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       # taz.de -- Abkehr von feministischer Außenpolitik: Wadephul justiert sein Haus neu
       
       > Der neue Außenminister hält nicht viel von feministischer Außenpolitik.
       > Frauenrechtsorganisationen möchten deshalb das Gespräch mit ihm suchen.
       
   IMG Bild: Außenminister Wadephul (CDU) will „eigene Akzente setzen“ und die feministische Außenpolitik seiner Vorgängerin nicht fortsetzen
       
       Berlin taz | Eine Überraschung war es nicht, dass der frisch vereidigte
       Außenminister Johann Wadephul (CDU) mit der feministischen Außenpolitik
       seiner Amtsvorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) brechen will. „Jeder muss
       doch seine eigenen Akzente setzen können“, sagte er jüngst den Sendern RTL
       und ntv.
       
       Im Koalitionsvertrag der Ampel hatte es noch geheißen, dass Rechte,
       Ressourcen und Repräsentanz von Mädchen und Frauen im Sinne einer
       feministischen Außenpolitik weltweit gestärkt werden sollten. Die
       [1][UN-Resolution 1325] „Frauen, Frieden und Sicherheit“, die als
       Meilenstein zur Ächtung sexueller Kriegsgewalt gilt, wollte die Ampel
       „ambitioniert“ umsetzen und weiterentwickeln. Im Koalitionsvertrag von
       Union und SPD hingegen kommt der Begriff der feministischen Außenpolitik
       nicht mehr vor. Erwähnt werden zwar die Resolution 1325 sowie die
       Istanbul-Konvention gegen Gewalt gegen Frauen – allerdings am Ende des
       Kapitels und in wenigen dürren Worten.
       
       In der ersten Sitzung des neuen Kabinetts wurde zudem beschlossen, neben 24
       weiteren Beauftragtenposten auch den der Diplomatin Gesa Bräutigam
       abzuschaffen, die unter Baerbock Botschafterin für feministische
       Außenpolitik war. Auf die Frage, was mit der [2][Leitlinie] zu
       feministischer Außenpolitik passiert, die Baerbock Anfang März 2023
       zusammen mit der damaligen Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD)
       vorgestellt hatte, heißt es vom Auswärtigen Amt: Die Agenda „Frauen,
       Frieden und Sicherheit“ umzusetzen, bleibe „ein bedeutender Teil“ der
       Außenpolitik.
       
       Wadephul, der als Vertrauter von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gilt,
       sagte zudem, er wolle sich für die Förderung von Frauen in seinem
       Ministerium einsetzen. „Ich bin auch absolut überzeugt, dass die Art und
       Weise, wie Frauen an manche Themen herangehen, eine zu geringe
       Wertschätzung erfahren hat in der Vergangenheit. Ich bin auch der
       Auffassung, dass im Auswärtigen Amt Frauen mehr und schneller
       verantwortungsvolle Positionen wahrnehmen müssen“, sagte er t-online. Die
       neue Hausleitung unter Wadephul allerdings besteht aus vier Männern und nur
       einer Frau, Staatsministerin Serap Güler.
       
       ## Baerbocks widersprüchliches Erbe
       
       In seiner Rede zum Amtsantritt umriss Wadephul, worauf er seine Politik
       künftig ausrichten will: „Ich spreche von einer sicherheits-, interessen-
       und wirtschaftsgeleiteten Außenpolitik“, sagte er. Ihm sei daran gelegen,
       „angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Realitäten und Krisen weltweit
       eine grundnüchterne Prioritätensetzung vorzunehmen“.
       
       Monika Hauser, Vorständin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale,
       sagte der taz: Wadephul habe gesagt, er wolle sich auf die „großen
       Konfliktherde“ wie die Ukraine, Nahost und Iran konzentrieren. Das seien
       Dinge, die ihn „deutlich mehr“ beschäftigten als feministische
       Außenpolitik. „Aber es ist ein großer Irrtum, zu denken, dass diese
       Beschäftigung im Widerspruch zu feministischer Außenpolitik steht“, so
       Hauser. Weil Politiker:innen das über Jahrzehnte so gesehen hätten,
       sei die Welt erst in der Lage, in der sie ist. Eine wertegeleitete
       Außenpolitik und die Priorisierung von Frauen- und Menschenrechten müssten
       weiterhin vorne stehen.
       
       Auf die Frage, inwiefern Baerbock ihre eigenen Prinzipien der
       feministischen Außenpolitik umgesetzt habe, sagte Hauser: „Das ist eine
       schwer zu beantwortende Frage.“ Baerbock habe mit Putins Krieg gegen die
       Ukraine und der Eskalation in Nahost in einer schwierigen globalen Lage das
       Amt angetreten und versucht, einen innovativen Ansatz zu verfolgen. „Wir
       schätzen, dass Baerbock die feministische Außenpolitik eingeführt und
       Maßnahmen zur strukturellen Verankerung im Auswärtigen Amt durchgesetzt
       hat. Dennoch hätten wir uns mehr gewünscht, insbesondere bei der
       Finanzierung von Frauenrechtsarbeit und der Transparenz hinsichtlich der
       Umsetzung.“ Gleichzeitig, so Hauser, erkenne sie an, dass „stille
       Diplomatie“ manchmal nicht nach außen getragen werden könne.
       
       Hauser erklärte, mit Mitgliedern des Netzwerks 1325 – darunter Amnesty
       International, Deutscher Frauenrat und UN Women – auf Wadephul zugehen zu
       wollen. „Wir fordern eine feministische Politik, die Gewalt gegen Frauen
       als das anerkennt, was sie ist: ein globales Machtinstrument. Und die die
       Rechte von Frauen konsequent ins Zentrum stellt“, sagte sie.
       
       Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes schrieb, es sei „enttäuschend
       und besorgniserregend“, dass viele Signale im Koalitionsvertrag auf eine
       Abkehr von feministischer Außenpolitik hindeuteten. Es sei nun „an der
       Opposition und der Zivilgesellschaft, diese umso vehementer einzufordern.
       Wenn Mädchen und Frauen verlieren, verlieren alle.“ Mit einer
       feministischen Außen- und Entwicklungspolitik gewinne im Umgang mit Krisen
       und Konflikten hingegen die gesamte Gesellschaft.
       
       12 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://unwomen.de/die-resolution-1325-mit-der-agenda-frauen-frieden-und-sicherheit/
   DIR [2] https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/feministische-aussenpolitik
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
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