URI: 
       # taz.de -- Schwarz-Rot zu Nahost: Dezente SPD-Kritik an Außenminister Wadephul
       
       > In der SPD-Fraktion rumort es wegen der deutschen Waffenlieferungen an
       > Israel und des EU-Assoziierungsabkommens – zumindest ein bisschen.
       
   IMG Bild: Bleibt trotzdem bei seiner Haltung: Außenminister Wadephul
       
       Berlin taz | In der deutschen Politik mehren sich, seit [1][Israel den
       Waffenstillstand in Gaza gebrochen hat], kritische Töne. Auch Kanzler
       Friedrich Merz (CDU) hat die Rhetorik verschärft. Die zivilen Opfer in Gaza
       ließen sich „nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas
       begründen“, so Merz am Montag. Der Kanzler betonte die Partnerschaft
       zwischen Deutschland und Israel. „Aber die israelische Regierung darf
       nichts tun, was ihre besten Freunde nicht mehr bereit sind zu akzeptieren.“
       
       Maßnahmen erwähnte Merz nicht. Mahnende Worte ohne Folgen – das ist der
       Normalzustand bundesdeutscher Nahostpolitik. Die Sicherheit Israels gilt
       als Staatsraison. Daran prallen regelmäßig alle konkreten Forderungen ab,
       Druck auf Jerusalem auszuüben.
       
       Doch jetzt gibt es eine Debatte um zwei konkrete Ideen. [2][In der EU
       forcieren 17 Staaten eine Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit
       Israel]. Ein harter Schlag – die EU ist der wichtigste Handelspartner.
       Außenminister Johann Wadephul (CDU) hält die Lage in Gaza zwar für
       „unerträglich“, will aber weiter Waffen liefern und keine Überprüfung des
       Assoziierungsabkommens. Das ist die übliche deutsche Rolle in der EU –
       alles, was nach Druck auf Israel aussieht, wird abgeblockt.
       
       Angesichts der humanitären Krise in Gaza reicht das manchen in der SPD
       nicht mehr. Rolf Mützenich, Experte für Außenpolitik, wirbt in dezenter
       Wortwahl für eine andere deutsche Haltung. „Ich hätte es befürwortet, wenn
       die Bundesregierung sich hier dem Votum einer so großen Zahl von
       europäischen Regierungen angeschlossen hätte“, so Mützenich zu
       Table.Briefings.
       
       ## Ralf Stegner übt Kritik
       
       Milde Kritik an Wadephul äußert auch der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner. Er
       könne nachvollziehen, dass „Deutschland bei der Überprüfung des
       Assoziierungsabkommens nicht sofort aufspringt“. Wadephul müsse sich aber
       „um eine europäische Einigung bemühen“, so Stegner zur taz.
       
       Neben Wirtschaftsbeziehungen sind Waffenlieferungen die zweite Hartwährung
       in der Außenpolitik. [3][Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte
       Waffenlieferant für Israel.] Stegner befürwortet Waffenlieferungen.
       Deutschland sei „für die Sicherheit Israels mitverantwortlich“. Aber nicht
       derzeit. „Man verteidigt sich nicht gegen Terror, indem man Kinder
       verhungern lässt, Medikamente verweigert und die Zivilbevölkerung
       schikaniert. Das ist keine Verteidigung, das sind Völkerrechtsverletzungen
       und Inhumanität, die nicht akzeptabel ist.“ Deshalb dürfen „derzeit keine
       deutschen Waffen an Israel geliefert werden“, so Stegner zur taz.
       
       Der sozialdemokratische Erhard-Eppler-Kreis wird noch präziser. Berlin
       dürfe keine Waffen mehr liefern, „die gegen die Palästinenser in Gaza und
       im Westjordanland eingesetzt werden können, solange es keinen dauerhaften
       Waffenstillstand gibt und keine Verhandlungen stattfinden“. Die
       SPD-Abgeordnete Isabel Cademartori warnt zudem, dass Berlin sich mit
       Waffenlieferungen an Kriegsverbrechen beteiligen und von internationalen
       Gerichten belangt werden könnte.
       
       Von SPD-Kanzler Olaf Scholz hörte man nach dem 7. Oktober nur sehr leise
       Kritik an Israel. In der schwarz-roten Regierung sind Kanzleramt und
       Auswärtiges Amt in Händen der Union. Das macht es manchen in der
       SPD-Fraktion wohl leichter, klarer zu sprechen: Man widerspricht damit
       weder dem eigenen Kanzler noch dem eigenen Außenminister. Eine
       Koalitionskrise ist wegen Israel bislang nicht in Sicht.
       
       26 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krieg-im-Gazastreifen/!6086163
   DIR [2] /Europaeische-Union-zu-Nahost-Konflikt/!6086071
   DIR [3] /Waffenexporte-nach-Israel/!6069183
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR SPD
   DIR Bündnis 90/Die Grünen
   DIR CDU
   DIR Israel
   DIR Waffenlieferung
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Gaza-Krieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Staatengipfel in Madrid: Druck auf Israel nimmt zu
       
       20 Staaten wollen mehr Druck auf Israel ausüben. Das beschlossen sie auf
       einem Treffen in Madrid. Es geht um eine Aussetzung des Abkommens der EU
       mit Israel.
       
   DIR Sonderbeauftragter für Recht auf Nahrung: „Die UNO ist an der Grenze bereit. Lasst uns rein“
       
       Israel zählte schon vor dem 7. Oktober die Kalorien, die nach Gaza gelassen
       wurden, sagt Michael Fakhri. Ein Gespräch über den Hunger als Waffe.
       
   DIR Siedlergewalt im Westjordanland: Brennende Autos, verängstigte Menschen
       
       Immer häufiger greifen Siedler palästinensische Orte im Westjordanland an,
       nun ist das Dorf Brukin betroffen. Derweil erhöht Israel die Truppenpräsenz
       in Gaza.