# taz.de -- Dublin-Zentrum Eisenhüttenstadt: Brot, Bett und große Angst
> Geflüchtete im Rückführungszentrum in Eisenhüttenstadt prangern ihre
> Lebensbedingungen an. Brandenburgs neuer Innenminister will das Lager
> überprüfen.
IMG Bild: Das Leben von Geflüchteten in Eisenhüttenstadt ist von Perspektivlosigkeit geprägt
Berlin taz | Bewohnerinnen und Bewohner des Dublin-Zentrums für Geflüchtete
in Eisenhüttenstadt haben sich in einem dramatischen Brief an die
Öffentlichkeit gewandt. Sie prangern darin ihre Lebensbedingungen und ihre
Perspektivlosigkeit an.
Das Zentrum in Eisenhüttenstadt ging im März dieses Jahres als [1][zweites
solches Zentrum bundesweit in Betrieb]. Von den 150 Plätzen sind derzeit
nach offiziellen Angaben rund 30 besetzt. Das Zentrum ist für Geflüchtete
vorgesehen, die über einen anderen EU-Staat wie Polen eingereist sind,
damit sie nach dem Willen der Bundesregierung schneller dorthin
zurückgeschoben werden können. Ein großer Teil stammt nach Angaben des
Flüchtlingsrates aus dem Bürgerkriegsland Sudan, aber auch aus Somalia,
Kongo und Syrien.
Eine Frau sei mit ihrem Neugeborenen in Polen fünf Monate lang inhaftiert
gewesen, bevor sie sich nach Deutschland durchschlagen konnte, so der
Flüchtlingsrat. Polen sei für die Menschen kein sicherer Drittstaat,
erklären die BewohnerInnen: „Polen will uns nicht haben. Viele von uns
mussten in Asylgefängnissen, umzäunt von vier bis fünf Zäunen (mit Elektro-
und Stacheldrahtzäunen) leben. Es gab zeitliche Beschränkungen, wann wir
den Raum verlassen durften, um an die frische Luft zu kommen (nur mit
Wärter).“
Auch hätten sie in dem Gefängnis keinen Zugang zu einem fairen
Asylverfahren gehabt, mehrere BewohnerInnen schreiben von
Selbstmordabsichten. „Wenn wir nach Polen abgeschoben werden, ist das
Risiko für uns sehr hoch, wieder ins Gefängnis zu kommen“, heißt es. Auch
die Angst vor [2][Pushbacks nach Belarus] ist groß.
## Unangekündigte Polizeibesuche
Die Menschen kritisieren aber auch die Lebensbedingungen in
Eisenhüttenstadt. Sie erhalten keinerlei Bargeld, sondern nur „Brot, Bett
und Seife“. Manche Menschen würden seit drei Monaten unter diesen
Bedingungen leben. Kleidung können sie nicht kaufen, nicht einmal für
Babys. Ohne Geld sei es aber auch nicht möglich, sich anwaltlich vertreten
lassen zu können, um die beabsichtigte Rückführung nach Polen anzufechten.
„Jeden Tag werden Zimmer und manchmal sogar Schränke kontrolliert. Die
Türen lassen sich nicht abschließen und die meisten unserer Schränke sind
nicht abschließbar, was dazu führt, dass unsere Sachen ständig
verschwinden“, heißt es weiter. Die Menschen seien in ständiger Angst vor
Abschiebung auch aufgrund häufiger unangekündigter Polizeibesuche. „Wir
werden von der Lagerverwaltung unter Druck gesetzt, nach Polen
zurückzukehren.“
Brandenburgs neuer Innenminister René Wilke (parteilos) stellt das
[3][Dublin-Zentrum in Eisenhüttenstadt infrage], allerdings nicht aus
humanitären, sondern aus finanziellen Gründen. Das zuständige
Innenministerium äußerte sich auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht
zu dem offenen Brief.
6 Jun 2025
## LINKS
DIR [1] /Abschiebezentren-fuer-Dublin-Fluechtlinge/!6066894
DIR [2] /Gefluechtete-zwischen-Polen-und-Belarus/!5807204
DIR [3] /Ex-Linker-Innenminister-in-Brandenburg/!6086135
## AUTOREN
DIR Marina Mai
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