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       # taz.de -- Therapeutin über psychische Gesundheit: „Verbindung findet im Alltag so wenig statt“
       
       > Brynja, das „Fitnessstudio für die Psyche“ in Bremen lädt zum zweiten Mal
       > zur Reihe „Mental Tracks“, ein Festival der psychischen Gesundheit.
       
   IMG Bild: Menschen brauchen Verbindung, sagt Janna Rohloff
       
       taz: Frau Rohloff, was unterscheidet die [1][Mental Tracks] von einer
       normalen Party?
       
       Janna Rohloff: Ich würde das Format nicht mit einer Party, sondern mit
       einem Festival vergleichen, weil es einen inhaltlichen Teil hat in
       Verbindung mit einem Konzert. Nur findet das bei den Mental Tracks nicht
       über einen oder mehrere Tage verteilt statt, sondern an einem Abend.
       
       taz: Und was sind die Unterschiede zum Festival? 
       
       Rohloff: Es geht den ganzen Abend um [2][psychische Gesundheit]. Auch die
       eingeladenen Musiker:innen haben diese im Fokus und sprechen offen über
       eigene Erfahrungen. Und man kann gegen Spende Tools zur Beruhigung
       bekommen, zum Beispiel Akupressurringe, Igelbälle und Center Shocks, diese
       supersauren Kaugummis. Wir haben außerdem einen Treffpunkt, von dem man
       abgeholt werden kann, um nicht alleine hinein gehen zu müssen.
       
       taz: Und der Abend ist konsumfrei, richtig? 
       
       Rohloff: Es gibt weder Alkohol noch andere Drogen. Das ist uns wichtig,
       damit auch Menschen mit Suchterkrankungen teilnehmen können. Es ist aber
       gar nicht so leicht, einen Raum dafür zu finden, weil die Veranstalter mit
       dem Verkauf von Alkohol ihr Geld verdienen.
       
       taz: Und trotzdem haben Sie mehrere Veranstalter gefunden.
       
       Rohloff: Ja, weil die uns, also den [3][Brynja Raum,] gut finden.
       
       taz: Alle lieben Brynja? 
       
       Rohloff: Neulich sagte mir jemand aus einer Behörde, von dem ich es nicht
       erwartet hätte, Brynja sei ein Projekt, über das sich alle positiv äußern,
       das gebe es sehr selten.
       
       taz: Und dennoch haben Sie immer noch keine finanzielle Förderung. Sie
       machen seit drei Jahren alles Vollzeit im Ehrenamt. 
       
       Rohloff: Das stimmt. Wir sind derzeit im Gespräch mit zwei Bremer
       Krankenkassen und hoffen, dass es bald eine Unterstützung geben wird, die
       Brynja absichert.
       
       taz: Bisher schien es schwierig für Sie, Geld von den Kassen zu bekommen. 
       
       Rohloff: Ja, weil die zwischen Selbsthilfe und Prävention trennen und wir
       beides vereinen. Außerdem sind die Präventionsrichtlinien veraltet – und
       als kleiner, neuer Verein ist es schwer, bei den Präventionsmitteln
       berücksichtigt zu werden. Deshalb arbeiten wir jetzt an einem Konzept mit
       Mitgliedsbeiträgen.
       
       taz: Mit denen betreiben Sie dann das „Fitnessstudio für die Psyche“? 
       
       Rohloff: Genau. Es würde dann Angebote exklusiv für Mitglieder geben, sehr
       viel mehr als zuvor, 15 bis 20 Veranstaltungen pro Woche, wie eine
       Tagesklinik, nur halt ohne Diagnose, eher präventiv gedacht. Mit den
       Monatsbeiträgen der Mitglieder könnten wir das Ganze dann endlich
       wirtschaftlich betreiben. Bisher lief das ausschließlich auf Basis von
       Spenden. Die werden wir allerdings in jedem Fall weiter brauchen.
       
       taz: Haben Sie schon wieder neue Räume? 
       
       Rohloff: Nein, aber wir suchen welche, damit wir Ende des Jahres loslegen
       können.
       
       taz: Einige Angebote sind aber auch ohne feste Räume weitergelaufen, oder? 
       
       Rohloff: Jetzt ist bald Sommerpause, aber unsere [4][ADHS-Gruppe] hat sich
       weiter getroffen und der One Day Choir ist extrem gut angekommen. Da
       studieren wir an einem Tag ein Gesangsstück ein, jede:r kann mitmachen.
       Mittlerweile muss man auch keine Noten mehr lesen können, weil wir
       Aufnahmen der Gesangsparts vorher verschicken können.
       
       taz: Gibt es den „Warteraum“ noch? 
       
       Rohloff: Ja, das ist eine von mir und einem Psychotherapeuten geleitete
       Gruppe für Menschen, [5][die auf einen Platz in der Klinik oder für
       Psychotherapie warten]. Sie ist offen für neue Teilnehmer:innen. Es hat
       sich ein Kern von etwa zehn Personen gebildet, von denen einige schon einen
       Platz gefunden haben, aber trotzdem weiter kommen, weil ihnen die Gruppe so
       viel gibt.
       
       taz: Vielleicht sogar mehr als die Psychotherapie? 
       
       Rohloff: Manche Teilnehmer:innen haben festgestellt, dass sie etwas
       gesucht haben, was sie in der Psychotherapie gar nicht finden würden.
       Verbindung, Gemeinschaft und Kontakt: Das ist alles so wichtig für unser
       Wohlbefinden und findet im Alltag so wenig statt.
       
       6 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.kulturkraken.de/veranstaltungen/mental-tracks---vol.-ii-mit-fyne-und-humansarehappy-podcast-mental-health-2025
   DIR [2] /Wege-zur-psychischen-Gesundheit/!6040748
   DIR [3] /Therapeutin-ueber-seelische-Gesundheit/!5972189
   DIR [4] /Neurodivergenz-und-Psychiatrie/!6088192
   DIR [5] /Bessere-psychische-Versorgung/!6089796
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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