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       # taz.de -- „Der Nachwendekindertalk“: Neues Format, neue Stimme
       
       > Nach vier Monaten von „Mauerecho – Ost trifft West“ gewinnt der Podcast
       > eine neue Co-Moderatorin. Auch ein neues Format wird nun alle zwei Wochen
       > produziert.
       
       Gemeinsam mit seiner neuen Co-Hostin Marie Eisenmann diskutiert Dennis
       Chiponda im neuen Format „Der Nachwendekindertalk“. über aktuelle Themen
       aus Politik und Popkultur. Dabei treffen sich nicht nur Ost und West,
       sondern auch Millennial und Gen Z.
       
       Eisenmann ist 1999 in Konstanz am Bodensee geboren, studiert
       Literaturwissenschaft und hat sich in verschiedenen Projekten
       ([1][„Geteilte(r) Meinung“] im Literaturhaus Magdeburg und [2][„Das wird
       man ja wohl noch sagen dürfen“], PEN Berlin) mit ihrer westdeutschen
       Perspektive auf den Osten beschäftigt.
       
       In der aktuellen Folge sprechen Marie und Chipi über Merz’
       Regierungserklärung. In dieser hat der neue Bundeskanzler besonders junge
       Menschen in die Verantwortung genommen, für ihre Zukunft und ihre Chancen
       zu arbeiten. Der neue Bundeskanzler spricht von einem neuen
       Generationenvertrag. Gerade dafür fehle aber eigentlich der Austausch mit
       den jüngeren Generationen und die Bereitschaft, ihren Forderungen und
       Wünschen zuzuhören, sind sich Chipi und Marie einig. „Wenn über den
       Generationenvertrag gesprochen wird, ist das immer einseitig“, meint Marie.
       
       Außerdem geht es um Merz’ Wohlstandserzählung: In seiner Generation habe
       sich das Versprechen des Wohlstands für alle bewahrheitet und auch für
       viele in Ostdeutschland eingelöst. Aber stimmt das überhaupt? „Ich weiß
       nicht, ob ich mich als ostdeutsche, als migrantische und queere Person
       davon mitgemeint fühle“, zweifelt Chipi. Gleichzeitig sei es auch ein
       Stereotyp, dass es allen in Ostdeutschland schlecht gehe. Viele seien auch
       Wendegewinner*innen gewesen. Außerdem sei es eine extreme Leistung,
       dass das Bruttoinlandsprodukt im Osten inzwischen auf 80 Prozent des
       westdeutschen Niveaus sei.
       
       ## Politik als Dienstleistung und der Hype um die Linke
       
       [3][Merz fordert in seiner Regierungserklärung] alle dazu auf, sich für
       Deutschland zu organisieren. Der Staat seien alle. Im Gespräch stellen
       Marie und Chipi fest, dass viele Menschen Politik als Dienstleistung
       wahrnehmen. Sie wählen eine Partei, damit diese ihnen das liefert, was sie
       erwarten. Ein solcher Anspruch müsse tatsächlich infrage gestellt werden.
       Gleichzeitig wirke die Forderung, es müssten alle noch mehr arbeiten, aus
       der Zeit gefallen. Die Arbeitslosenzahlen seien gesunken, die Zahl der
       geleisteten Arbeitsstunden werde immer höher, Burnout-Erkrankungen seien
       auf einem Rekordhoch, und immer mehr Menschen seien trotzdem
       armutsgefährdet.
       
       Ein zweites Thema der Folge ist die Linke: Kann sie ihrem Hype, gerade bei
       jungen Menschen, nach der Bundestagswahl gerecht werden? Mit 25 Prozent war
       sie die stärkste Kraft bei den 18- bis 24-Jährigen, doch kann sie
       langfristig Wahlversprechen halten? Gerade im Wahlkampf sei die Partei mit
       einer Mischung aus einer effektiven Social-Media-Strategie und dem
       Haustürwahlkampf stark gewesen, meint Chipi. „Junge Menschen sind
       politischer denn je, aber nicht unbedingt in klassischen Institutionen wie
       Parteien organisiert“, ergänzt Marie. Dass die Linke es geschafft hat,
       viele junge Menschen für den Wahlkampf zu mobilisieren, sei daher als
       Erfolg zu werten. Trotzdem bleibe abzuwarten, ob sie es auch schafft, junge
       Menschen langfristig an sich zu binden.
       
       Ein weiteres Augenmerk legen Marie und Chipi auf die Außenpolitik der
       Partei, mit der sie und viele andere junge Menschen sich wenig
       identifizieren können. Die Warnung der Linken vor Kriegstreiberei und
       Militarismus halten sie für übertrieben. „Ich bin ein schwarzer Mann, der
       in den Baseballschlägerjahren großgeworden ist – wie oft haben mir Linke
       den Arsch gerettet, weil sie Gewalt angewendet haben, um mich zu
       verteidigen?“, erzählt Chipi. Dieses Prinzip lasse sich für ihn auch auf
       den russischen Angriffskrieg in der Ukraine übertragen. Es gehe um
       Verteidigung und nicht um Imperialismus. Er vermutet, dass der höhere
       Anteil an jungen Menschen in der Linkspartei langfristig dafür sorgen
       könnte, dass sich die Partei in diesem Punkt bewegen muss.
       
       Als Letztes gehen Marie und Chipi noch auf die kontroverse Debatte um den
       [4][Antisemitismus-Beschluss der Linken] ein, die zukünftig die Jerusalem
       Declaration on Antisemitism (JDA) als Grundlage für die Bewertung von
       Antisemitismus anwenden will. Die Wissenschaft diskutiert rege über die
       Vor- und Nachteile der JDA und der Arbeitsdefinition der International
       Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). Wenn sich die Wissenschaft nicht
       einigen kann – sollte sich die Politik dann überhaupt auf eine der beiden
       Definitionen festlegen? Chipi befürwortet den Beschluss der Partei. Die
       Staatsräson ermögliche in Deutschland kaum einen kritischen Diskurs über
       Israels Regierung, der gerade für Linke aber sehr wichtig sei. Sich auf
       eine Definition zu einigen, die diese Kritik eher möglich macht, sei daher
       ein wichtiger Schritt.
       
       „Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [5][taz Panter Stiftung].
       Er erscheint jede Woche Sonntag auf [6][taz.de/mauerecho] sowie überall, wo
       es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.
       
       18 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.literaturhaus-magdeburg.de/veranstaltungen/geteilte-r-meinung-ddr-und-brd-literatur-zwischen-1961-und-1989
   DIR [2] https://penberlin.de/ost/
   DIR [3] /In-seiner-ersten-Regierungserklaerung-offenbart-Merz-eine-programmatische-Luecke/!6084656
   DIR [4] /Antisemitismus-Streit-der-Linken/!6084475
   DIR [5] /stiftung
   DIR [6] /Podcast-Mauerecho/!t6064118
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dennis Chiponda
   DIR Marie Eisenmann
       
       ## TAGS
       
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