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       # taz.de -- Nach der Wahl zum Bundeskanzler: Merz kritisiert US-Regierung für „absurdes“ Deutschlandbild
       
       > Trumps Regierung solle sich in puncto AfD aus der deutschen Innenpolitik
       > „heraushalten“, fordert Kanzler Merz. Bei AfD-Verbot bleibt er
       > zurückhaltend.
       
   IMG Bild: Die Neuen: Das Kabinett von Friedrich Merz hat erste Entscheidungen getroffen
       
       Berlin afp/dpa | Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die
       Parteinahme der US-Regierung für die deutsche AfD kritisiert und ein
       klärendes Telefonat mit US-Präsident Donald Trump angekündigt. Die
       US-Regierung verbreite derzeit „absurde Betrachtungen der Bundesrepublik
       Deutschland“, sagte Merz am Dienstagabend in einem Interview im ZDF. Aus
       der deutschen Innenpolitik müsse sich die US-Regierung „heraushalten“. Merz
       bezog sich dabei auf die Unterstützung der US-Regierung für die AfD und die
       Kritik der USA an der Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als
       rechtsextremistisch. „Ich werde am Donnerstag mit dem amerikanischen
       Präsidenten telefonieren“, sagte Merz. Er kenne Trump bislang nicht
       persönlich, werde aber „offen“ mit ihm reden.
       
       „Ich würde gerne die amerikanische Regierung ermutigen und ermuntern, die
       Innenpolitik in Deutschland Innenpolitik sein zu lassen und sich aus diesen
       parteipolitischen Betrachtungen weitgehend herauszuhalten“, sagte Merz
       weiter. Er selbst habe sich nie „in den amerikanischen Wahlkampf
       eingemischt und einseitig Partei ergriffen“, sagte Merz. Zur Unterstützung
       der USA für die AfD sagte er: „Ich hatte von Amerika bisher immer den
       Eindruck, dass sie unterscheiden können zwischen extremistischen Parteien
       und Parteien der politischen Mitte.“
       
       Trump hat bislang anders als eine Reihe anderer westlicher Staats- und
       Regierungschefs Merz noch nicht zu seiner Wahl zum Bundeskanzler
       gratuliert. Glückwünsche kamen jedoch vom US-Außenministerium. „Wir werden
       weiterhin mit Deutschland und seiner neuen Regierung zusammenarbeiten, um
       für die Sicherheit der Vereinigten Staaten und Europas zu sorgen“, sagte
       die Sprecherin des State Department, Tammy Bruce, am Dienstag vor
       Journalisten in Washington.
       
       ## Merz: Israel bereitet uns „allergrößte Sorgen“
       
       Der neu gewählte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich beunruhigt
       über das aktuelle Vorgehen Israels im Gazakrieg gezeigt. „Israel macht uns
       allergrößte Sorgen“, sagte Merz am Dienstagabend in der ARD-Sendung
       „Brennpunkt“. Er kündigte an, dass der neue Außenminister Johann Wadephul
       (CDU) bereits am Wochenende in seinem Auftrag zu Gesprächen nach Israel
       reisen werde. „Israel hat das Recht, sich zu verteidigen gegen diesen
       brutalen Angriff der Hamas-Terroristen“, sagte Merz. Es müsse aber „auch
       ein Land bleiben, das den humanitären Verpflichtungen gerecht wird“ und
       Völkerrecht einhalte. „Die humanitäre Hilfe im Gazastreifen, die muss
       geleistet werden“, betonte Merz.
       
       Er wollte sich nicht zum konkreten Ziel der Reise von Wadephul äußern. Die
       Reise werde gerade gemeinsam vorbereitet, sagte er. Merz ging in dem
       Interview nicht auf die Frage ein, ob er trotz eines internationalen
       Haftbefehls und des jüngsten Vorgehens Israels im Gaza-Krieg weiter
       Regierungschef Benjamin Netanjahu nach Deutschland einladen würde.
       
       ## Merz bei AfD-Verbot zurückhaltend
       
       In der Debatte über ein AfD-Verbot hat sich der neue Bundeskanzler
       Friedrich Merz zurückhaltend geäußert. „Zehn Millionen Wählerinnen und
       Wähler der AfD, die können Sie nicht verbieten“, sagte der CDU-Vorsitzende
       am Abend im ARD-Fernsehen. In der vergangenen Woche war bekannt geworden,
       dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert
       rechtsextremistisch einstuft, was die Debatte über deren Verbot neu
       befeuert hat.
       
       Merz räumte ein, dass diese Einstufung auch seinen Blick auf die AfD
       verändert habe. Bevor die Bundesregierung Konsequenzen zieht, müsse aber
       das Gutachten des Verfassungsschutzes sorgfältig ausgewertet werden. In
       erster Linie müsse die neue Koalition allerdings dafür sorgen, dass die
       Ursachen für ein solches Wählerverhalten beseitigt werden.
       
       ## Kabinett streicht zum Auftakt 25 Posten
       
       In seiner ersten Sitzung hat das neue Bundeskabinett von Union und SPD
       beschlossen, die Zahl der Beauftragten, Bevollmächtigten und Koordinatoren
       der Regierung um 25 zu kürzen. Einen entsprechenden Beschluss fassten
       Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seine 17 Bundesministerinnen und -minister
       am späten Dienstagabend im Kanzleramt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus
       Regierungskreisen erfuhr. Keine vier Stunden zuvor war die Regierung im
       Bundestag nach der Zitterpartie bei der Kanzlerwahl im Bundestag vereidigt
       worden.
       
       In der rund 45-minütigen Sitzung beschloss die Regierung außerdem einen
       Organisationserlass, in dem die Aufgabenverteilung zwischen den Ministerien
       festgelegt wird. Unter anderem ist darin geregelt, dass die internationale
       Klimapolitik vom Auswärtigen Amt ins Umweltministerium verlagert wird und
       wie das neue Digitalministerium strukturiert ist. Es erhält Zuständigkeiten
       aus dem Kanzleramt und fünf Ministerien, vor allem aus dem
       Innenministerium.
       
       Dass ein großer Teil der bisher 43 Beauftragten-Posten gestrichen werden
       soll, haben Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Damit wollen sie
       ein Signal setzen, dass sie es mit dem Bürokratieabbau ernst meinen. Zum
       Teil geht es um Ämter, die frühere Regierungen zusätzlich geschaffen und
       mit Personal ausgestattet hatten. Einige der Funktionen, die es künftig
       nicht mehr geben soll, wurden dagegen von Beamtinnen und Beamten ausgeübt,
       die ohnehin für das jeweilige Ministerium tätig waren, weshalb durch die
       Streichung nicht unbedingt eine Kostenersparnis zu erwarten ist.
       
       In Zukunft nicht mehr geben soll es unter anderem folgende Funktionen:
       
       – Den Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung für Migrationsabkommen:
       Die dem Innenministerium zugeordnete Stelle wurde erst Anfang 2023
       geschaffen. Bevollmächtigter wurde der FDP-Politiker Joachim Stamp. Er
       verhandelte vor allem mit Regierungsbeamten von Staaten, die zu mehr
       Engagement bei der Rücknahme ihrer ausreisepflichtigen Staatsbürger bewegt
       werden sollten. Schon gleich nach seiner Ernennung hieß es aus der Union,
       das sei eine Aufgabe, die das Ministerium gut ohne einen solchen
       Bevollmächtigten erfüllen könne.
       
       – Den Meeresbeauftragten gibt es seit September 2022. Das Amt ist im
       Umweltministerium angesiedelt, wo eine neue Unterabteilung Meeresschutz
       geschaffen wurde.
       
       - Im Bundesverkehrsministerium gab es bislang einen Koordinator für
       Güterverkehr und Logistik und den Beauftragten für den Schienenverkehr
       sowie eine Radverkehrsbeauftragte.
       
       - Nach dem Amtsantritt von Ex-Außenministerin Annalena Baerbock wurde im
       Auswärtigen Amt die neue Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik
       geschaffen. Jennifer Morgan – vormals Geschäftsführerin von Greenpeace
       International – übernahm den Posten.
       
       - Ebenfalls von der Ampel-Regierung geschaffen wurde die Funktion der
       Botschafterin für feministische Außenpolitik.
       
       Zu den Beauftragten der Bundesregierung, die bleiben sollen, zählen:
       
       - Der im Auswärtigen Amt angesiedelte Beauftragte der Bundesregierung für
       jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix
       Klein.
       
       - Der Opferbeauftragte. Er ist der zentrale Ansprechpartner für die
       Anliegen von Opfern und Hinterbliebenen terroristischer Straftaten.
       
       Außerdem gibt es Beauftragte des Bundestages. Dazu gehören etwa:
       
       - Die Bundesdatenschutzbeauftragte. Der Bundestag hatte vor einem Jahr die
       Bonner Juristin und Digitalexpertin Louisa Specht-Riemenschneider zur neuen
       Bundesdatenschutzbeauftragten gewählt.
       
       - Seit März 2024 gibt es den Polizeibeauftragten des Bundes beim Deutschen
       Bundestag. Das Amt bekleidet seither der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete
       Uli Grötsch.
       
       7 May 2025
       
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