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       # taz.de -- Olympiabewerbung Berlin plus: Hybris der Hauptstadt
       
       > Ausgerechnet die Stadt, in der nichts funktioniert, läuft sich für
       > Olympia warm? Das Motto lautet wohl: Völker der Welt, schaut auf dieses
       > Chaos.
       
   IMG Bild: Olympische Spiele in Berlin, das gab es doch schon mal?
       
       Diese Bewerbung verschlägt einem auch noch Tage danach die Sprache. Nicht
       nur von einer Chance für Berlin, spricht der Regierende Bürgermeister Kai
       Wegner (CDU), sondern von einer „Chance für Deutschland“. Worin soll die
       denn bestehen? Den Rest der Republik endgültig auf Berliner Niveau zu
       ziehen? Armes Deutschland, als wärst du nicht schon gebeutelt genug.
       
       Diese Bewerbung ist frech. So frech wie ein durchtriebener Gründer, der
       nach jeder Pleite noch mehr Fördermittel beantragt und hofft, dass die
       gerade aktuelle Pleite nicht auffliegt. Nach oben fallen, das ist die
       Hoffnung, die Berlin, der Stadt, in der nichts mehr funktioniert, noch
       bleibt. Ins Chaos stürzen ist die Aussicht derer, die dabei mitmachen oder
       dieser Frechheit auch noch die olympischen Weihen verleihen.
       
       Denn was würden die Hunderttausenden erleben, wenn sie 2036, 2040 oder 2044
       in die Stadt kommen? Verstopfte Straßen und Blechlawinen, die sie dort, wo
       sie herkommen, schon lange nicht mehr gesehen haben?
       
       Ein öffentlicher Nahverkehr mit Bussen, die noch immer nach Diesel stinken,
       während jede andere Metropole in Europa längst auf E-Busse umgestellt hat?
       Ein U-Bahnnetz, dem nach der Verlängerung der U3 von der Krummen Lanke zum
       Mexikoplatz drei Linien wegen fehlender Mittel zur Instandsetzung zum Opfer
       gefallen sind?
       
       Holprige und enge Fahrradwege auf Gehwegen, die sich Radfahrer,
       Rollerfahrerinnen und Lastenräder teilen müssen? Zumindest dort, wo sie
       nicht wegen Baufälligkeit gesperrt sind?
       
       Nach dem Fünfkampf ins Theater? Wenn das Restensemble nicht gerade gegen
       die siebzehnte Sparrunde streikt. Ohnehin wird viel los sein auf den
       Plätzen der Stadt, was die Mobilität weiter einschränken wird. Denn fast
       täglich stehen Tausende vor dem Roten Rathaus und protestieren gegen den
       Austritt Berlins aus dem Tarifvertrag der Länder.
       
       ## Regatta ohne Zuschauer
       
       Dann doch lieber zu den Regattawettbewerben in Brandenburg an der Havel.
       Wenn denn der RE1 kommt. Nachdem die ODEG verzweifelt das Handtuch geworfen
       hat, hat die Deutsche Bahn die am meisten befahrene Regionalexpressstrecke
       der Region übernommen. Seitdem fährt nur noch jeder dritte Zug. Das
       Verkehrskonzept der ehemaligen CDU-Verkehrssenatorin Ute Bonde wurde
       bereits Ende 2025 von i2023 in i2050 umbenannt. Die Regata wird wohl ohne
       Zuschauerinnen und Zuschauer aus Berlin stattfinden müssen.
       
       Und wer ein Ticket fürs Olympiastadion ergattert hat, muss um sein Leben
       fürchten. Gerade erst haben die Verantwortlichen beim Pokalfinale gezeigt,
       dass sie alles können, nur nicht Einlass. [1][Zwei Stunden lang waren die
       Bielefeld-Fans am Südtor gefangen]. Einige erlitten Schwächeanfälle, es gab
       nichts zu trinken. Jederzeit hätte eine Panik ausbrechen können. Das Haus
       von Sportsenatorin Spranger (SPD) sah kein Fehlverhalten, der DFB dagegen
       meinte: „Wir sind bestürzt.“
       
       Und diese Stadt meint allen Ernstes, mit Olympia belohnt zu werden? Und
       Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein kommen
       zur Show ins Olympiastadion, um dem versagenden Bürgermeister das „Plus“ in
       der Berliner Bewerbung zu verleihen?
       
       Noch ein Kredit trotz aller Pannen und Pleiten (Pech fällt schon lange
       aus)? Noch ein paar Milliarden an Steueraufnahmen auf Pump? Nach dem Motto:
       Völker der Welt, schaut auf dieses Chaos. Es wurde ihnen präsentiert von…
       (es folgt die Liste der Sponsoren)
       
       Gut möglich, dass sie beim [2][Deutschen Olympischen Sportbund] die Augen
       rollen, wenn sie an Berlin denken. Nächstes Jahr wird der Verband
       entscheiden, wer für Deutschland beim IOC ins Rennen geschickt wird. Mit am
       Start sind neben dem Ruhrgebiet auch München und Hamburg. Städte, in denen
       auch nicht alles Gold ist, was glänzt. Aber auch Städte, die halbwegs
       funktionieren.
       
       Sollte der DOSB die Hybris der Hauptstadt dennoch belohnen, müsste es ein
       Volksbegehren richten. Es könnte ein Sturm werden, bei dem vom Roten
       Rathaus am Ende kein Stein auf dem anderen bleibt. Immerhin sind nächstes
       Jahr auch noch die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus.
       
       30 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://checkpoint.tagesspiegel.de/langmeldung/3tSsvQIPbOgyCocaiDsiuH
   DIR [2] https://www.dosb.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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