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       # taz.de -- Mietvertrag für Schutzraum läuft aus: „Unterschlupf“ auf heißen Kohlen
       
       > Der Mietvertrag für den Schutzraum für wohnungslose Frauen* in Kreuzberg
       > endet bald. Eine Alternative fehlt. Eine Petition ruft zum Erhalt auf.
       
   IMG Bild: Im „Unterschlupf“, dem Tagestreffpunkt für Frauen* in der Obdachlosigkeit, hilft die ehrenamtliche Mitarbeiterin Stephanie
       
       Berlin taz | Mittagszeit im [1][„Unterschlupf“], dem [2][Tagestreff für
       Frauen* in der Obdachlosigkeit] in Kreuzberg. Um einen großen Tisch sitzen
       Frauen verschiedenen Alters, es gibt rote Linsensuppe und salzige Muffins.
       Auch an Himmelfahrt haben sich Ehrenamtliche gefunden, um den Tagestreff in
       der Wrangelstraße zu öffnen. Einige Besucherinnen rauchen auf der Terrasse,
       andere ruhen sich auf Liegestühlen im Garten aus.
       
       Im Unterschlupf können sie zur Ruhe kommen, Wäsche waschen, duschen,
       kreativ sein und beim Kaffee miteinander ins Gespräch kommen. Die
       Mitarbeiterinnen unterstützen dabei, Schlafplätze zu finden und
       bürokratische Angelegenheiten zu regeln. Die drängende Frage seit Beginn
       des Projekts aber lautet: Wie lange noch?
       
       Der Mietvertrag läuft bis Ende Juni, mündlich sei eine Verlängerung bis
       Ende September angekündigt worden. Die Einrichtung sitzt auf heißen Kohlen.
       Solche kurzen und kurzfristig angekündigten Verlängerungen seien für eine
       soziale Einrichtung nicht zumutbar. „Wir wollen ja unseren Klientinnen
       Sicherheit geben“, sagt Sophie Wilharm, die ehrenamtlich im Unterschlupf
       arbeitet und Teil des neu gegründeten Kampagnenteams ist.
       
       Seit rund einer Woche läuft eine Petition [3][auf der Plattform WeAct], die
       bislang 3.800 Menschen unterzeichnet haben. Sie richtet sich an die
       Evangelische Kirchengemeinde Kreuzberg, die die Räume in der Wrangelstraße
       30 vermietet. „Unsere Forderungen sind, dass wir bis zum Abriss des Hauses
       hierbleiben können und dass die Kirchengemeinde uns danach äquivalente
       Räumlichkeiten stellt“, sagt Wilharm.
       
       ## Nur eine Zwischenlösung
       
       Dass es sich bei den Räumlichkeiten um eine Zwischenlösung handelt, war
       seit Gründung des Unterschlupfs Anfang 2023 klar. Es stand bereits fest,
       dass das Haus abgerissen werden und dort ein Wohnhaus entstehen soll. Doch
       trotz intensiver Suche konnte bisher keine passende Alternative gefunden
       werden. Finanziert wird der Unterschlupf zu einem Großteil durch einen
       privaten Spender, hinzu kommen Einzelspenden.
       
       Die Petition richte sich an die Kirchengemeinde, weil diese die Vermieterin
       sei – und sich das Projekt von dieser Stelle am ehesten konkrete Hilfe
       erhoffe, sagt Lena Siever, die seit zwei Jahren ehrenamtlich für den
       Unterschlupf arbeitet und seit kurzem für ein paar Stunden die Woche
       angestellt ist. Wichtig sei mehr Planungssicherheit, solange nicht
       feststehe, wann das Gebäude tatsächlich abgerissen werde. „Wir fühlen uns
       hingehalten“, sagt Lena.
       
       ## Protestaktion am 12. Juni
       
       Für den 12. Juni um 16 Uhr sei deshalb auf dem Lausitzer Platz eine
       Protestaktion geplant, deren Ziel auch sei, generell Sichtbarkeit für die
       Probleme wohnungsloser Frauen zu schaffen. Denn das Gesamtproblem sei
       größer. „Wir wollen zeigen, wie schwierig es ist, als kleines Team einen
       sicheren Raum für Flinta-Personen zu schaffen, weil Obdachlosen- und
       Wohnungslosenhilfe fast nicht unterstützt wird. Das wird hauptsächlich vom
       Ehrenamt gestemmt.“
       
       Auch die Besucherinnen spürten die unsichere Lage, sagt Sarah, die
       eigentlich anders heißt und seit 2019 wohnungslos ist. „Natürlich bekommen
       wir das mit. Das zehrt an den Nerven.“ Der Unterschlupf sei so wichtig,
       weil er einen geschützten Raum biete. „Auf der Straße bist du irgendwie
       ausgeliefert.“
       
       ## Falsche Behauptungen in der Petition
       
       Die [4][Evangelische Kirchengemeinde Kreuzberg] unterstreicht auf
       taz-Nachfrage, dass die Räume von Anfang an als Zwischennutzung überlassen
       worden seien. In der Petition würden falsche Behauptungen verbreitet, was
       das vertrauensvolle Verhältnis zum Projekt erschüttere. So solle der
       Unterschlupf nicht „endgültig auf die Straße gesetzt werden“. Auch sei
       nicht geplant, ein „luxuriöses Wohn- und Geschäftshaus“ zu errichten,
       sondern ein Wohngebäude mit durchschnittlichem Standard.
       
       Martin Fiebig, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates, kritisiert die
       Aussage „Nächstenliebe? Von wegen!“ in der Petition als Stimmungsmache.
       Gleichzeitig versichert er, dass der Kirchengemeinde die Zukunft des
       Projekts am Herzen liege. „Es geht hier nicht um uns, sondern um
       außerordentlich schutzbedürftige Menschen, denen wir weiterhin zur Seite
       stehen.“
       
       Am Montagnachmittag wolle die Kirchengemeinde dem Unterschlupf die
       Möglichkeit unterbreiten, andere Räume anzumieten, aus denen ein sozialer
       Träger ausziehen werde.
       
       Transparenzhinweis: Die Autorin arbeitet ehrenamtlich für den Unterschlupf
       e. V.
       
       1 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://unterschlupf-kreuzberg.de/
   DIR [2] https://unterschlupf-kreuzberg.de/
   DIR [3] https://weact.campact.de/petitions/keine-verdrangung-unseres-tagestreffs-fur-frauen-in-der-obdachlosigkeit
   DIR [4] https://www.evkgk.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Inga Dreyer
       
       ## TAGS
       
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