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       # taz.de -- Russland-Ukraine-Talks: Neuer Austausch von Gefangenen geplant
       
       > Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine enden am Montag
       > fast ohne Ergebnis. Menschen in Lwiw misstrauen Moskau.
       
   IMG Bild: Vor Gesprächen zerstört die Ukraine russische Flugzeuge, hier ein Tu-95 MS Bomber und Raketenträger
       
       Lwiw taz | Die ukrainischen Fernsehsender kommen an diesem Montag nicht
       mehr hinterher. Die Sequenzen wechseln sich alle paar Minuten ab.
       Militärexpert*innen analysieren die Bedeutung umfänglicher
       [1][ukrainischer Drohnenangriffe auf russische Militärflugzeuge] vom
       Sonntag. Der unerwartete Vorstoß wird in Russland „[2][Spezialoperation]“
       genannt. Kameras schwenken über in der vergangenen Nacht bei russischen
       Luftschlägen zerstörte Wohnhäuser in den ukrainischen östlichen Regionen
       Charkiw, Donezk und Saporischschja. Krankenwagen transportieren blutende
       Verletze ab. Im ukrainischen sogenannten Tele-Marathon zeigen alle
       TV-Sender das gleiche Programm.
       
       Darunter sind Szenen aus Istanbul: Vor dem Çırağan Palace Hotel, [3][wo an
       diesem Montag eine ukrainische und eine russische Delegation zu direkten
       Gesprächen zusammenkommen], bemüht sich eine ukrainische TV-Journalistin,
       die quälende Wartezeit zu überbrücken. Immerhin: Mit nur einer Stunde
       Verspätung beginnen die Verhandlungen, doch nach draußen dringt nichts –
       noch nicht.
       
       Nach einer Stunde ist alles schon wieder vorbei. Nur so viel scheint klar
       zu sein: Fundamentale Fortschritte sind nicht zu verzeichnen, aber laut dem
       ukrainischen Verteidigungsminister und Leiter der ukrainischen Delegation,
       Rustem Umerow, soll es [4][wie nach einem ersten direkten Treffen in
       Istanbul am 16. Mai] einen weiteren Gefangenenaustausch nach der Formel
       „alle gegen alle“ geben. Es geht dabei um schwerverletzte und erkrankte
       Truppenangehörige sowie Soldaten im Alter bis zu 25 Jahren.
       
       Ansonsten besteht Moskau laut der Agentur Axios auf seinem bekannten
       Maximalprogramm. Dazu gehört die Forderung eines kompletten Abzuges
       ukrainischer Truppen aus den vier Verwaltungsbezirken Donezk, Luhansk,
       Saporischschja und Cherson, die russische Truppen nicht in Gänze
       kontrollieren. Von tausenden nach Russland verschleppten Kindern will
       Moskau angeblich nur 10 zurückgeben; und das bis zum 10. Juli.
       
       ## Zweifel an Russland
       
       In der westukrainischen Stadt Lwiw scheint Russlands Angriffskrieg weit weg
       zu sein – aber nur auf den ersten Blick. Große Tafeln auf Ukrainisch und
       Englisch in der Nähe des Rathauses ehren Soldaten, die im Osten getötet
       wurden – die beiden letzten erst Ende Mai. Auf dem Freiheitsboulevard im
       Zentrum, der direkt zur Oper führt, sind fast alle Bänke besetzt. Viele
       Frauen, die hier entlang schlendern, tragen bestickte Blusen oder bedruckte
       T-Shirt. „Ich bin ukrainisch“, steht darauf. Jugendliche stehen in Gruppen
       zusammen, sichtlich ausgelassen. Die Sommerferien, die drei Monate dauern,
       haben gerade begonnen.
       
       Wladislav, ein Mittdreißiger, ist skeptisch, was die zweite
       Verhandlungsrunde angeht. „Ich erwarte da keinen Durchbruch. Russland
       glaubt doch immer noch, dass es mit seinem Krieg mehr zu gewinnen hat, als
       wenn dieser endlich enden würde“, sagt er der taz. Moskau werde mal wieder
       nur so tun, als sei es offen für einen Dialog. Doch die Militäraktionen
       der vergangenen Tage und Wochen zeigten doch, dass sich an Moskaus
       Absichten nichts geändert habe, meint Wladislaw.
       
       Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj, am Montag beim Treffen des
       Nato-Ostflügels im Bukarest-Format (B9) anwesend, äußerte vor wenigen Tagen
       Zweifel daran, dass Russland wirklich zu produktiven Gesprächen bereit sei.
       Während Kyjiw vor dem Treffen in Istanbul ein Memorandum mit konkreten
       Forderungen vorgelegt hatte (dazu gehören unter anderem eine Waffenruhe
       ohne Vorbedingungen sowie die Rückkehr aller nach Russland verschleppten
       Kinder), wird Moskaus Programm unter Verschluss gehalten.
       
       Juri Durkot, Germanist und Übersetzer aus Lwiw, fühlt sich in seiner
       Skepsis bestätigt. „Russland will weiter manipulieren, lügen, drohen, auf
       Zeit spielen und Menschen töten. Man muss schon sehr naiv sein, um zu
       glauben, dass Putin den Krieg beenden will“, sagt Durkot. Selbst bei dem
       Gefangenenaustausch habe Moskau manipuliert. Denn als Kriegsgefangene
       ausgetauscht worden seien reguläre ukrainische Häftlinge aus den besetzten
       Gebieten.
       
       2 Jun 2025
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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