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       # taz.de -- Ausnahme vom EU-Emissionshandel: Koalition plant weiteres Steuergeschenk für Landwirte
       
       > Union und SPD wollen Bauern den CO2-Preis erlassen, andere Branchen
       > müssen für klimaschädliche Abgase weiter bezahlen. Umweltschützer üben
       > Kritik.
       
   IMG Bild: Die derzeitige Trockenheit – mitverursacht von der Erderhitzung – trifft Bauern besonders hart. Das Klima schützen müssen sie kaum
       
       Berlin taz | CDU/CSU und SPD wollen die Bauern nach der Energiesteuer auf
       Agrardiesel auch vom CO2-Preis für fossile Brennstoffe entlasten. Es sei
       ein Erfolg der Koalitionsverhandlungen, „dass Deutschland im Jahr 2027 die
       [1][Landwirtschaft] nicht in den Europäischen Emissionshandel für Wärme und
       Verkehr (ETS2) mit einbeziehen wird“, sagte der taz Anja Weisgerber,
       Sprecherin für Umwelt und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Fraktion.
       
       Bisher gilt der Emissionshandel (englisch Emissions Trading System, kurz
       ETS) der Europäischen Union nur für Betreiber von Kraftwerken und großen
       Industrieanlagen sowie für Teile des Luft- und Seeverkehrs. Wer also zum
       Beispiel ein Kohlekraftwerk betreibt, muss pro Tonne CO2 ein
       Emissionszertifikat kaufen. Ein zusätzlicher Emissionshandel, der ETS2,
       soll [2][künftig den Ausstoß von Heizungen und Straßenverkehr bepreisen].
       Dann müssen auch Unternehmen, die Heizöl, Heizgas, Benzin oder Diesel in
       Verkehr bringen, Emissionszertifikate kaufen.
       
       Den Ländern ist freigestellt, ob sie auch Spezialfälle wie Diesel für die
       Landwirtschaft oder Eisenbahnen einbeziehen. Aber: Bisher erhebt
       Deutschland im Rahmen des [3][Brennstoffemissionshandelsgesetz]es (BEHG)
       selbst einen CO2-Preis für Heizen und Verkehr, den auch die Bauern bezahlen
       müssen.
       
       „Mit Einführung des ETS2 muss das BEHG beendet werden“, ergänzte
       CSU-Politikerin Weisgerber nun. Wegen des Gesetzes hätten die Landwirte
       2024 knapp 250 Millionen Euro CO2-Preis etwa für Kraftstoffe aus Erdöl und
       für Erdgas gezahlt. Diese Entlastung komme zu den rund 440 Millionen Euro
       für die ebenfalls von der Koalition geplante Erstattung der Energiesteuer
       auf Diesel für Traktoren oder andere Maschinen in der Landwirtschaft hinzu.
       
       ## Bund verzichtet auf Einnahmen und Klimaschutz
       
       Nina Scheer, energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, bestätigte der
       taz, dass der nationale Emissionshandel für die vom [4][ETS2] erfassten
       Bereiche durch entsprechende europäische Regelungen ersetzt werde. Die
       Agrarbranche werde aber nicht einbezogen, so dass die „Landwirtschaft
       dahingehend vom ETS2 und damit auch von der Bepreisung ausgenommen wird.“
       
       Das entspricht auch dem Koalitionsvertrag, der „einen fließenden Übergang
       des deutschen BEHG in das ab 2027 europäisch wirkende
       Emissionshandelssystem (ETS2)“ ohne ein „Opt-in für den Sektor
       Landwirtschaft“ vorsieht.
       
       Damit würde der Bund nicht nur auf jährliche Einnahmen von zuletzt rund 250
       Millionen Euro, sondern auch auf eine Klimaschutzwirkung verzichten. Das
       Umweltministerium beziffert die Emissionen für den landwirtschaftlichen
       Verkehr und die Wärmeerzeugung auf [5][7,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr].
       Das entspricht rund 1 Prozent der [6][deutschen Treibhausgase].
       
       Wenn die Bauern bald für ihre Emissionen keinen Preis mehr zahlen müssen,
       sinken die ökonomischen Anreize, den Ausstoß zu reduzieren. Um die
       Emissionen zu verringern, könnten sie zum Beispiel stärker auf
       [7][Traktoren mit geringerem Dieselverbrauch] oder Treibhäuser mit
       erneuerbaren Energien setzen.
       
       ## Umweltministerium widerspricht CSU-Begründung
       
       CSU-Politikerin Weisgerber begründet die Entscheidung damit, dass
       „Landwirte in anderen EU-Staaten ganz oder teilweise von der CO2-Bepreisung
       entlastet werden“. Die Koalition wolle „faire Wettbewerbsbedingungen“
       sichern.
       
       [8][Das Umweltministerium teilte jedoch der taz mit], dass bis Mitte Mai
       erst vier Mitgliedstaaten entschieden hätten, welche optionalen Sektoren
       sie am ETS2 beteiligen wollen: Finnland, Niederlande, Österreich und
       Schweden. „Dabei haben die vier Mitgliedstaaten die Brennstoffemissionen
       der Landwirtschaft in unterschiedlichem Umfang einbezogen.“ Zum Beispiel
       Schweden habe allerdings den Straßentransport von Agrargütern ausgenommen,
       die Niederlande die Emissionen von Gärtnereien und Fischereifahrzeugen.
       
       Der Naturschutzbund (Nabu) kritisierte die geplanten Entlastungen, weil sie
       den Staat immer mehr kosteten, ohne dass sie einen „gesellschaftlichen
       Gegenwert in Form von Klima- oder Naturschutzleistungen“ bringen würden.
       „Während die EU-Agrarsubventionen von ökologischen Standards befreit
       werden, plant die Bundesregierung zusätzliche Cash-Geschenke für die
       Landwirtschaft“, sagte Pierre Johannes, Koordinator Agrarpolitik von
       Deutschlands größter Umweltorganisation, der taz.
       
       „Der neue CSU-Landwirtschaftsminister Alois Rainer möchte auf Anreize
       setzen, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. So allerdings setzt man
       Anreize, die die Umstellung beispielsweise auf elektrische Antriebe, die
       bereits heute eine größere Rolle auf den Höfen spielen könnten, weiter zu
       verzögern.“ Der Nabu fordere, Klimaschutz auch ökonomisch attraktiver zu
       machen.
       
       1 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Landwirtschaft/!t5007831
   DIR [2] /EU-Emissionshandel/!6058364
   DIR [3] https://www.gesetze-im-internet.de/behg/BJNR272800019.html
   DIR [4] https://climate.ec.europa.eu/eu-action/eu-emissions-trading-system-eu-ets/ets2-buildings-road-transport-and-additional-sectors_en
   DIR [5] /Sinkende-CO2-Emissionen/!6088986
   DIR [6] https://www.umweltbundesamt.de/daten/umweltindikatoren/indikator-emission-von-treibhausgasen#wie-ist-die-entwicklung-zu-bewerten
   DIR [7] /Alternative-Antriebe-fuer-Traktoren/!5990694
   DIR [8] /Umwelt--und-Klimapolitik/!6086377
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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