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       # taz.de -- Pro und Contra zur Wehrtechnik: Sollen an Hochschulen Panzerbauer ausgebildet werden?
       
       > Der Konvent der Hochschule Flensburg will Wehrtechnik nicht ins
       > Curriculum aufnehmen. Ein Pro und Contra zur Wehrtechnik-Ausbildung an
       > Hochschulen.
       
   IMG Bild: Ein gewisses Interesse ist nicht zu leugnen: Besucher beim Tag der Bundeswehr auf einem Leopard-II-Kampfpanzer 2024 in Hamburg
       
       Ja, Wehrtechnik sollte an Hochschulen gelehrt werden
       
       Alles Militärische aus den Hochschulen heraushalten zu wollen, etwa durch
       Zivilklauseln, ist ein Fetisch. Es ist eine leicht zu erhebende Forderung,
       mit der man sein Gewissen rein halten kann, die aber nicht mehr zeitgemäß
       ist. Zugegeben: Wer sich zivile Verteidigung zutraut und glaubt, dass
       Deutschland ohne Bundeswehr und Nato auskommt, der mag das fordern. Für
       alle anderen ergibt es keinen Sinn.
       
       Wer sich Streitkräfte leistet, der sollte auch in der Lage sein, diese
       zumindest teilweise selbst auszurüsten. Das schafft Arbeitsplätze und
       Innovationen. Das viele Steuergeld, das für die Rüstung nötig ist, sollte
       auch einen Effekt im eigenen Land haben. Zudem stärkt eine eigene
       Rüstungsindustrie die Unabhängigkeit und steigert seinen Wert als
       Bündnispartner.
       
       Selbstverständlich braucht eine Rüstungsindustrie auch Ingenieure und
       Entwickler. Bei dem nötigen Wachstum dürfte es nicht genügen, solche
       Fachleute nur an den Bundeswehr-Universitäten auszubilden – zumal die
       Bundeswehr das Personal, das sie ausbildet, erst mal selbst braucht. Es
       wäre daher gut gewesen, wenn sich das Konvent an der Hochschule Flensburg
       für eine Vertiefungsrichtung „Wehrtechnik“ im Maschinenbau entschieden
       hätte.
       
       Eine fachliche Spezialisierung würde zum allgemeinen Trend in der
       Hochschulausbildung passen. Angesichts des geplanten Umfangs und der
       Tatsache, dass sich ja erst mal Interessenten finden müssen, ist nicht zu
       erwarten, dass andere Studieninhalte verdrängt werden. Überdies könnten für
       ein solches Studienangebot [1][Drittmittel von Rüstungsfirmen] eingeworben
       werden.
       
       Die Befürchtung, dass mit einem solchen Angebot der Geist des Militarismus
       einzöge, ist abwegig, schließlich geht es [2][nach wie vor um Technik] –
       wenn auch nicht um wertfreie.
       
       Wertfrei ist allerdings auch nicht der Kontext, in den diese Entwicklung
       eingebettet ist: Eine drastisch [3][veränderte Weltlage, in der unverhohlen
       Machtpolitik betrieben] und das Recht des Stärkeren hervorgekehrt wird. Wer
       in diesem Dschungel [4][nicht zum Knecht werden] will, sollte sich wappnen.
       Und wohlgemerkt: Letztlich geht es nicht darum, einen Krieg zu führen,
       sondern darum, einen Krieg zu vermeiden. Gernot Knödler
       
       Nein, Wehrtechnik sollte an Hochschulen nicht gelehrt werden
       
       Die Diskussion über die Einführung eines [5][Wehrtechnik]-Moduls in die
       Ingenieursausbildung an der [6][Hochschule Flensburg] ist schwierig. All zu
       leicht können die Kritikübenden dem Vorwurf ausgesetzt sein, sie nähmen die
       veränderte weltpolitische Lage und eine mögliche Bedrohung durch Russland
       nicht zur Kenntnis.
       
       Doch letztlich es ist gut, dass sich der Konvent des dortigen Fachbereichs
       Maschinenbau, Verfahrenstechnik und maritime Technologien nun gegen diese
       Vertiefung des regulären Studiengangs entschieden hat. Denn Rüstung gibt es
       auf der Welt und auch in unserem Land genug. Und es ist klüger, die zivile
       und die militärische Forschung weiter möglichst auseinanderzuhalten.
       Schließlich gibt es ja in München und Hamburg auch zwei
       Bundeswehr-Universitäten, die auch jeweils einen technischen Schwerpunkt
       haben.
       
       Eine Ausweitung des Wehrtechnik-Studiums auf zivile Hochschulen, im
       Flensburger Fall war laut [7][NDR-Bericht] sogar womöglich eine Kooperation
       mit einem Schützenverein geplant gewesen, damit Studierende den nötigen
       Waffenschein erhalten, würde zu einer Militarisierung und einer Gewöhnung
       an kriegerische Lösungen und Denkweisen beitragen. Aber Krieg kann und
       sollte in unserer hoch entwickelten und zivilisierten Welt keine Lösung
       sein.
       
       Und es wird ja nicht gerade wenig Rüstung in Deutschland produziert. Obwohl
       wir nur gut ein Prozent der Weltbevölkerung stellen, exportiert dieses Land
       laut dem schwedischen [8][Sipri-Friedensforschungsinstitut] [9][fünf bis
       sechs Prozent aller Waffen] und steht gleich hinter den USA, Frankreich,
       Russland und China auf Platz fünf. Waffen, die hier gebaut und exportiert
       werden, führen anderswo zu Krieg und verursachen mit die Flucht von
       Menschen, wogegen Europa dann wiederum mit Hilfe von Militärtechnik seine
       Grenzen sichert.
       
       Wenn wir trotz allem mehr Rüstungsforschung brauchen, um mit den als
       Bedrohung gesehenen Gegnern mithalten zu können, dann kann dies innerhalb
       der bestehenden Strukturen und Institute geschehen. Die wirkliche
       Herausforderung unserer Zeit besteht jedoch darin, wie wir in dieser hoch
       komplexen Welt zu einem friedlichen Zusammenleben und Interessenausgleich
       aller Menschen der Erde kommen.
       
       Die Weltgemeinschaft sollte sich nicht nur Klimaziele, sondern auch wieder
       Abrüstungsziele vornehmen. Und für junge Ingenieurstalente gibt es mit dem
       Ausbau einer nachhaltigen Energierversorgung und Mobilitäts-Infrastruktur
       genug andere Tätigkeitsfelder. Kaija Kutter
       
       16 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Boom-der-Ruestungsindustrie/!6072464
   DIR [2] https://www.hintsteiner-group.com/blog/wehrtechnische-entwicklung-gegebenheiten-standards-anforderungen
   DIR [3] /US-Aussenpolitik/!6068192
   DIR [4] /Gastbeitrag-zu-Putins-Kulturzerstoerung/!6072103
   DIR [5] /Aufruestung/!6085519
   DIR [6] https://hs-flensburg.de/hochschule/aktuelles
   DIR [7] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/schleswig-holstein_magazin/Debatte-ueber-Wehrtechnik-Modul-an-Hochschule-Flensburg,shmag127554.html
   DIR [8] /Sipri-Friedensforschungsinstitut/!6084996
   DIR [9] https://de.wikipedia.org/wiki/Waffenexport
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
   DIR Kaija Kutter
       
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