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       # taz.de -- Nach Aufmärschen und Gewalt: Verfassungsschutz knöpft sich Jungnazis vor
       
       > Bundesweit gründeten sich immer neue junge rechtsextreme Gruppen. Jetzt
       > beobachten sie Verfassungsschutzämter verstärkt und sorgen für
       > Einstufungen.
       
   IMG Bild: Viele sehr Junge Neonazis beteiligen sich an einer rechtsextremen Demonstration des Bündnis „Gemeinsam für Deutschland“ in Berlin
       
       BERLIN taz | Berlins Verfassungsschutzchef Michael Fischer [1][gab die
       Einstufung am Montag] bekannt: Die „Deutsche Jugend Voran“ sei nun als
       gesichert rechtsextreme Bestrebung eingestuft, als Teil einer
       „gewaltorientierten rechtsextremistischen Netzkultur“, verkündete er.
       Berlins Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) warnte vorm Entstehen
       einer neuen Jugendkultur, von „sehr jungen, sehr gewaltaffinen Personen“.
       Sie würden Hass auf Andersdenkende propagieren, verherrlichten die
       Anwendung von Gewalt. Zu dem Milieu gehöre auch eine Fanszene, die
       Rechtsterroristen wie Anders Breivik verehre oder diesen nachzuahmen
       versuche, wie die Atomwaffendivision.
       
       Seit Mitte vergangenen Jahres waren [2][bundesweit immer neue rechtsextreme
       Gruppen entstanden] mit sehr jungen Aktiven, teils noch im Teenageralter.
       Eine davon ist die „Deutsche Jugend Voran“, andere tragen Namen wie „Jung
       und Stark“, „Letzte Verteidigungswelle“ oder „Der Störtrupp“. Waren die
       Gruppen zunächst auf Instagram oder Tiktok aktiv, tauchten sie kurz darauf
       auch auf der Straße auf, vor allem bei Anti-CSD-Protesten. Dann fielen sie
       auch mit [3][Anschlägen oder Angriffen auf politische Gegner] auf.
       
       In Altdöbern in Brandenburg wurden zwei 15-Jährige der „Letzten
       Verteidigungswelle“ festgenommen, denen vorgeworfen wird, ein Kulturhaus
       angezündet zu haben. Ein zweiter Anschlagsversuch der Gruppe auf eine
       Geflüchtetenunterkunft in Senftenberg wurde von der Polizei verhindert, der
       Tatverdächtige festgenommen. Die taz hatte als Erste darüber berichtet. Der
       Stern hatte sogar eine Reporterin in die Gruppe eingeschleust und die
       Polizei gewarnt.
       
       ## „Dynamisch, mobilisierungsfähig, gewaltorientiert“
       
       Nach ersten Razzien und Festnahmen verstärkt nun auch der Verfassungsschutz
       seine Beobachtung dieser Szene – wie der Schritt in Berlin zeigt. Nach
       taz-Informationen hat auch das Bundesamt für Verfassungsschutz die neuen
       Gruppen im Blick. „Jung und Stark“ und „Deutsche Jugend Voran“ wird dort
       eine „rechtsextremistische Agitation“ vorgeworfen, die sich „ideologischer
       Fragmente“ bediene. Fokussiert werde auf Feindbilder wie die Antifa, die
       queere Community oder Migranten. Beide Gruppen seien „dynamische,
       mobilisierungsfähige rechtsextremistische Gruppierungen“, heißt es im
       Bundesamt. Sie würden „junge, internetaffine, aktionsorientierte bis hin zu
       gewaltorientierten Personen“ anwerben und vernetzen.
       
       Auch Brandenburgs gerade entlassener Verfassungsschutzchef Jörg Müller
       hatte zuvor vor der sehr jungen Szene gewarnt, die an die Skinhead-Bewegung
       der neunziger Jahre erinnere. Es handele sich um „gewaltbereite,
       subkulturelle Nationalsozialisten“. Das Landesamt rechnet „Jung und Stark“,
       „Deutsche Jugend voran“ und der „Letzten Verteidigungswelle“ jeweils
       Mitglieder im niedrigen zweistelligen Bereich zu.
       
       Auch der Verfassungsschutz Sachsen hat die drei Gruppen im Blick,
       attestiert ihnen eine „stark informelle Struktur“, aber dennoch eine „hohe
       Aktionsorientierung“ und Gewaltaffinität. Zum Teil gelängen ihnen damit
       „hohe Mobilisierungserfolge“. Mit ihrer Ansprache auch an Minderjährige
       zielten sie auf eine „besonders vulnerable“ Gruppe. Man beobachte die
       Gruppen „sehr aufmerksam“, betonte der Geheimdienst.
       
       Bereits im November hatte der sächsische Verfassungsschutz zudem die
       „Chemnitz Revolte“ als gesichert rechtsextrem eingestuft, in der sich
       ebenfalls junge Neonazis sammeln. Im Januar hatten diese versucht, eine
       alternative Bar in Chemnitz zu stürmen – worauf es Ende April zu Razzien
       kam. Ebenso eingestuft sind die Gruppen „Urbs Turrium“ aus Bautzen, die
       „Nationale Jugend Görlitz“, die „Stolze Nationalisten Sachsen“ aus Dresden
       oder die „Aryan Peoples Resistance“ aus Leipzig. Gleiches gilt für die
       Ableger der „Jungen Nationalisten“, der Jugendgruppe der „Heimat“, einst
       NPD – inklusive ihrer zuletzt sehr aktiven Dresdener Ortsgruppe
       „[4][Elblandrevolte]“.
       
       ## Die Gruppen verjüngen die Szene – und erhöhen die Gewalt
       
       Das Phänomen ist indes kein rein ostdeutsches. Auch in den anderen
       Bundesländern fielen die Jungnazis zuletzt mit Aktionen auf. So hat auch
       der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen die Gruppen „Jung und Stark“,
       „Deutsche Jugend Voran“ und „Der Störtrupp“ im Blick. Auch dort sieht man
       ein „aggressives Auftreten“ auf der Straße und einen „gewaltbefürwortenden
       Diskurs“ auf Social Media. Die Gruppen hätten die rechtsextreme Szene –
       entgegen dem Trend der Vorjahre – damit nicht nur verjüngt, es sei auch
       eine Zunahme des Gewaltpotentials zu befürchten.
       
       In Bayern sieht man vor allem „Jung und Stark“ aktiv. Hier nennt der
       Verfassungsschutz „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ für
       eine verfassungsfeindliche Bestrebung. Auch im Freistaat seien CSDs gestört
       worden, Mitglieder von „Jung und Stark“ hätten auch eine Regenbogenflagge
       angezündet und sich dabei gefilmt. Das Landesamt spricht von „verstärkt
       radikalisierten jugendlichen Einzelpersonen“.
       
       Auch die kommende Innenministerkonferenz Mitte Juni in Bremen dürfte sich
       mit dem Thema beschäftigen. Bereits in den vergangenen Monaten waren die
       jungen Neonazi-Gruppen rund 30 Mal Thema im Gemeinsamen Extremismus- und
       Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) gewesen, in dem alle Sicherheitsbehörden
       zusammensitzen. Die Szene allerdings bleibt aktiv: Sie mobilisiert bereits
       zu Samstag zu einem nächsten Aufmarsch, diesmal in Herford in
       Nordrhein-Westfalen.
       
       14 May 2025
       
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