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       # taz.de -- Demokratieabbau in Ungarn: Kritik an Orbáns geplantem NGO-Gesetz
       
       > In der ungarischen Hauptstadt Budapest protestieren Tausende. NGOs
       > kritisieren in klaren Worten. Die EU hält sich bislang mit Kritik zurück.
       
   IMG Bild: Proteste in Budapest, 18. Mai
       
       Wien taz | Rund 10.000 Menschen gingen am Sonntag in Budapest gegen ein
       [1][geplantes neues Gesetz] auf die Straße, das der Regierung weitreichende
       Kontrollbefugnisse über Medien und Nichtregierungsorganisationen einräumen
       soll. Tausende Demonstrierende versammelten sich auf dem Kossuth-Platz vor
       dem ungarischen Parlament, um dagegen zu protestieren.
       
       [2][Das Gesetz „zur Transparenz im öffentlichen Leben“], eingebracht
       vergangenen Dienstag kurz vor Mitternacht, würde es der Regierung
       ermöglichen, Organisationen zu überwachen, einzuschränken und
       möglicherweise zu verbieten, die als Bedrohung für die nationale
       Souveränität eingestuft werden.
       
       Kritiker erinnert das Gesetz an [3][das russische „Agentengesetz“], mit dem
       Präsident Putin seit 2012 gezielt gegen die Zivilgesellschaft vorgegangen
       war.
       
       Seitdem kommt Kritik aus dem In- und Ausland. Viele fürchten eine weitere
       Aushöhlung der Demokratie, die in 15 Jahren unter Orbán bereits viele
       Angriffe hinnehmen musste. Die Menschenrechtsorganisation Freedom House
       stuft Ungarn schon jetzt als nur mehr „teilweise frei“ ein.
       
       ## Unabhängige Medien vor tragischer Wahl
       
       Eine Erklärung von Amnesty International und rund 300 anderen
       Organisationen bezeichnet den Gesetzesentwurf als „autoritären Versuch, an
       der Macht zu bleiben“. Ziel des neuen Gesetzes sei es, „alle kritischen
       Stimmen zum Schweigen zu bringen und die Überreste der ungarischen
       Demokratie zu beseitigen“.
       
       „Dieser Gesetzentwurf stellt die ungarischen unabhängigen Medien vor eine
       tragische Wahl: entweder Verstaatlichung oder den Hungertod“, heißt es von
       Reporter ohne Grenzen. Die EU müsse alle verfügbaren Mittel nutzen, „um das
       zu retten, was von der Pressefreiheit noch übrig ist“. Ähnlich argumentiert
       das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) mit Sitz in New York, das ein
       „grundlegendes Untergraben der Demokratie“ sieht.
       
       Premier Orbán rechtfertigt seine Politik mit dem Kampf gegen angebliche
       ausländische Einflussnahme, insbesondere aus den USA. Die betroffenen
       Organisationen weisen diese Vorwürfe entschieden zurück und betonen ihre
       professionelle, im öffentlichen Interesse liegende Arbeit.
       
       Schon Mitte März kündigte Orbán an, kritische Organisationen nicht länger
       zu dulden. Er bezeichnete Regierungskritiker als „Stinkwanzen“ und
       versprach einen „Frühjahrsputz“.
       
       ## Gesetz könnte bald verabschiedet werden
       
       Die EU hatte Ungarn bereits 2017 wegen eines ähnlichen Gesetzes formell
       gerügt, woraufhin Budapest das Gesetz zurückziehen musste. Internationale
       Beobachter fordern nun erneut eine klare Verurteilung durch die
       europäischen Partner. Eine solche bleibt aber bisher aus: „Wir verfolgen
       diesen Prozess aufmerksam. Da es sich hier um einen Gesetzesentwurf
       handelt, werden wir uns vorerst nicht zu den Einzelheiten äußern“, heißt es
       von der Europäischen Kommission lapidar.
       
       Der ungarische Gesetzentwurf sieht vor, dass Organisationen, die Gelder aus
       dem Ausland erhalten, auf eine schwarze Liste gesetzt werden können. Sie
       bräuchten dann eine Sondergenehmigung, um weiterhin aus dem Ausland
       finanziert zu werden. Das ungarische Gesetz könnte bereits in einer der
       nächsten Parlamentssitzungen mit der Zweidrittelmehrheit der regierenden
       Fidesz beschlossen werden.
       
       19 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Demokratieabbau-in-Ungarn/!6088053
   DIR [2] https://www.parlament.hu/irom42/11923/11923.pdf
   DIR [3] /Archiv-Suche/!5462714&s=&SuchRahmen=Print/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Bayer
       
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