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       # taz.de -- Gaza-Kundgebungen in Hamburg: Ungewöhnliche Allianzen
       
       > Der muslimische Verband Schura ruft zu einer Gaza-Kundgebung am Hamburger
       > Rathaus auf. Pro-Hamas-Gruppen wollen lieber die Rote Flora provozieren.
       
   IMG Bild: Free Gaza – aber von wem? Demonstration in Hamburg im Oktober 2024
       
       Hamburg taz | Es ist eine ungewöhnliche Allianz, die für Donnerstag aufruft
       zu einer [1][Kundgebung angesichts der katastrophalen humanitären Lage im
       Gazastreifen]: Dem Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura)
       schließen sich die Linkspartei, die Grüne Jugend und die Jusos an. Mit Ilse
       Neurath hat zudem eine Nachfahrin jüdischer NS-Verfolgte ihre Teilnahme
       angekündigt. Sie will bei der Kundgebung auf dem Hamburger Rathausmarkt
       auch sprechen.
       
       „Die anhaltenden Angriffe auf Zivilisten in Gaza, ihre Vertreibung und die
       Blockade humanitärer Hilfe stehen im direkten Widerspruch zu weltweit
       geltenden ethischen Grundsätzen und internationalen Vereinbarungen“,
       erklärt Fatih Yildiz, der Vorsitzende der Schura Hamburg. Die Lage in Gaza
       spitze sich immer weiter zu, weshalb es nun gelte, „auch bis in die Mitte
       der Gesellschaft darauf aufmerksam zu machen“, so Yildiz. Nur so könne es
       gelingen, dass auch die Bundesregierung aktive Handlungsschritte gegen die
       Menschenrechtsverletzungen einleitet.
       
       Zugleich werde eben dieser Diskurs aber immer schwieriger: Mit großer Sorge
       beobachte die Schura, wie der Meinungskorridor immer enger werde und die
       Polarisierung zunehme: „Kritisiert man das Vorgehen des israelischen
       Militärs zu stark, kommt der Vorwurf, antisemitisch zu sein – und
       andersherum kommen Beschuldigungen, wenn die Kritik zu differenziert ist“,
       sagt Yildiz.
       
       Die Reaktionen auf die Ankündigung zu der Kundgebung bestätigen Yildiz’
       Diagnose: Pro-Hamas-Gruppen empören sich darüber, dass das Wort „Genozid“
       im Aufruf fehlt – und planen für Samstag eine eigene Demonstration. Diese
       fordert ein Ende der Besetzung des Gazastreifens und das Ende des
       „Genozids“ durch Israel. Dass diese Kundgebung ausgerechnet vor der Roten
       Flora stattfinden soll, die immer wieder auf linken Antisemitismus
       hinweist, deutet auf einen weiteren Konflikt hin, den die Gruppen führen.
       
       Vor allem die Gruppe Thawra, die 2024 [2][ein Palästina-Solidaritäts-Camp
       an der Uni Hamburg veranstaltete,] und „Flora für alle“, die für eine
       Übernahme des autonomen Zentrums mobilisiert, haben sich zuletzt immer mehr
       [3][auf die Rote Flora eingeschossen.] Auslöser war ein Schriftzug, mit dem
       Flora-Aktivist:innen darauf hinwiesen, dass das Massaker der Hamas im
       Oktober vor zwei Jahren nichts mit einem Freiheitskampf zu tun haben könne.
       Beide Gruppen rufen gemeinsam mit der Gruppe „Demokratie für die Straße“
       (DfdS) zu der Demo vor der Flora auf.
       
       Auch das ist auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Allianz: Laut dem
       Hamburger Bündnis gegen Rechts handelt es sich bei DfdS praktisch um den
       Verein Umehr („United Movement for Equal Human Rights“) aus der
       rechtsextremen Querdenken-Szene. Dieser Verein hatte anfangs vor allem bei
       den Coronaprotesten mobilisiert, anschließend mit Beginn des Kriegs in der
       Ukraine pro-russische Positionen vertreten und widmet sich seit dem
       vergangenen Jahr auch dem Nahostkonflikt – [4][teils unter Verwendung
       antisemitischer Verschwörungsnarrative.]
       
       Die Schura rechnet für Donnerstag mit einer vierstelligen Zahl von
       Teilnehmenden – und hofft, dass sich noch weitere Organisationen dem Aufruf
       anschließen. „Als demokratische Gesellschaft brauchen wir ein Klima, in dem
       ein offener und kritischer Dialog ohne vorschnelle Stigmatisierung möglich
       ist“, sagt Yildiz.
       
       Dass sich die Hamburger Jusos dahinterstellen, der Hamburger
       SPD-Landesverband aber bislang keine öffentliche Unterstützung zugesagt
       hat, kann durchaus auch als Kritik am Genossen und Bürgermeister Peter
       Tschentscher gelesen werden. Dieser hatte jüngst in einem längeren
       Video-Interview die Lage in Gaza als „brutal“ bezeichnet, jegliche Kritik
       am militärischen Vorgehen Israels jedoch zurückgewiesen.
       
       3 Jun 2025
       
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