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       # taz.de -- Pro Asyl im Visier der Rechten: Kampagne gegen die Helfer*innen
       
       > Seit dem Gerichtsbeschluss zu Zurückweisungen wird Pro Asyl von rechten
       > Medien massiv angegriffen. Auch hochrangige Unionspolitiker machen mit.
       
   IMG Bild: Geflüchtete werden entlang der deutsch-polnischen Grenze kontrolliert. Archivbild aus dem Jahr 2023
       
       Berlin taz | Rund anderthalb Wochen ist es her, [1][dass das Berliner
       Verwaltungsgericht die Zurückweisung dreier Somalier*innen für
       rechtswidrig erklärte]. Seitdem attackieren rechte Medien massiv die
       Aktivist*innen, die den Geflüchteten geholfen haben. Auch Unions-Politiker
       stiegen zuletzt mit ein und griffen etwa die Organisation Pro Asyl scharf
       an.
       
       Antreiber der Kampagne ist das rechte Online-Medium Nius unter dem
       ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Praktisch sofort nach
       Bekanntwerden des Gerichtsbeschlusses machte sich Nius daran, beteiligte
       Personen zu identifizieren und öffentlich anzuprangern. So schrieb das
       Medium von einem „Geheimplan“ und einer „konzertierten Aktion der deutschen
       Asyl- und Anti-Abschiebe-Industrie, angeführt von der NGO Pro Asyl“.
       
       Raunend fragen die Autoren: „War es Zufall, dass der Fall beim
       Verwaltungsgericht in Berlin landete?“ Zudem veröffentlichte Nius den
       vollen Namen des vorsitzenden Richters der 6. Kammer des
       Verwaltungsgerichts, schrieben über dessen Grünen-Mitgliedschaft und
       Details aus seinem Facebook-Profil. Auch ein Aktivist von Pro Asyl wurde
       mit vollem Namen bloßgestellt. Es folgten die Vornamen der drei
       Geflüchteten sowie am Dienstag schließlich der volle Name ihrer Anwältin
       sowie persönliche Daten und Fotos von ihr.
       
       [2][„Doxing“] heißt es, wenn vermeintlich harmlose Details über Personen
       verbreitet werden, für die Betroffenen daraus aber eine massive Bedrohung
       entsteht. Wer weiß, ob jemand einen zufällig im Supermarkt erkennt. Im Netz
       stürzt sich der rechte Mob auf jedes neue Detail aus den Nius-Texten.
       
       Die Bild-Zeitung schrieb derweil von Hinweisen, dass die Papiere einer der
       Geflüchteten gefälscht oder manipuliert worden seien. Der Vorwurf: Sie sei
       gar nicht minderjährig, wie angegeben. Das Boulevardblatt veröffentlichte
       einen Ausschnitt der Geburtsurkunde und ein Foto der Frau. Wie genau diese
       sensiblen Informationen an die rechten Medien gelangten, ist nicht klar.
       
       Im Umfeld der Bundespolizei scheint es jedenfalls einige zu geben, die die
       Perspektive der rechten Medien teilen. Der Chef der
       Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, stellte Strafanzeige gegen
       Unbekannt wegen Schleusertum und Urkundenfälschung. Der Gewerkschafter
       machte keinen Hehl daraus, dass er damit auf Pro Asyl sowie andere
       Menschenrechtsgruppen zielt. Auf X schrieb er: „Sollten NGOs der Somalierin
       geraten haben, ihr Alter und damit ihre Identität zu verschleiern, muss das
       strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.“ Dahinter setzte er
       „#ProAsyl“.
       
       Das Narrativ, Pro Asyl habe die Zurückweisung der drei Somalier*innen
       gezielt orchestriert und womöglich gar Papiere manipuliert, griffen
       schließlich auch Unionspolitiker auf. Der innenpolitische Sprecher von CDU
       und CSU im Bundestag, Alexander Throm, sagte letzte Woche: „Es ist das
       eine, für Flüchtlinge im Inland einzutreten. Es hat aber eine ganz andere
       Qualität, wenn Menschen vorsätzlich bei einem illegalen Grenzübertritt
       unterstützt werden. Pro Asyl hat damit selbst eine Grenze überschritten.“
       
       Noch drastischer klang der Chef der CSU-Landesgruppe, Alexander Hoffmann:
       „Das Verhalten der Personen beim dritten Einreiseversuch, die Ausstattung
       mit neuen Handys, das Ausweisdokument mit Fälschungsmerkmalen – all das
       sollte von der Staatsanwaltschaft mal genauer unter die Lupe genommen
       werden“, sagte er. Pro Asyl habe den Eindruck erweckt, wie „Pro
       Schleusertum“ zu agieren. „Für mich trägt das klare Züge einer Inszenierung
       durch Asyl-Aktivisten.“
       
       Aus CDU und CSU hatte es zuletzt immer wieder harte Kritik an
       zivilgesellschaftlichen Organisationen gegeben. [3][So hatte die
       Unionsfraktion kurz vor der Bundestagswahl 551 Fragen an die damalige
       Bundesregierung übermittelt und Aufklärung zur Finanzierung
       zivilgesellschaftlicher Organisationen gefordert.] Viele sahen darin eine
       Drohung gegen NGOs und Vereine, die zuvor gegen die Zusammenarbeit von
       Union und AfD im Bundestag demonstriert hatten.
       
       12 Jun 2025
       
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