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       # taz.de -- Giro-d'Italia-Sieger Simon Yates: Aus dem Schatten
       
       > Der Brite Yates verarbeitet mit dem Gesamtsieg beim Giro d'Italia
       > zugleich ein Trauma. Der Mexikaner Isaac Del Toro bezaubert mit
       > Unbekümmertheit.
       
   IMG Bild: Radsport kann so kitschig sein: Simon Yates gewinnt den Giro mit einer ganz besonderen Vorgeschichte
       
       Berlin taz | Am Ende strahlten sie alle. Simon Yates, weil er den Giro
       d’Italia gewissermaßen in letzter Minute gewonnen hatte, am letzten Anstieg
       der Rundfahrt. Auch Isaac Del Toro strahlte. Der Mexikaner hatte am letzten
       Berg zwar den Giro verloren. Deshalb trug er nur weiß, als Zeichen für den
       besten Jungprofi, und nicht mehr rosa wie Yates. Aber dass er bei seinem
       Debüt elf Tage lang im Führungstrikot sein und einen Etappensieg feiern
       würde – all das hätte sich der erst 21-Jährige vor dem Start nicht ausmalen
       können. „Dieser Giro war wie ein Traum“, sagte er, als die erste
       Enttäuschung überwunden war.
       
       Wer auch strahlte, war Papst Leo XIV. [1][Er wurde am 8. Mai zum Papst
       geweiht,] einen Tag bevor [2][in Albanien] auf der anderen Seite der Adria
       der Giro d’Italia begann. Als Vermächtnis seines Vorgängers hatte er den
       Parcours der letzten Giro-Etappe durch den Vatikanstaat geerbt und auch
       dessen Versprechen, die Radler zu empfangen. In seinem weißen Gewand, das
       heller strahlte als das weiße Trikot des besten Jungprofis neben ihm, gab
       er den verbliebenen 159 Fahrern die besten Wünsche für die letzte Etappe
       auf den Weg. Er ermahnte sie, „Vorbilder für junge Menschen auf der ganzen
       Welt“ zu sein und als solche nicht nur auf den Körper zu achten, sondern
       „auch den Geist zu pflegen und immer auf den ganzen Menschen zu achten:
       Körper, Geist, Herz und Seele“.
       
       Das war eine moralische Ansprache, in einem Sport, der einst durch die
       Unmoral des Dopings verwüstet wurde und in dem auch jetzt noch immer mal
       wieder der eine oder andere mit verbotenen Präparaten erwischt wird.
       
       Aber auch rein sportlich war dieser 108. Giro d’Italia bemerkenswert. Isaac
       Del Toro, der Jüngling in Weiß, hatte anderthalb Wochen lang diesen Giro
       durch seine Unbekümmertheit bezaubert und durch sein rennfahrerisches
       Geschick auch dominiert. Er überzeugte anfangs als
       Schotterstraßenspezialist, eroberte dort als Etappenzweiter hinter dem
       Klassikerspezialisten Wout Van Aert das rosa Trikot. Seine Rolle war da
       noch die des Platzhalters für den eigentlichen UAE-Kapitän Juan Ayuso. Aber
       Del Toro entwickelte sich immer mehr zum Patron des Rennens. Als solcher
       wurde er das Ziel vieler Attacken. „Unser Plan ist es, ihn zu ermüden und
       zu erschöpfen“, sagten die sportlichen Leiter all der Teams, die sich
       selbst noch Hoffnungen auf den Gesamtsieg machten.
       
       ## Triumphfahrt am Colle delle Finestre
       
       Auf der 16. Etappe, unmittelbar nach dem letzten Ruhetag, wankte Del Toro
       auch. Tags darauf stellte er mit einem Etappensieg aber die alte Ordnung
       wieder her und schien der Kronprinz, der noch vor der Zeit die Nachfolge
       [3][des letztjährigen Giro-Gewinners Tadej Pogačar] aus dem eigenen Team
       antritt.
       
       Am allerletzten Anstieg des Giros trat dann aber Yates aus dem Schatten, in
       dem er sich drei Wochen lang versteckt gehalten hatte. Der Brite, elf Jahre
       älter und die Erfahrung von 15 Grand Tours mehr in den Beinen legte am
       Colle delle Finestre eine Triumphfahrt hin, die ihm Rosa brachte.
       
       Yates war in dem Moment von seinen Gefühlen überwältigt. Nicht nur, weil er
       gewonnen hatte, sondern wegen des Ortes, an dem ihm das gelang. „Dieser
       Anstieg hat meine Karriere geprägt“, sagte er über den Colle delle
       Finestre. Sieben Jahre zuvor hatte er diesen Anstieg noch im rosa Trikot
       erklommen. Aber dieser 13. Tag im rosa Trikot des Giro 2018 sollte auch
       sein letzter in der Führungsposition sein. Mehr als 38 Minuten verlor er
       damals auf den neuen Gesamtführenden Chris Froome.
       
       Jetzt, im Mai 2025, drehte er den Spieß um und holte sich gewissermaßen
       zurück, was er vor sieben Jahren verloren hatte. „Ich hatte so viele
       Rückschläge, habe Jahr für Jahr immer wieder an diesem Ziel gearbeitet und
       jetzt endlich hat sich all das auch ausgezahlt“, sagte er, und die Tränen
       flossen über das Gesicht des sonst so beherrscht wirkenden Briten. Für ihn
       hatte sich ein Kreis geschlossen. Sieben Jahre nach der schmerzhaftesten
       Niederlage folgte nun der größte Triumph. Und nebenbei etablierte sich sein
       Team Visma – Lease a Bike nach einer verkorksten Saison 2024 wieder als
       mächtiges Grand-Tour-Team und als größter Herausforderer für Branchenprimus
       UAE.
       
       Für Giro-Sieger Yates steht im Juli wieder die Adjutantenrolle für Jonas
       Vingegaard an, bei dessen Versuch, sich den Tour-Titel von Pogačar
       zurückzuholen. Ob sich auch hier ein Kreis schließt?
       
       2 Jun 2025
       
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