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       # taz.de -- Klingbeils Pläne für Dienstwagen: Neue Vorteile für dicke Autos
       
       > SPD-Finanzminister Lars Klingbeil will die Wirtschaft anschieben, indem
       > er E-Firmenwagen fördert. Das stößt nicht nur auf Gegenliebe.
       
   IMG Bild: Elektroautos deutscher Autobauer wie VW werden bisher auch von Kund:innen nur vorsichtig angefasst
       
       Berlin taz | Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) will mit neuen
       Steuerregeln mehr elektrische Dienstwagen auf die deutschen Straßen
       bringen. Doch seine Pläne kommen nicht bei allen gut an. „Für eine
       klimagerechte Verkehrswende macht das keinen Sinn“, sagte der taz etwa
       Luigi Pantisano, der verkehrspolitische Sprecher der Linken im Bundestag.
       Die Anreize führten nur dazu, dass insgesamt mehr Autos unterwegs sind.
       
       „Wir bräuchten entsprechend weniger Verbrenner, erst dann geht die Rechnung
       auf“, meint Pantisano. Er sieht aber in Klingbeils Plänen durchaus die
       Möglichkeit, Arbeitsplätze an gefährdeten Standorten zu sichern.
       
       Die Autokonzerne in Deutschland haben die Umstellung auf E-Antriebe zu
       lange schleifen lassen, jetzt kämpfen sie mit niedrigen Verkaufszahlen und
       [1][billiger batteriebetriebener Konkurrenz, besonders aus China]. In den
       letzten Monaten drohten viele Hersteller ihren Mitarbeiter:innen mit
       Kündigungen; Audi etwa will bis Ende 2029 insgesamt 7.500 Arbeitsplätze in
       Deutschland streichen.
       
       Zwar steigt der Absatz von E-Autos in Europa und vor allem der von
       Firmenwagen wieder – diese machen rund zwei Drittel der verkauften
       E-Fahrzeuge aus, zeigen [2][Daten des Marktforschungsdienstes Dataforce].
       Doch auch hier schneiden deutsche Marken schlecht ab. In Deutschland waren
       Ende 2024 gut 1,65 Millionen Elektroautos zugelassen. Das Ziel der
       Bundesregierung, dass hier bis 2030 15 Millionen vollelektrische Pkws
       unterwegs sind, bleibt sportlich.
       
       ## Klingbeil will mehr Wirtschaftswachstum
       
       Mit seinem neuen Gesetz will Klingbeil nicht nur E-Auto-Käufe, sondern
       [3][insgesamt das Wirtschaftswachstum anschieben]. Der Entwurf, der der taz
       vorliegt, wird am Mittwoch im Bundeskabinett besprochen. Darin steht unter
       anderem: Unternehmen, die vor 2028 einen E-Dienstwagen anschaffen, sollen
       im ersten Jahr 75 Prozent der Kosten von der Steuer absetzen können. Im
       zweiten Jahr sind es weitere 10 Prozent, der Rest verteilt sich auf die
       vier Jahre danach. In den ersten drei Jahren können so 90 Prozent, über
       sechs Jahre hinweg 100 Prozent der Kosten abgeschrieben werden. „Degressive
       Sonderabschreibung“ heißt das.
       
       Bisher sind es 40 Prozent im ersten Jahr und insgesamt 78 Prozent in den
       ersten drei Jahren, [4][wie der Ökonom Maurice Höfgen vorrechnet]. Die
       Steuervorteile sollen den Plänen zufolge künftig auch für E-Autos gelten,
       die bis zu 100.000 Euro kosten.
       
       Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie
       (VDA), begrüßt das: Die höhere Abschreibung sei ein „kraftvolles Signal für
       Investitionen in die Elektromobilität“. Auch teurere Fahrzeuge
       miteinzubeziehen findet die VDA-Präsidentin gut. Das stärke den Markt für
       gebrauchte Elektroautos, weil sich Firmenwagen nach Ablauf der Leasingzeit
       günstig weiterverkaufen lassen.
       
       Die Vorschläge Klingbeils brächten nur „wenig beim Umstieg auf E-Autos“,
       glaubt hingegen Marion Tiemann, Verkehrsexpertin bei Greenpeace. „Der viel
       größere Hebel liegt dort, wo Verbrenner-SUVs endlich steuerlich
       unattraktiver werden, nicht große Autos noch attraktiver.“ Dazu müssten
       Dienstwagen grundsätzlich anders besteuert werden. Das
       Bundesfinanzministerium kommentierte die Kritik auf taz-Anfrage nicht,
       verwies aber darauf, dass die geplante Regelung Anreize für den
       Markthochlauf der E-Mobilität setze.
       
       ## Verkehrsforscher schlagen Nachteile für Verbrenner vor
       
       Verbrenner uninteressanter zu machen, das schlagen auch Forscher des Forums
       Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) vor. [5][In einer am Montag
       veröffentlichten Studie] werben sie dafür, dass Firmen beim Kauf eines
       Dienstwagens im ersten Jahr mehr Kosten von der Steuer absetzen können als
       bisher. Klingt ähnlich wie bei den Plänen des Bundesfinanzministers – doch
       FÖS-Forscher Matthias Runkel betont, zugleich müssten die
       Abschreibungsmöglichkeiten für Verbrenner dauerhaft eingeschränkt oder an
       den CO2-Ausstoß des Autos gekoppelt werden. Besonders klimaschädliche
       Fahrzeuge wären dann auch besonders teuer.
       
       Das FÖS-Konzept enthält zudem eine grundsätzliche Neuregelung der
       Dienstwagensteuer, wie Tiemann sie fordert: Wer einen Dienstwagen mit
       Verbrenner- oder Hybridantrieb hat und auch privat nutzt, sollte pauschal 2
       Prozent des Anschaffungspreises an Steuern zahlen. Diese 2 Prozent werden
       [6][auf das Gehalt angerechnet und als Einkommen versteuert]. Bisher liegt
       der Steuersatz bei nur 1 Prozent.
       
       Der Vorteil einer höheren Steuer für fossil betriebene Firmenwagen: Der
       Staat würde mehr Geld einnehmen, das er in eine klimafreundliche
       Verkehrswende stecken könnte. Und, so steht es in der Studie, eine solche
       Reform wäre sozial gerecht. Vor allem Menschen mit hohen Einkommen fahren
       Dienstwagen. Sie sind es, die eine höhere Steuer zahlen müssten.
       
       4 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /E-Autos-in-China/!6080640
   DIR [2] https://www.dataforce.de/en/eu-pc-lcv-report-2025/
   DIR [3] /Wirtschaftsfoerderung/!6088291
   DIR [4] https://www.geldfuerdiewelt.de/p/superabschreibung-fur-e-autos-ein
   DIR [5] https://foes.de/publikationen/2025/2025-05_FOES_E-Mobilitaet.pdf
   DIR [6] /Verbaende-kritisieren-Haushaltsentwurf/!6021011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nanja Boenisch
       
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