# taz.de -- Thomas Mann als Spielsache: Siebeneinhalb Zentimeter Literaturheiliger
> Weil er 150 Jahre alt würde, bringen sein Verlag und ein
> Spielwarenkonzern Literaturnobelpreisträger Thomas Mann als Plastikfigur
> heraus. Ein Frevel?
IMG Bild: Blättern geht nicht: Playmobil-Thomas-Männchen mitsamt „Buddenbrooks“
Ob auf dem Hauptfriedhof in Frankfurt am Main neuerdings das Ächzen eines
im Grabe rotierenden Groß-Literaturkritikers erklingt? Denn für Marcel
Reich-Ranicki, dessen Asche da in hessischer Erde lagert, [1][ging, wenn
überhaupt, nur wenig über Thomas Mann], genauer: Mann als Roman-Verfasser.
Wenn da aber die Literatur an sich ihren Höhepunkt gefunden haben soll,
allen voran in des gebürtigen Lübeckers Kaufmannsfamilienverfalls-Schmöker
„Buddenbrooks“: Dann kann der jüngste Marketing-Move [2][seiner
langjährigen Verleger] eigentlich nur ein Frevel sein. Aus einleuchtenden,
weil biografischen Gründen – Mann würde am Freitag 150 Jahre alt – haben
sie sich mit einem fränkischen Spielwarenhersteller zusammengesetzt, und
nun gibt es den Literaturnobelpreisträger von 1929 als Playmobil-Figur.
Die [3][klassische, siebeneinhalb Zentimeter große, „menschenähnliche
Spielfigur] aus Kunststoff“ nun war, was die Marke bekannt gemacht hat,
weit hinaus über den von Mann so reich beschenkten deutschen Sprachraum.
Aus Kopf, Perücke, zwei Armen sowie einem Rumpf mit Innenteil und Beinpaar
bestanden sie seit 1974: Damals ging man quasi mit der Vorlage für die
Retorten-Disco-Band „Village People“ an den Start, die ab 1977 schwules
Begehren [4][auch in allerstraighteste deutsche Haushalte] trug. (Gut, die
ersten Playmo-Männchen waren ein Bauarbeiter, ein Ritter und ein
„Indianer“, auf den Village-Polizisten mussten wir noch etwas warten. Und
einen Motorrad-Leder-Macho, gibt es den inzwischen?)
Schwules Begehren aber, und die immensen Schwierigkeiten, die einem dafür
eine enge Umwelt mit starren Konventionen bereiten kann: Das war Thema bei
und, mehr noch, für [5][Thomas Mann], auch da schließen sich Kreise – ganz
wie in einem guten Roman, Herr reich-Ranicki?
## Natürlich mit den „Buddenbrooks“
Der selbstredend „exklusive“, limitierte, seit 28. Mai im Buch- und
vielleicht ja auch Spielwarenhandel [6][erhältliche Plastik-Mann (8,99
Euro)] bringt naheliegende Utensilien mit: Einen Hut kann man ihm
aufsetzen, einen stützenden Stock in die Hand geben; in der anderen bleibt
immer noch Platz für das aufgeschlagene Buch – natürlich sind’s die
„Buddenbrooks“.
In Frankfurt nachfragen, wie es MRR denn nun sieht mit der Trivialisierung
eines Quasi-Heiligen, dazu bedürfte es einer Séance. Die sich vielleicht
zudem aufdrängt, nachdem der Schauspieler uvm. Armin-Müller-Stahl gerade
dem NDR erzählt haben soll, der Jubilar habe sozusagen Besitz genommen von
ihm: „Ein Teil von mir ist Thomas Mann geworden“… (Das Gespräch mit
Moderator Keno Bergholz ist am Geburtstags-Freitag ab 16 Uhr im „Journal“
auf [7][NDR Kultur] zu hören.)
Immerhin: Deutsche Gerichte haben den einst in Zirndorf (Landkreis Fürth)
ersonnenen Männchen schon attestiert, sie seien „Werke der angewandten
Kunst“. Mann indes, behaupten wir einfach mal, hätte seinen Spaß an seiner
keck unhanseatischen, Kinderaugen aber wohl nur in der Erwachsenenfantasie
zum Leuchten bringenden Spielzeug-Variante.
5 Jun 2025
## LINKS
DIR [1] /Wir-wollen-ihm-nicht-boese-sein/!1275494
DIR [2] https://www.fischerverlage.de/autor/thomas-mann-1003439
DIR [3] /Zickzack-Haare-und-Dauerlaecheln/!5964676
DIR [4] https://www.youtube.com/watch?v=voVRRZIkovc
DIR [5] /Thomas-Mann/!t5021757
DIR [6] https://www.fischerverlage.de/buch/thomas-mann-thomas-mann-playmobil-9783596712397
DIR [7] https://www.ndr.de/kultur/buch/Armin-Mueller-Stahl-Ein-Teil-von-mir-ist-Thomas-Mann-geworden,arminmuellerstahl178.html
## AUTOREN
DIR Alexander Diehl
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