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       # taz.de -- Erste Sitzung des Koalitionsausschusses: Simulation von Aufbruch
       
       > Der erste schwarz-rote Koalitionsausschuss soll das Signal senden, die
       > Blockade der Ampel zu beenden. Ob Kanzler Merz das weiterhin einhalten
       > kann, ist fraglich.
       
   IMG Bild: Gute Stimmung: Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken nach der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses
       
       Friedrich Merz fand es mehr als super. Dem Kanzler zufolge verlief die
       [1][erste Sitzung des Koalitionsausschuss am Mittwoch Abend] „sehr
       konstruktiv, sehr zielgerichtet und auch sehr konzentriert“. Die Atmosphäre
       war „sehr gut“, die Zusammenarbeit sogar „sehr, sehr gut“. Die Spitzen von
       CSU und SPD pflichteten ihm bei, als Beleg lieferten die Koalitionäre ein
       fünfseitiges Ergebnispapier ab: 62 Einzelmaßnahmen, bei denen es schon „bis
       zur Mitte des Jahres“ vorangehen soll.
       
       Die erkennbare Absicht: Schwarz-Rot will den Blockademodus der
       Ampelregierung mit ihren ständigen Krisensitzungen hinter sich lassen und
       [2][stattdessen Aufbruchstimmung ins Land senden.] Wenn das mal gut geht –
       und Merz mit seinen Superlativen und Turbo-Ankündigungen nicht nur wieder
       Erwartungen weckt, die er am Ende doch nicht erfüllen kann.
       
       Der Koalitionsausschuss hat in seinem Ergebnispapier schließlich nur
       Stichpunkte übernommen, auf die sich [3][Union und SPD schon im
       Koalitionsvertrag geeinigt] hatten. Zu offenen Detailfragen – bei denen das
       Konfliktpotenzial oft am größten ist und bei denen sich die wirkliche
       Einigungsfähigkeit einer Regierung zeigt – gibt es nichts Neues.
       
       In der Steuerpolitik zum Beispiel führt Schwarz-Rot noch mal allerlei
       Erleichterungen auf, die zum Teil wirklich zu Wachstum führen könnten
       (Investitionsprämie für Unternehmen), teils die Profite einzelner Branchen
       steigern (Steuersenkung in der Gastronomie), teils den [4][Klimawandel
       bremsen (E-Autoförderung)] und teils den Klimawandel beschleunigen
       (Agrardieselförderung). Über Einwände der Bundesländer, bei denen die Pläne
       Haushaltslöcher verursachen und daher ihre Zustimmung bislang verweigern,
       geht der Koalitionsausschuss hinweg. Zur Frage, an welchen Stellen im
       Bundeshaushalt zur Gegenfinanzierung gekürzt wird, findet sich kein Wort.
       
       Ähnlich bei der Rente: Vollmundig kündigt Schwarz-Rot den „Beginn einer
       großen Rentenreform“ an, listet dann aber nur bekannte Maßgaben auf, die
       die Ausgaben steigen lassen (garantiertes Rentenniveau bis 2031, Ausweitung
       der Mütterrente). Bei der Suche nach einer gemeinsamen Lösung für die
       Einnahmen ist man keinen Schritt weiter. Und die außenpolitischen Fragen,
       bei denen sich zuletzt in der Koalition Risse andeuteten? Rüstungsexporte
       nach Israel, Taurus für die Ukraine? Sie klammerte der Koalitionsausschuss
       gleich ganz aus.
       
       Stand jetzt ist nur bei einer Handvoll Maßnahmen erkennbar, dass die
       Ankündigungen und das Eigenlob von Merz und Co. mehr sind als nur Gerede.
       Ein paar erste Beschlüsse gingen schon diese Woche geräuschlos durchs
       Kabinett, sie könnten den Bundestag tatsächlich schon vor der Sommerpause
       passieren. Dazu gehört die Aussetzung des Familiennachzugs für sogenannte
       subsidiär Schutzberechtigte. Aber an dieser Stelle ist die Eintracht in der
       Koalition noch nicht mal eine wirkliche Zäsur: Zumindest beim Abbau der
       Rechte von Geflüchteten hatte schon die Ampel ein hohes Tempo vorgelegt.
       
       29 May 2025
       
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