URI: 
       # taz.de -- Berichterstattung mit Qualität: Gegen rechte Pseudojournalisten
       
       > Die spanische Regierungspartei ergreift Maßnahmen gegen rechte Störer.
       > Die haben Pressekonferenzen des Parlaments genutzt, um Fake News zu
       > verbreiten.
       
   IMG Bild: Die spanische Regierungssprecherin Pilar Alegria in einer Pressekonferenz in Madrid am 20. Mai
       
       Die Mehrheit der spanischen Parteien ist es leid. Immer wieder sprengen
       rechtsextreme Agitatoren die Pressekonferenzen im Parlament. Sie sind als
       Journalisten eingeschrieben, arbeiten jedoch nicht für herkömmliche Medien,
       [1][sondern für Internetportale und Social-Media-Accounts, die
       Hassbotschaften und Fake News verbreiten.] Am Dienstag haben die
       regierenden Sozialisten (PSOE) nun eine Änderung der Geschäftsordnung des
       Unterhauses vorgelegt.
       
       Dieser neuen Geschäftsordnung nach sollen Störungen und Provokationen
       bestraft werden können. Beispielsweise mit einem zeitweiligen Ausschluss
       von der Pressekonferenz oder sogar dem Entzug der Akkreditierung, also der
       Zulassung zur Konferenz. Eine parlamentarische Mehrheit für die Änderungist
       sicher. Denn bis auf die konservative Partido Popular (PP) und die
       rechtsextreme VOX sind alle Fraktionen dafür – von Sozialisten über
       linksalternative bis hin zu regionalen Parteien und Provinz-Nationalisten,
       egal ob links oder rechts der Mitte.
       
       ## Abbruch nach massiven Störungen
       
       „Dies ist das Haus des Wortes, der Demokratie. Hier können wir Hass und
       Verfolgung Andersdenkender nicht zulassen“, stellte der Sprecher der
       sozialistischen Fraktion, Patxi López, die Änderung der Geschäftsordnung
       vor. Noch am selben Tag musste er [2][wegen ständiger Zwischenrufe eines
       als Journalisten akkreditierten Teilnehmers eine Pressekonferenz sogar
       abbrechen.] Der vermeintliche Journalist hatte durch sein Verhalten einen
       geregelten Konferenzablauf unmöglich gemacht. Auch er arbeitete für ein
       „Pseudomedium“. So nennen die Kritiker der beschriebenen Online-Auftritte
       diese Accounts. Nach dem Abbruch der Pressekonferenz verließ López den
       Saal, alle Journalisten von seriösen Medien folgten ihm.
       
       Ähnliches ereignete sich schon im Februar auf einer Pressekonferenz des
       kleineren der beiden Koalitionspartner, dem linksalternativen Bündnis
       Sumar. Deren Sprecherin Verónica Martínez Barbero wurde von einem bekannten
       Agitator der rechtsextremen VOX, der als Journalist eingeschrieben war,
       regelrecht niedergebrüllt. Die anwesenden Journalisten verließen die
       Pressekonferenz. [3][80 Pressevertreter versammelten sich als Zeichen des
       Protestes vor dem Haupteingang des Gebäudes.] Es war dieser Vorfall, der
       letztendlich zur Debatte über eine neue Geschäftsordnung führte.
       
       [4][PP und VOX bezeichnen die vorgeschlagene Änderung als „Zensur“] und
       verteidigen die Vertreter der „Pseudomedien“. Mitglieder der beiden
       Parteien sind in den Pressekonferenzen allerdings auch nicht die
       Zielscheibe der Pseudojournalisten. Diese bezeichnet PSOE-Pressesprecher
       López als [5][„homophob, klassistisch und rassistisch.“] Auch wenn manche
       Politiker die Störer verteidigten, seien diese keine Journalisten. „Sie
       sind Aktivisten und bedienen sich der Stigmatisierung, der Verfolgung und
       verbaler Gewalt“ fügt er hinzu.
       
       ## Pressekonferenz als Bühne für Fake News
       
       Die fragwürdigen Journalisten sind über kleine Onlinemedien im Parlament
       akkreditiert. Diese Portale haben sich darauf spezialisiert zu polarisieren
       und Fake News zu verbreiten. Oft sind es falsche Anschuldigungen, die dann
       wiederum von rechtsextremen Organisationen für Klagen vor ihnen
       wohlgesonnenen Richtern, genutzt werden. PP und VOX nutzen diese
       Ermittlungen dann in der politischen Debatte. Wenn die Verfahren Monate
       später eingestellt werden, ist der Schaden angerichtet. Viele dieser
       „Pseudomedien“ leben von Werbegeldern rechter Regional- und
       Kommunalregierungen.
       
       Die großen JournalistInnenverbände Spaniens und die Vereinigung der
       ParlamentsjournalistInnen (APP) unterstützen die Maßnahme, die die
       Sozialisten nun vorgeschlagen haben. [6][Bei der Protestversammlung vor dem
       Kongress nach der gesprengten Pressekonferenz von Sumar lasen mehrere
       APP-Mitglieder ein Manifest vor.] Sie prangerten „Beleidigungen und
       Anschuldigungen“ in den sozialen Netzwerken durch die rechten Agitatoren
       an. Diese würden „die grundlegenden Regeln des Zusammenlebens nicht
       respektieren“ und sogar „damit drohen, unsere Wohnanschriften
       preiszugeben“, heißt es in dem Manifest. „Mit ihrem Verhalten behindern sie
       die Arbeit der Beschäftigten der Medien und stören das Klima des Respekts,
       das den notwendigen Umgang mit Politikern prägen muss.“ All das habe
       direkte und negative Auswirkungen auf das verfassungsmäßige Recht der
       Bürger auf Information, betont die APP.
       
       21 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Publizistin-ueber-Verschwoerungsnarrative/!6084530
   DIR [2] https://www.publico.es/politica/congreso/patxi-lopez-abandona-rueda-prensa-constantes-interrupciones-tres-agitadores-ultras.html#google_vignette
   DIR [3] https://elpais.com/espana/2025-02-26/periodistas-protestan-contra-los-comportamientos-inaceptables-de-agitadores-ultras-en-las-cortes.html
   DIR [4] /Rechtsextreme-in-Spanien/!5590847
   DIR [5] /Rechtsextreme-in-Spanien/!5576613
   DIR [6] http://www.periodistasparlamentarios.org/?p=6888
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Fake News
   DIR Feinde der Pressefreiheit
   DIR Rechter Populismus
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Spanien
   DIR Social-Auswahl
   DIR GNS
   DIR Desinformation
   DIR Kolumne Geraschel
   DIR Bundespressekonferenz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Strategien gegen Fake-News: Das Dilemma der freien Rede
       
       Fake News und Hetze machen unser Zusammenleben kaputt. Wie können
       demokratische Gesellschaften dagegen vorgehen – ohne sich selbst in Verruf
       zu bringen?
       
   DIR Presse- und Meinungsfreiheit: Hat die Gesellschaft noch Bock drauf?
       
       Kürzlich verbot Nancy Faeser „Compact“. Das rechte Magazin selbst hat jetzt
       Klage dagegen eingereicht. Das ist gut so.
       
   DIR Diskussion um BPK-Mitglied: Bühne für Verschwörer
       
       Der frühere Online-Chef von RT Deutsch wurde in die Bundespressekonferenz
       aufgenommen. Dagegen äußern bestehende Mitglieder nun Bedenken.