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       # taz.de -- Hitzeaktionsplan für Hamburg: Nicht für alle gibt es genug Schatten
       
       > Mehr Brunnen und eine Karte mit „kühlen Orten“ sollen helfen, sich vor
       > der Sommerhitze zu schützen. Für vulnerable Gruppen sind sie schwer
       > zugänglich.
       
   IMG Bild: In Zukunft immer häufiger: Hitze am Hamburger Rathausmarkt
       
       Hamburg taz | Bedingt durch den Klimawandel wird es auch in deutschen
       Städten immer heißer. Das ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch
       ernsthafte gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Schon 2017 sprach die
       Bundesregierung daher die Empfehlung aus, Hitzeaktionspläne zu erstellen.
       
       Im Januar dieses Jahres war es dann auch in Hamburg so weit: Die Stadt hat
       179 Seiten voller Überlegungen zum Thema Hitze veröffentlicht. Der
       Aktionsplan sei „ein geeignetes Instrument zur Bewältigung extremer
       Hitzeereignisse“, so die Gesundheitsbehörde. Ziel des Plans sei es,
       „hitzebedingte gesundheitliche Risiken frühzeitig identifizieren und
       minimieren zu können sowie gezielte Handlungsstrategien aufzuzeigen“.
       
       Anlässlich des Hitzeaktionstags am 4. Juni hat die Stadt nun auf ihre
       Maßnahmen für den Sommer hingewiesen: Leere Flaschen können an öffentlichen
       Trinkwasserbrunnen und sogenannten Wasser-Refill-Stationen aufgefüllt
       werden, es gibt Sonnencremespender in den Freibädern von Bäderland,
       automatisierte Hitzewarnungen, einen telefonischen
       Hitzeinformationsservice und eine Öffentlichkeitskampagne mit Tipps zum
       Verhalten bei Hitze.
       
       Einen Überblick verschaffen kann man sich mit der „Kühle Orte“-Karte. Auf
       den ersten Blick zu sehen sind dort Grünflächen und Wassertropfen. Erstere
       sollen Schutz vor der sommerlichen Hitze zwischen Beton und Asphalt bieten.
       Wer sich drinnen abkühlen möchte, wird auf Bücherhallen verwiesen.
       
       ## Smartphone nötig
       
       Leicht zu finden sein sollen auch die Refill-Stationen für Trinkwasser.
       Dazu zählen nicht nur Wasserspender an öffentlichen Orten, sondern auch
       beispielsweise an Unternehmenssitzen oder in Läden. Als Ergänzung zu den
       Trinkbrunnen im Hamburger Stadtgebiet setzt der Senat hier auf freiwilliges
       Engagement, um Versorgungslücken zu schließen. 
       
       Die Karte, auf der diese Orte verzeichnet sind, ist jedoch nur online
       abrufbar. Wer in der Stadt unterwegs ist und schnell an Informationen
       kommen möchte, wo es gratis Wasser zum Trinken gibt, braucht also ein
       Smartphone. Gerade für ältere Menschen, die besonders unter extremer Hitze
       leiden, ist das nicht selbstverständlich.
       
       Auch Menschen ohne Wohnung sind angesichts extremer Hitze besonderen
       Belastungen ausgesetzt. Ohne Zugang zu Schutzräumen, fließendem Wasser und
       schneller medizinische Hilfe sind sie der Hitze und ihren Folgen besonders
       stark ausgeliefert.
       
       Gerade für sie aber seien viele der Trinkwasserspender nur eingeschränkt
       zugänglich, warnt Stefanie Koch von der Diakonie Hamburg. Befindet sich der
       Wasserhahn etwa im Sitz eines Öko-Energieanbieters, in einer Weinboutique
       oder in einem Reisebüro, dann steigt die Hemmschwelle, dort nach Wasser zu
       fragen. Und je weiter vom Zentrum man sich befindet, desto weniger gibt es.
       
       Abhilfe schaffen würden mehr öffentliche Wasserquellen. „Im Bundesvergleich
       schneidet Hamburg mit 54 öffentlichen Trinkwasserbrunnen schlecht ab“, sagt
       Koch. Der Hamburger Ableger des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) verweist
       zum Vergleich auf Wien: Dort stehen rund 1.600 Trinkbrunnen, das sind etwa
       30-mal so viele wie in Hamburg.
       
       Aber auch Plätze im Schatten zu finden, ist bei extremer Hitze wichtig.
       Weil es jedoch nur wenige Tagesaufenthaltsstätten für wohnungslose Menschen
       gibt und auch die begehrten Schattenplätze in öffentlichen Parks und auf
       Plätzen knapp sind, gibt es eine Konkurrenz zwischen verschiedenen Gruppen
       – zum Leidwesen der vulneralbelsten.
       
       Die Öffnung von Bibliotheken, Bezirksämtern und Museen sowie das Aufhängen
       von Sonnensegeln, wie sie in Südeuropa üblich sind, könnten hier Abhilfe
       schaffen, so Koch.
       
       Extrem warme Sommer werden auch in Zukunft häufiger. Der SoVD fordert
       deshalb grundsätzlichere, auch städtebauliche Maßnahmen. Denn obwohl
       Hamburg eine vergleichsweise grüne Stadt ist, sind fast 50 Prozent der
       [1][Stadtfläche versiegelt]. Das sei angesichts von mehr Hitze und
       Starkregen zu viel, sagt der Hamburger Vorsitzende des SoVD, Klaus Wicher.
       
       Es brauche mehr Grün an Häuserfassaden und eine [2][klimagerechte
       Stadtentwicklung]. Das betrifft nicht zuletzt Neubauten. Statt mit Beton,
       Glas und Stahl müsse man hitzetauglich bauen. Nötig seien außerdem
       verpflichtende Vorgaben und Ziele sowie eine ausreichende Finanzierung.
       
       Im [3][Hitzeaktionsplan] der Gesundheitsbehörde heißt es, dass der Ausbau
       der sogenannten blau-grünen Infrastruktur, also eine strategische
       Kombination von natürlichen und naturnahen Grün- und Wasserflächen, und die
       Entsiegelung von Flächen im Hitzeaktionsplan „bewusst ausgeklammert“
       wurden. Darum kümmere man sich bei der [4][Behörde für Umwelt, Klima,
       Energie und Agrarwirtschaft].
       
       15 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Aktueller-Hitzebetroffenheitsindex/!6093795
   DIR [2] /Ecovillage-Projekt-in-Hannover/!5992210
   DIR [3] /Hitzeschutz-und-Obdachlosigkeit/!6091784
   DIR [4] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bukea
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franziska Vetter
       
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