# taz.de -- Siedlergewalt im Westjordanland: Brennende Autos, verängstigte Menschen
> Immer häufiger greifen Siedler palästinensische Orte im Westjordanland
> an, nun ist das Dorf Brukin betroffen. Derweil erhöht Israel die
> Truppenpräsenz in Gaza.
IMG Bild: Zerstörung im Westjordanland: Manchmal sind Siedler verantwortlich, manchmal die Armee
Berlin taz | „Sie greifen uns fast täglich an, manchmal sogar mehrmals am
Tag“ – so erzählt Mustafa Khater der Nachrichtenagentur Reuters von den
Angriffen extremistischer Siedler auf sein Dorf Brukin im Westjordanland.
Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafawurden mehrere Häuser
attackiert, mindestens eines in Brand gesteckt. Auch Autos wurden
angezündet: „Ich sah, wie meine Fahrzeuge verbrannt wurden, dann schlugen
sie mir auf den Kopf. Mir ist immer noch schwindlig“, schildert ein
weiterer Dorfbewohner gegenüber Reuters die Geschehnisse der Nacht.
Das israelische Militär, das die Angriffe selbst als „Zusammenstöße“
zwischen Israelis und Dorfbewohnern bezeichnete, entsandte Truppen nach
Brukin. Nach Angaben des emiratisch-saudischen Senders Al Arabiya habe es
die Siedler gewähren lassen und nicht eingegriffen. Auch Festnahmen habe es
keine gegeben.
Es ist bereits das zweite Mal in nur wenigen Tagen, dass das Dorf von
Siedlern angegriffen wird. Am vergangenen Donnerstag, [1][so berichtete es
Times of Israel,] nahmen etwa 40 Siedler an dem Aufmarsch teil, fünf Häuser
und fünf Fahrzeuge von Palästinensern wurden angezündet, acht Menschen
verletzt. Auch für die Vorfälle am Donnerstag wurde bislang niemand
verhaftet. Die Angriffe werden etwa von Times of Israel als Antwort auf
einen Anschlag Mitte Mai interpretiert: Da eröffnete ein Palästinenser nahe
Brukin das Feuer auf eine Straße und tötete eine hochschwangere Israelin
aus der benachbarten Siedlung Bruchin.
Im Allgemeinen haben die [2][Angriffe extremistischer jüdischer Siedler auf
palästinensische Dörfer im Westjordanland] seit dem [3][7. Oktober 2023]
massiv zugenommen. Allein im vergangenen Jahr gab es über 1.400 solcher
Angriffe. Auch an diesem Wochenende wurden außer Burkin weitere beduinische
Dörfer nahe der palästinensischen De-facto-Haupstadt Ramallah attackiert.
Etwa 700.000 Siedler leben neben etwa 2,7 Millionen Palästinensern im
größtenteils von Israel kontrollierten Westjordanland. Die Angriffe und die
Tatsache, dass das Militär sie einfach geschehen lässt, heizen die Sorge
vieler an, dass Israel mit der De-facto-Annexion des Westjordanlands im
Schatten des Krieges im Gazastreifen voranschreitet. So werden immer
weitere Siedlungen genehmigt und vormals illegal errichtete Außenposten
rückwirkend legalisiert.
## 81 Prozent Gazas sind nun eine „No-Go-Zone“
Im Gazastreifen intensiviert das israelische Militär derweil seine Präsenz:
Laut der Times of Israel sind nun alle verfügbaren Infanterie- und
Panzerbrigaden dort stationiert. Die Zahl der Soldaten und Soldatinnen in
Gaza liegt somit bei mehreren Zehntausend. Diese Entwicklung passt zu
Berichten, wonach die Verhandlungen um einen Geisel-Waffenruhe-Deal wieder
einmal stocken. Das ist nicht verwunderlich, hat Israels Premier Benjamin
Netanjahu doch vergangene Woche [4][die Durchführung des sogenannten
Trump-Plans als neues Kriegsziel erklärt]. Nach der Idee des US-Präsidenten
Donald Trump sollen die Palästinenser aus dem Gazastreifen umgesiedelt
werden – das entspräche de facto einer Vertreibung basierend auf ethnischer
Zugehörigkeit.
Schon jetzt wird das Gebiet, in welches das israelische Militär die
Bevölkerung zur Evakuierung aufruft, immer kleiner. Nach Angaben des
UN-Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) gelten
mittlerweile 81 Prozent des Küstenstreifens für die Bevölkerung als
„No-Go-Zone“. Auf vom israelischen Militär veröffentlichten Karten sind nur
noch schmale Küstenstreifen um die Städte Deir-el-Balah und Gaza Stadt zur
Evakuierung ausgewiesen.
Bei Luftangriffen kamen außerdem allein seit Samstag über 40 Menschen ums
Leben, darunter mindestens neun Kinder einer Ärztin. Die Getöteten, der
verletzte Ehemann und ein weiterer Sohn wurden [5][nach lokalen Angaben in
das Spital, in dem sie arbeitet, gebracht.]
25 May 2025
## LINKS
DIR [1] https://www.timesofisrael.com/eight-said-wounded-as-dozens-of-settlers-attack-palestinian-village-no-arrests/
DIR [2] /Aktivist-ueber-israelische-Siedler/!5998684
DIR [3] /7-Oktober---ein-Jahr-danach/!6034819
DIR [4] /Krieg-im-Gazastreifen/!6086163
DIR [5] https://x.com/ArafehLaith/status/1926248317358342534
## AUTOREN
DIR Lisa Schneider
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