekraftwerk Boxberg LEAG in der sächsischen Oberlausitz, am 3.2.2025
Die Uhr tickt im Rennen gegen den Klimawandel. Das liegt auch daran, dass
eines der wichtigsten Instrumente nicht funktioniert: der
CO2-Emissionshandel.
Dabei ist die Idee erst mal überzeugend. Man errechnet, wie viel
Treibhausgase bis 2045 noch emittiert werden dürfen; verpflichtet Firmen
zum Kauf von entsprechenden Zertifikaten – und verkauft davon nur so viele,
wie das Klimaziel zulässt. Wie Ökonomen sagen würden: Man verknappt die
Menge und lässt den Markt entscheiden, wie teuer Emissionen werden.
Die Realität zeigt aber, dass das nicht gut genug funktioniert. Seit 2005
gibt es den Emissionshandel auf EU-Ebene, zumindest für [1][große Firmen
aus der Energiewirtschaft und der Industrie], also etwa Kohlekraftwerke und
Chemiefabriken. Allein durch die Ausnahme für kleine Firmen gibt es schon
keine volle Kontrolle über das Klimaziel.
Das eigentliche Problem ist allerdings ein anderes: Der CO2-Handel bringt
keine Planbarkeit für Unternehmen. In den ersten Jahren gab es so viele
Zertifikate auf dem Markt, dass der Preis bei etwa 10 Euro lag.
## Unternehmen könnten besser planen
Doch dann vervielfachte er sich mehrmals. Von 2017 bis Anfang 2022 stieg
der Preis auf knapp 100 Euro. Also: erst jahrelange Talfahrt, dann steil
bergauf. Und seitdem? Schwankt der Preis zwischen 60 und 100 Euro. Gerade
steht er bei 73 Euro. Verlässlichkeit? Fehlanzeige.
Wie sollen Firmen ihre Investitionen in CO2-freie Produktion von diesem
Preis-Chart abhängig machen? Mit welchen Preisen sollen sie in Zukunft
kalkulieren? Dass der Preis irgendwann weiter steigt, ist absehbar. Nur:
wann genau und wie hoch? Diese Unsicherheit ist Gift für
Investitionsentscheidungen. Im Zweifel führt sie dazu, dass Firmen weniger
in klimafreundliche Produktion investieren als nötig. Garantierter
Klimaschutz? Eine Illusion.
Allerdings gäbe es eine sinnvolle Lösung: eine CO2-Steuer. Statt der Menge
legt man einen Preis für CO2-Emissionen fest, der in festen Abständen
steigt. Wie stark, ist dann eine politische Entscheidung der Regierung.
Damit gäbe es Planungssicherheit für Firmen, weil sie schon heute in ihren
Investitionsentscheidungen berücksichtigen können, [2][wie teuer eine Tonne
CO2 in fünf, zehn oder zwanzig Jahren] sein wird. Oder auch für
Verbraucher, die sich ein E-Auto oder eine Wärmepumpe anschaffen wollen und
kalkulieren, ab wann die günstigeren Betriebskosten die höheren
Anschaffungskosten wettmachen.
## Die Flickschusterei am Emissionshandel überwinden
Weil die Steuer keine Preissprünge zulässt, könnten sich alle besser auf
die Transformation einstellen – und soziale Härtefälle vermieden werden.
Die Steuer ist daher auch gerechter als der Emissionshandel und verschafft
dem Klimaschutz mehr Akzeptanz.
Außerdem hat Deutschland so ein System bereits für die [3][Sektoren Verkehr
und Gebäude]. Nur: Nachdem der Preis 2026 auf 65 Euro pro Tonne CO2 steigen
soll, wird das deutsche System 2027 in den EU-Emissionshandel integriert
werden – mit allen beschriebenen Nachteilen.
Daran will auch die neue Bundesregierung festhalten. Sie behält sich aber
zusätzliche Maßnahmen vor, die Preissprünge für Verbraucher und Firmen
verhindern. Ergo: Schwarz-Rot gesteht sich ein, dass der Emissionshandel
nicht wirklich funktioniert. Statt Flickschusterei an diesem
dysfunktionalen Markt sollte die Regierung sich für eine echte CO2-Steuer
einsetzen. Nur so gibt es wirkliche Planungssicherheit, die für das Ziel
Klimaneutralität dringend nötig ist.
19 May 2025
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## AUTOREN
DIR Maurice Höfgen
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