URI: 
       # taz.de -- Fall Mehdi N.: Abschiebung erneut vor Gericht
       
       > Ein Gericht verbot die Abschiebung von Mehdi N. Trotzdem flogen ihn die
       > Behörden nach Marokko. Nun wird der Fall noch mal aufgerollt.
       
   IMG Bild: Flughafen Leipzig. Im Abschiebebereich von Asylbewerbern
       
       Leipzig taz | Im Fall einer umstrittenen Abschiebung aus Chemnitz [1][hat
       das Bundesverfassungsgericht] ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in
       Sachsen (OVG) aufgehoben. Das muss sich erneut mit dem Fall beschäftigen
       und der Anwältin des abgeschobenen Marokkaners Mehdi N. Einsicht in die
       Akten gewähren. Indem es das verweigert hatte, sei Mehdi N. in seinem
       Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren verletzt
       worden.
       
       Mehdi N. war [2][vergangenes Jahr am 11. Juli aus seiner
       Flüchtlingsunterkunft] abgeschoben worden – und das, obwohl seine Anwältin
       Inga Stremlau erfolgreich beim zuständigen Verwaltungsgericht beantragt
       hatte, die Abschiebung abzubrechen. Mehdi N. ist mit der deutschen Katja
       N.-B. verheiratet. In der Entscheidung stand, die Abschiebung sei
       „unmöglich“ – „aufgrund der familiären Bindungen des Antragstellers in
       Deutschland“.
       
       Doch die Stadt Chemnitz und die Landesdirektion Sachsen [3][leiteten
       eigenmächtig das Gerichtsurteil nicht an die Bundespolizei weiter]. N.
       wurde nach Marokko abgeschoben.
       
       ## Später änderte das OVG die Entscheidung
       
       Später änderte das OVG die Eilentscheidung, [4][es habe kein Grund
       bestanden, die Abschiebung abzubrechen]. Aber genau das muss das
       Oberverwaltungsgericht nun nach der Entscheidung des
       Bundesverfassungsgerichts im März noch mal prüfen.
       
       „Die Akten werden aktuell nach und nach zur Einsicht übersandt“, sagte Inga
       Stremlau der taz. Sie schaue zunächst, ob die Akten vollständig sind. Schon
       außergerichtlich war vor der Abschiebung beantragt worden, dass Mehdi N.
       einen Familienaufenthalt erteilt bekomme und er nach Bochum zu seiner Frau
       Katja N.-B. „umverteilt“ werde. Als abgelehnter Asylbewerber durfte er nur
       mit Genehmigung aus Chemnitz wegziehen. Ob und wie weit die Anträge in
       Chemnitz bis zur Abschiebung bearbeitet wurden, wisse Stremlau nicht. Das
       wolle sie in den Akten kontrollieren.
       
       Im [5][Urteil des OVG] heißt es, ein Antrag auf Aufenthaltserlaubnis wegen
       einer geschlossenen Ehe habe der Ausländerbehörde nicht vorgelegen. Zudem
       erklärte das OVG, weil die Ehefrau N.-B. in Bochum wohne, N. aber in
       Chemnitz, bleibe es ohne Folgen, dass sie durch die Abschiebung getrennt
       sind.
       
       ## Im Gespräch mit seiner Frau
       
       Im Gespräch mit Katja N.-B. klingt das anders. Wenige Tage nach der
       Hochzeit habe das Ehepaar einen Termin für den Visumsantrag für Mehdi N.
       beantragt, um zusammenleben zu können. Die Bearbeitung habe sich über
       Monate in die Länge gezogen.
       
       Nach der Abschiebung habe sie Mehdi N. zuletzt im Dezember in Marokko
       besucht. Doch wegen einer Operation an ihrer Wirbelsäule kurz danach gehe
       das nicht mehr. „Ich bin körperlich eingeschränkt und habe nicht mal seine
       Unterstützung hier“, berichtet N.-B.. Zwar telefonierten sie so oft es gehe
       per Video, „aber das ist eben nicht Auge in Auge“. Es fehle die Nähe, die
       sie sich in der Ehe wünsche.
       
       Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgt noch nicht, dass
       die deutschen Behörden N. zurück nach Chemnitz holen. Zunächst wird das OVG
       erneut über die Untersagung der Abschiebung entscheiden. Sollte das OVG im
       Sinne von Mehdi N. entscheiden, könne Stremlau seine Rückholung neu
       beantragen. Doch das dürfte dauern.
       
       Stremlau hofft, dass es mit dem Visum schneller gehe. Katja N.-B. erzählt,
       Mehdi N. habe vor sechs Monaten endlich seinen Termin wegen des Visums bei
       der Botschaft in Marokko gehabt. Auch dort heißt es seitdem: warten.
       
       2 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2025/03/rk20250318_2bvr111324.html
   DIR [2] /Trotz-Gerichtsbeschluss-ausgeflogen/!6024509
   DIR [3] /Behoerden-ignorierten-Gerichtsbeschluss/!6025971
   DIR [4] /Behoerden-ignorierten-Gerichtsbeschluss/!6025971
   DIR [5] https://openjur.de/u/2517309.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Muschenich
       
       ## TAGS
       
   DIR Abschiebung
   DIR Marokko
   DIR Geflüchtete
   DIR Social-Auswahl
   DIR GEAS (Gemeinsames Europäisches Asylsystem)
   DIR Abschiebung
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Flüchtlingsunterbringung in Berlin: „Tegel könnte das neue Moria werden“
       
       Am ehemaligen Flughafen Tegel wird ein Aufnahmezentrum für Asylsuchende
       nach den neuen EU-Regeln eingerichtet. Pro Asyl befürchtet Einschränkungen
       des Asylrechts.
       
   DIR Abschiebung trotz Integration: Werdender Vater soll in den Irak zurück
       
       Wenige Tage vor seinem Integrationstest wurde der Kurde Mustafa N. in
       Abschiebehaft genommen. Der Flüchtlingsrat kritisiert das Vorgehen der
       Behörden.
       
   DIR Abschiebungen in Drittländer: Kontraproduktive Erpressung
       
       Trump zwingt die Regierung in Juba zur Aufnahme von in die USA
       Geflüchteten. Die Aufenthaltserlaubnis der Südsudanesen in den USA steht
       auf dem Spiel.