URI: 
       # taz.de -- Rassismusvorwürfe in Hamburger Kirche: Sinti-Gemeinde vor die Tür gesetzt
       
       > Eine Kirche in Hamburg kündigt der Sinti-Gemeinde die Raumnutzung. Dem
       > evangelischen Pastor wird schon länger Rassismus vorgeworfen.
       
   IMG Bild: Für die Kirche ein Vertrauensbruch: Demo des Sinti-Vereins gegen den mutmaßlich rassistischen Pastor Anfang Februar
       
       Hamburg taz | Was ist eine Gemeinde ohne Kirche? Die evangelische
       Kirchengemeinde „Licht und Leben“ aus Hamburg, die überwiegend von
       Sinti*zze getragen wird, steht seit Mai ohne da.
       
       Die Maria-Magdalena-Kirche in Osdorf erlaubt ihr nicht mehr, ihre
       Gemeinderäume für Gottesdienste zu nutzen. Das hatte die Sinti-Gemeinde
       seit 2018 fast jeden Sonntag getan, auf Basis einer mündlichen Absprache.
       
       Das Ende kam schriftlich. So steht in einem Brief an die Sinti-Gemeinde,
       der auf den 8. April datiert ist und der taz vorliegt: „Der
       Kirchengemeinderat hat beschlossen, unser Nutzungsangebot für die Kirche
       auszusetzen.“ Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, der Grund sei ein
       fehlendes Vertrauensverhältnis.
       
       Dabei gehe es um „einen jahrelangen Konflikt bei der Einhaltung von
       Absprachen“. Zudem sei der Rat, ein gewähltes Gremium, das die Gemeinde
       verwaltet, nicht über eine [1][Demonstration der Sinti-Gemeinde vor der
       Kirchentür im Februar] informiert worden.
       
       ## Pastor soll sich rassistisch geäußert haben
       
       Diese Demo richtete sich gegen die Wiedereinsetzung des zuvor suspendierten
       Pastors der Maria-Magdalena-Gemeinde, dem vorgeworfen worden war, sich
       mehrfach rassistisch gegenüber Rom*nja und Sinti*zze e geäußert zu
       haben.
       
       [2][Der Pastor soll das diskriminierende Z-Wort verwendet und die Kultur
       der Sinti*zze und Rom*nja als rückständig bezeichnet haben.] Der Pastor
       bestreitet die Vorwürfe. [3][Ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann hat
       die Staatsanwaltschaft Hamburg mittlerweile eingestellt], teils wegen
       Verjährung, teils aus Mangel an Beweisen. Seit Februar arbeitet er wieder
       als Pastor in der Maria-Magdalena-Kirche und ist Mitglied im Kirchenrat.
       
       Für Christian Rosenberg, den Pastor der Sinti-Gemeinde „Licht und Leben“,
       ist das der Grund für den Rausschmiss seiner Gemeinde. „Der Pastor ist
       wieder da und jetzt fallen die Masken“, sagt Rosenberg der taz.
       
       Das Schlimmste an der Nachricht ist für Rosenberg aber das Datum auf dem
       Schreiben. „Geschmackloser geht es gar nicht.“ [4][Der 8. April ist der
       internationale Tag der Roma] und auch für viele Sinti*zze von großer
       symbolischer Bedeutung.
       
       Gemeinsam mit Gemeindemitgliedern hatte Rosenberg den Tag bei einer
       [5][Gedenkveranstaltung für im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und
       Roma] verbracht, organisiert vom Sinti-Verein Hamburg, dessen Vorsitzender
       Rosenberg ebenfalls ist. Am nächsten Tag hätten sie das Schreiben im
       Briefkasten gefunden.
       
       „Um dieses Datum herum beschäftigt uns alles Mögliche, aber nicht so
       etwas“, sagt Rosenberg. An ein Versehen des Kirchengemeinderats glaubt er
       nicht. So habe dieser von der Bedeutung des Tages wissen müssen, denn der
       Sinti-Verein habe für die Gedenkveranstaltung auch auf dem Kirchengelände
       plakatiert. Auch kritisiert Rosenberg, dass es vor dem Brief keine
       Gespräche mit der Sinti-Gemeinde über das Ende der Raumnutzung gegeben
       habe.
       
       Der derzeitige Kirchenrats-Vorsitzende Dietrich Kreller bestätigt auf
       taz-Anfrage, dass der Brief nicht nur auf den 8. April, den Gedenktag für
       Rom*nja und Sinti*zze, datiert ist, sondern auch am Tag überstellt wurde.
       Das Datum sei aber keinesfalls bewusst gewählt worden. „Ich bedauere dies
       sehr“, schreibt Kreller. Der Rat wolle bald nochmal das Gespräch mit der
       Sinti-Gemeinde suchen. Kreller hatte sich auf der Demo im Januar noch
       öffentlich [6][mit der Sinti-Gemeinde solidarisiert und sich gegen
       Rassismus positioniert].
       
       Uwe Heinrich, der ehemalige Pastor der Maria-Magdalena-Kirche, kritisiert
       die Entscheidung, die Sinti-Gemeinde die Räume nicht mehr nutzen zu lassen.
       „Ich finde das vollkommen daneben“, sagt er der taz. Der Pastor im
       Ruhestand sagt, er halte es für wichtig, sich dazu öffentlich zu äußern.
       Der Umgang mit der Sinti-Gemeinde sei für ihn ein Fall, in dem die Kirche
       „eine Minderheit beschissen behandelt“.
       
       Die Sinti-Gemeinde hat die Schlüssel zur Kirche bereits abgegeben. Momentan
       hält sie ihren Gottesdienst im Seminarraum des Sinti-Vereins ab. Aus
       Platzmangel könnten nicht alle Gemeindemitglieder teilnehmen und es fehle
       der Raum für Rituale, sagt Rosenberg. „Ein richtiger Gottesdienst ist
       unmöglich.“ Man schaue sich nach neuen Räumen um.
       
       10 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rassismus-in-der-evangelischen-Kirche/!6067511
   DIR [2] /Rassismus-in-der-evangelischen-Kirche/!5933402
   DIR [3] /Rassismus-Vorwurf-gegen-Pastor/!6073331
   DIR [4] /Internationaler-Tag-der-Sinti-und-Roma/!vn5997994
   DIR [5] /Mahnmal-fuer-ermordete-Sinti-und-Roma/!6022781
   DIR [6] /Widerstand-gegen-rechts/!5956393
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Amira Klute
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Hamburg
   DIR GNS
   DIR Evangelische Kirche
   DIR Antiziganismus
   DIR Schwerpunkt Internationaler Tag der Roma
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Podcast „Freie Rede“
   DIR Schwerpunkt Internationaler Tag der Roma
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rassismus-Vorwurf gegen Pastor: Antiziganismus in der Kirche?
       
       Die Staatsanwaltschaft Hamburg stellt Ermittlungen gegen einen Pastor ein.
       Ihm war vorgeworfen worden, sich rassistisch gegen Sinti und Roma geäußert
       zu haben.
       
   DIR Queerly Beloved: Romnja & Sintizze: Wie kam es zum diskriminierenden Z-Wort?
       
       „Queerly Beloved: Rom*nja Widerstand im Wandel der Zeit“ setzt sich mit
       der Geschichte und dem Aktivismus der Rom*nja und Sinti*zze auseinander.
       
   DIR Stereotype über Roma und Sinti: Jetzt sind wir dran
       
       Roma und Sinti finden noch immer zu wenig statt in den Medien. Mehr
       Repräsentation ist dringend notwendig. Auch über Gedenktage hinaus.