# taz.de -- Neue Kontaktlinsen: Warum Menschen bald wie Schlangen sehen könnten
> Hightech-Linsen lassen Menschen Licht sehen, das sonst Schlangen und
> Bienen vorbehalten ist. Mögliche Anwendungen reichen von Rettung bis
> Spionage.
IMG Bild: Grüne Baumphyton: Phyton s gehören zu den Schlangen die über einen Infrarotblick verfügen
Wer die Welt als Ganzes sehen will, kann sich nicht nur auf die Augen
verlassen, das wusste schon [1][der kleine Prinz] aus dem gleichnamigen
Buch von Antoine de Saint-Exupéry. Nicht nur, weil man auch das Herz
braucht, um das Wesentliche zu erkennen, sondern, weil die Augen von
Lebewesen immer nur einen Teil des Lichtspektrums wahrnehmen können. Für
den Menschen markieren die Farben Lila und Rot die Enden des Regenbogens.
Bienen können jedoch das kurzwelligere UV-Licht wahrnehmen und einige
Schlangenarten verfügen über einen Infrarotblick, der ihnen bei der Jagd
hilft. Infrarotstrahlung wird auch von Wärmebildkameras genutzt. Ein
Forschungsteam um den Neurowissenschaftler Tian Xue von der Universität für
Wissenschaft und Technik (USTC) hat nun Kontaktlinsen entwickelt, die es
Menschen ermöglichen, Infrarot zu sehen. Um mit dem technischen Hilfsmittel
bereits jetzt wie eine Schlange zu sehen, ist es allerdings noch zu früh.
## Die Studie
Für die [2][im Fachmagazin Cell] veröffentliche Studie haben die
Forschenden weiche Kontaktlinsen mit einer dünnen Schicht aus Nanopartikeln
überzogen. Der Trick besteht darin, dass die Schicht die Infrarotstrahlung
absorbiert und als gewöhnliches Licht, beispielsweise in den Farben Rot
oder Blau, wieder abgibt. Mithilfe der Linsen konnten die Probanden
erkennen, aus welcher Richtung das Infrarotlicht kam, und eine Abfolge von
Signalen identifizieren, die aus einer Infrarot-LED aufblitzten. Am besten
sahen sie jedoch mit geschlossenen Augen. Infrarotstrahlung durchdringt das
Lid, sichtbares Licht aber kaum.
Den Schärfetest bestanden die Linsen allerdings nicht. Das Licht wird von
den Linsen zu stark gestreut, um die ausgeprägten Formen der Leuchtbilder,
die den Probanden gezeigt wurden, zu erkennen. Erst mit einer speziellen
Brille besserte sich das. Grundsätzlich gilt: Um wie mit einer
[3][Wärmebildkamera] sehen zu können, ist noch einiges zu tun. Warme
Objekte strahlen vor allem im fernen Infrarotbereich. Auf diesen
Wellenlängen muss die Technologie erst noch erweitert werden. Außerdem
müssen die Linsen empfindlicher werden, damit sie auch mit natürlichem,
schwächerem Infrarotlicht, das nicht durch LEDs generiert wird,
funktionieren.
## Was bringt’s?
Studienautor Tian Xue sieht trotz der Limitation Anwendungsmöglichkeiten:
„Flackerndes Infrarotlicht könnte zur Übertragung von Informationen in den
Bereichen Sicherheit, Rettung, Verschlüsselung oder Fälschungssicherheit
verwendet werden.“ Diese Funktionen wären für den militärischen Gebrauch
und die Geheimdienste interessant. Sie könnten jedoch auch von Dieben zum
Ausspähen missbraucht werden. Die Technik könnte möglicherweise auch
Menschen mit Farbenblindheit helfen. Über denselben Mechanismus würde für
sie unsichtbares Licht in sichtbares Licht umgewandelt werden.
8 Jun 2025
## LINKS
DIR [1] /Der-kleine-Prinz-als-Hoerbuch/!5341805
DIR [2] https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(25)00454-4#sec-8
DIR [3] /Kuenstliche-Intelligenz-und-Artenschutz/!5925086
## AUTOREN
DIR Adefunmi Olanigan
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