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       # taz.de -- Konflikte im Odzala-Kokoua-Nationalpark: African Parks bestätigt Übergriffe von Rangern auf Indigene
       
       > Angehörige der Baka wurden im Namen des Naturschutzes misshandelt und
       > vertrieben. Das bescheinigen interne Untersuchungen des
       > Nationalparkbetreibers.
       
   IMG Bild: Heimat von Gorillas, Bongos und anderen Großsäugern. Und vor allem traditionelles Gebiet der Volksgruppe der Baka: Nationalpark
       
       Kampala taz | Fast zwei Jahre haben die internen Untersuchungen gedauert.
       Nun bestätigt die Naturschutzorganisation African Parks, dass ihre
       Wildhüter in der Republik Kongo [1][Menschen der Volksgruppe der Baka]
       misshandelt haben. Die konkrete Rede ist von Folter, Vergewaltigung und
       Zwangsvertreibung von Indigenen, die einst das Gebiet bewohnten, auf dem
       sich heute der Odzala-Kokoua-Nationalpark befindet.
       
       Die Vorwürfe waren bereits 2023 publik gemacht worden, unter anderem von
       der Menschenrechtsorganisation Survival International. Schlagzeilen gab es
       damals vor allem, weil auch der britische Prinz Harry im Vorstand von
       African Parks vertreten ist – die britische Königsfamilie unterstützt
       zahlreiche Wohltätigkeits- und Naturschutzorganisationen in Afrika.
       Survival International forderte den Prinzen sauf, von seiner Funktion
       zurückzutreten. Reagiert hat er bislang nicht.
       
       Ende 2023 beauftragte African Parks die Londoner Anwaltskanzler Omnia
       Strategy, die Vorfälle vor Ort zu untersuchen. „African Parks ist sich
       bewusst, dass es in einigen Fällen zu Menschenrechtsverletzungen gekommen
       ist“, gibt die Organisation nun in einem kurzen Statement zu: „Wir bedauern
       zutiefst den Schmerz und das Leid“, das den Opfern zugefügt wurde.
       
       In einem detaillierteren Bericht führt Omnia aus, dass insgesamt 21 Fälle
       von mutmaßlichen Menschenrechtsverbrechen untersucht wurden, darunter
       Vergewaltigung, Folter, illegale Tötungen und willkürliche Verhaftungen.
       Insgesamt seien im Nationalpark Odzala-Kokoua in der Republik Kongo und
       Südafrika, wo African Parks seinen Hauptsitz hat, über 180 Menschen dazu
       befragt worden. Dazu hätten neben den betroffenen Baka auch die Wildhüter
       gehört, also die mutmaßlichen Täter.
       
       ## Militarisierter Naturschutz
       
       Dass Wildhüter in Afrika mit brutalen Methoden gegen Indigene und lokale
       Bauern vorgehen, ist kein Einzelfall. Mehrfach hat die taz [2][die
       Systematik und Problematik der Wildhüter-Ausbildung thematisiert, die
       mitunter mit militärischen Methoden wie Anti-Terror-Strategien trainiert
       werden].
       
       Dass nun African Parks in den Fokus gerät, hat auch damit zu tun, dass das
       Konsortium immer mehr Nationalparks auf dem afrikanischen Kontinent
       verwaltet. Die Weltgemeinschaft hat Ende 2022 entschieden, bis 2030 rund 30
       Prozent der Erdoberfläche unter Naturschutz zu stellen, um den Planeten zu
       retten. African Parks spielt dabei auf dem afrikanischen Kontinent eine
       wichtige Rolle. Laut eigenen Angaben will die Organisation eine Milliarde
       US-Dollar bereitstellen, um bis 2030 30 Nationalparks in Afrika zu
       verwalten – weit mehr als 20 Millionen Hektar Landmasse, die dann von den
       Wildhütern von African Parks kontrolliert werden.
       
       „Die Gewaltkultur ist den afrikanischen Wildhütern von weißen Trainern aus
       Südafrika, Frankreich oder Israel beigebracht worden, [3][welche die
       Indigenen als Wilderer betrachten und behandeln]“, so Olivier van Beemen,
       niederländischer Journalist und Autor des Buches „Im Namen der Tiere“, das
       2024 auch auf Deutsch veröffentlicht wurde. Beemen hat die Geschichte von
       African Parks intensiv recherchiert. Das einst profitorientierte
       Unternehmen wurde im Jahr 2003 von dem niederländischen, mittlerweile
       verstorbenen Unternehmer Paul Fentener van Vlissingen in den Niederlanden
       mitgegründet, mittlerweile hat es seinen Hauptsitz in Südafrika und ist als
       Naturschutzorganisation registriert.
       
       ## Deutsche Verantwortung
       
       Beemen selbst wurde bei seiner Recherche über African Parks in Benin
       verhaftet. Er hat auch die Führungsebene der Organisationen mit den
       Ergebnissen konfrontiert. Diese habe ihm gegenüber argumentiert, sie hätten
       in den vergangenen Jahren insgesamt 16.000 Menschen verhaftet – wegen
       mutmaßlicher Wilderei. Dabei seien nur 10 Fälle von Gewalt gegen die
       Festgenommen dokumentiert, also im Vergleich eine geringe Zahl. „Diese
       Leute hinterfragen ihre Ansätze nicht“, sagte Beemen der taz. „Aber ich
       hoffe, dass all das letztlich doch zu mehr Respekt gegenüber den
       Menschenrechten führt.“
       
       Der [4][Odzala-Kokoua Nationalpark im Norden der Republik Kongo, nahe der
       Grenze zu Kamerun, wird auch mit deutschen Geldern finanziert], zumindest
       ist dies in der nächsten Finanzierungsphase so vorgesehen. Das
       Bundesentwicklungsministerium (BMZ) unterstützt das Naturschutzgebiet über
       den sogenannten Legacy Landscapes Fund. Dieser Weltnaturerbefonds wurde
       2020 auf deutsche Initiative eingerichtet, um darüber Naturschutzvorhaben
       von verschiedenen Gebern zu finanzieren. „Wir nehmen die Sache sehr ernst“,
       heißt es auf der Webseite des Fonds. Sobald die Beratungen abgeschlossen
       seien, würden mehr Details veröffentlicht.
       
       Die Bundesregierung gehört zu den Initiatoren und größten Gebern des Fonds.
       „Das BMZ ist tief betroffen“, erklärt die Pressestelle des Ministeriums auf
       taz-Anfrage. „Menschenrechtsverletzungen sind für das BMZ nicht
       akzeptabel.“ Deswegen habe man African Parks zu einer „Aufarbeitung
       gedrängt“, so das Ministerium. Es sei „zentral, dass African Parks nun
       weitere nötige Schritte für einen Naturschutz im Einklang mit den
       Menschenrechten unternimmt“.
       
       1 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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